Der Tiroler Unternehmer René Benko wurde am Freitag befragt, in den Ermittlungen war das nicht der Fall.

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Sein Auftritt war von vielen mit Spannung erwartet worden – sehr lange dauern sollte er dann nicht. Am Freitag hat im sogenannten Chorherr-Prozess erstmals Signa-Gründer René Benko ausgesagt – und sich wie alle anderen Angeklagten nicht schuldig bekannt.

In dem Strafverfahren am Wiener Straflandesgericht geht es um den Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Bestechung bzw. Bestechlichkeit: Den zehn angeklagten Personen und den zahlreichen angeklagten Verbänden wird vorgeworfen, den damaligen grünen Stadtpolitiker Christoph Chorherr zum Amtsmissbrauch angestiftet zu haben. Zudem sollen sie ihn mit Spenden an den von ihm gegründeten Verein S2Arch bestochen haben. Laut Anklageschrift der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) soll es sozusagen zu gekauften Widmungen bzw. Umwidmungen bei Immobilienprojekten gekommen sein.

Beim Tiroler Unternehmer geht es um ein Projekt am Areal des Wiener Hauptbahnhofs und eine Spende der Signa in der Höhe von 100.000 Euro. Die wurde 2011 überwiesen – und hatte laut Benko nichts mit dem genannten Projekt zu tun.

Benko erstmals vernommen

Gleich zu Beginn seiner Befragung hielt Benko fest, dass ihn die Ermittler kein einziges Mal einvernommen hätten – ein Faktum, das später noch für Wortgefechte seiner Verteidiger mit den Staatsanwälten führen sollte. Letztere meinten, dass nach dem Platzen eines Termins (das Bundeskriminalamt hatte abgesagt) eine schriftliche Stellungnahme Benkos angekündigt worden sei, und die habe es dann ja auch gegeben. Nein, es habe eine Stellungnahme von den Gesellschaften gegeben, erwiderten die Anwälte. Benkos Tiroler Verteidiger, Wilfried Plattner, sagte, er habe damals angesichts der Auskunft der WKStA, man brauche Benko nicht, gedacht, das Verfahren werde eingestellt. So habe er das dann auch seinem Mandanten mitgeteilt – den die Anklageschrift dann entsprechend überrascht hat.

Doch zurück zu Benkos Befragung. Er schilderte, dass er von Wilhelm Hemetsberger vom Projekt Ithuba erfahren habe, der ihm begeistert von dessen Engagement in Südafrika berichtet hatte. Wie Hemetsberger habe er dann eine Spende von 100.000 Euro veranlasst. Benko: "Ich selbst habe gar nichts gespendet", Spenderin sei die Signa Holding gewesen.

"So war's"

Die Fragen nach Chorherr – der bis 2018 Obmann des Vereins S2Arch war – und ebendiesem Verein volierte der Tiroler Unternehmer ab. Von dessen Involvierung habe er damals gar nichts gewusst. Er habe gedacht, Ithuba sei "Hemetsbergers Projekt", habe dessen Unternehmen doch auch Ithuba Capital AG geheißen. Hemetsberger habe ihm erzählt, dass auch die Stadt Wien und die Bank Austria unter den Spendern für die Ithuba Schools gewesen seien. "So ist es zur Spende gekommen, und das war’s", schilderte er seine Sicht der Dinge. Den Verein S2Arch habe er nicht gekannt, und Chorherr habe er erst hier, am Gericht, erstmals persönlich getroffen. Hemetsberger habe den auch nie erwähnt. "Für uns war es der Verein Ithuba", sagte er. Mit dem Immobilienprojekt am Hauptbahnhof habe er operativ nichts zu tun gehabt, erklärte Benko sinngemäß, sei er damals doch bereits stark in Deutschland engagiert gewesen. Er habe versucht, die Kaufhof-Gruppe zu übernehmen. Ihn wundert überhaupt, dass die WKStA die Spende mit dem Projekt am Hauptbahnhof verknüpfe. Denn die Liegenschaft, um die es geht, hat bis 2012 der ÖBB gehört, und das Areal sei lange davor mit der Stadt entwickelt worden.

Ein wenig Einblick erlaubte der Unternehmer auch in seinen Arbeitsalltag, als er gefragt wurde, ob er der Chef der Signa sei. Ist er nicht, er ist Chef des Beirats. "Was tun Sie?", fragte ihn einer der beiden Staatsanwälte, und Benko beteuerte: "Also langweilig wird mir nicht."

Er habe Beraterverträge, rede mit Banken, beschäftige sich intensiv mit Architektur, "so füllt sich schon der Tag".

Benko nicht Signa-Gesicht

Dass ihn eine Schöffin das "Gesicht der Signa" nannte, bewegte ihn zu einer weiteren Klarstellung. Er sei immer noch der Gründer der Signa, aber zu diesem "Gesicht" machten ihn die Medien. Ihm wäre es auch lieber, dass die Verantwortlichen der Gesellschaften mehr im Vordergrund stünden, erklärte Benko. Und die Frage der Schöffin, warum er hier, vor Gericht, stehe, stelle er sich selbst auch.

Nach der Befragung Benkos begann der Richtersenat unter dem Vorsitzenden Michael Tolstiuk mit den Befragungen der Verbände, auch deren Verantwortliche bekannten sich allesamt nicht schuldig. Betont sei, dass für sie alle die Unschuldsvermutung gilt.

Am nächsten Dienstag wird die Verhandlung fortgesetzt, und Gericht und Anwälte verständigten sich darauf, nicht alle Zeugen zu laden, sondern deren Aussagen aus den Ermittlungen zu verlesen. Diese Ausführungen können dann für die Entscheidung des Richtersenats herangezogen werden.

Die damalige grüne Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin Maria Vassilakou soll aber sehr wohl persönlich befragt werden. Möglicherweise, so hielt Richter Tolstiuk für den weiteren Prozessfahrplan fest, werde man sie aber per Videozuschaltung befragen.

Denn Vassilakou kommt erst kurz vor Weihnachten wieder nach Wien, wie es heißt. (Renate Graber, 25.11.2022)