Die Leica IIIf aus dem Besitz der schwedischen Armee erzielte einen sechsstelligen Verkaufspreis.

Foto: Leitz Photographica Auction

Es ist erstaunlich ruhig an diesem Samstag im Untergeschoss des Wiener Hotel Bristol. Dabei sitzen hier unter Kronleuchtern und einer pompöse Stuckdecke all jene Menschen, die ihr Glück bei der 41. Leitz Photographica Auction versuchen wollen. Unter den Hammer kommen dabei unterschiedlichste Raritäten, angefangen bei historischen Kameras der M-Serie über Prototypen wertvoller Objektive bis hin zu – zumindest von außen betrachtet – relativ unbedeutenden Accessoires und Schutzhüllen aus dem letzten Jahrhundert.

In Wirklichkeit handelt es sich also um eine Veranstaltung für Liebhaber des fotografischen Handwerks, allen voran aber für Sammlerinnen und Sammler, die seltene Kameras als immer lukrativere Wertanlage erkannt haben. Sie bieten teils zehn- oder hunderttausende Euro auf das Objekt ihrer Begierde, im Extremfall sogar Millionenbeträge.

So geschehen vor nicht mal einem halben Jahr. In Wetzlar, der mittelhessischen Heimatstadt von Leica, wurde damals ein Weltrekord aufgestellt. Oskar Barnacks Leica 0-Series wechselte hier um 14,4 Millionen Euro ihren Besitzer, berichtete der STANDARD. Eine Summe, die sich selbst die Veranstalter nicht erträumt hätten. Immerhin lag der bisherige Rekord bei "nur" 2,4 Millionen Euro.

Underdogs im Rampenlicht

Allzu häufig steht die persönliche Kamera vom Erfinder des fotografischen Kleinbildfilms aber nicht zum Kauf. Eine Tatsache, die sich vor allem in der überschaubaren Zahl an Besucherinnen und Besuchern widerspiegelte. Aber auch darin, dass das deklarierte Highlight – ein Noctilux-Prototyp aus dem Jahre 1964 – den erwarteten Schätzpreis zwischen 400.000 und 500.000 Euro nicht erzielen konnte. Stattdessen erhielt den Zuschlag ein Gebot von 300.000 Euro.

Für unerwartete Aufregung sorgten stattdessen einige der Underdogs. So zum Beispiel die Losnummer 205, eine Leica IIIa mit Schraubgewinde aus dem Besitz der britischen Marine. Ihr Wert wurde im Vorfeld auf nur 1.600 bis 2.000 Euro geschätzt – und im Laufe eines hitzigen Bietergefechts, begleitet von erstauntem Gemurmel, auf 36.000 Euro hochgetrieben.

Noch größer war das Interesse an den sogenannten Black-Paint-Modellen von Leica, also Sonderausführungen, die mit schwarzer Farbe lackiert wurden. Fast alle übertrafen ihren Schätzpreis, im Fall des Loses Nummer 210 sogar schon vor Beginn der eigentlichen Versteigerung. Durch ein Vorabgebot wurde der Startpreis von 30.000 auf 55.000 Euro angehoben. Den Besitzer wechselte die Leica IIIf der schwedischen Armee schlussendlich um 160.000 Euro.

Steigende Preise

Das Ergebnis steht symptomatisch für ein unaufhaltbar steigendes Interesse an bisher weniger begehrten Modellen. Zum Beispiel an der Leica-R-Serie, den Spiegelreflexkameras des Herstellers. Im Vergleich zur M-Linie waren diese lange Zeit vergleichsweise leistbar. In den kommenden Jahren könnte sich das immer weiter verändern. Schon die weniger seltenen Versionen der Messsucherkameras gehen für teils mehr als 4.000 Euro über die Ladentheke und werden immer unzugänglicher für durchschnittliche Fotografieenthusiasten. Eine Entwicklung, die aus aktueller Sicht kaum aufzuhalten scheint. (mick, 26.11.2022)