Das Anwesen der beiden Verhafteten in einem wohlsituierten Vorort Stockholms, stand vergangene Woche unter Polizeiüberwachung.

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Die Behörden in Schweden sind derzeit mit der Aufdeckung eines Spionagefalls beschäftigt, dessen Details bei Seherinnen und Sehern der TV-Serie "The Americans" Erinnerungen wecken könnten. Konkret geht es um ein russisches Ehepaar, das, wie unter anderem die Rechercheplattform "Bellingcat" berichtet, seit 20 Jahren in Schweden ansässig ist.

Die beiden, mittlerweile in ihren späten 50ern, wurden vergangene Woche festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen mit dem russischen Auslandsgeheimdient GRU zusammengearbeitet zu haben. Offiziell ist zu der Angelegenheit wenig bekannt, "Bellingcat" will aber bereits einiges zu dem Fall in Erfahrung gebracht haben.

Konkret sollen die beiden Verhafteten dem Bericht zufolge in einem interessanten Apartment in Moskau eine Adresse gehabt haben – nämlich in jenem, in dem auch ein Verdächtiger des Nowitschok-Angriffs von Salisbury und mehrere Desinformationsoffiziere des russischen Geheimdiensts GRU gemeldet waren. Das Ehepaar soll in Schweden einige Firmen betrieben haben, darunter solche, die sich im Verkauf von Schiffs- und Flugzeugteilen verdient machten. Eine davon soll den Meldungen nach von einem Mann kontrolliert worden sein, dessen Name auf einer US-Liste von ausgewiesenen sowjetischen Spionen auftaucht.

Zudem hätten die beiden familiäre Beziehungen zu einem pensionierten ehemaligen Chef eines schwedischen Geheimdiensts hergestellt, so "Bellingcat"-Gründer Elliot Higgins auf Twitter. Wie die britische Zeitung "The Times" am Sonntag auf den Recherchen aufbauend berichtet, soll es dabei um eine mögliche Beziehung gehen, die die Tochter der beiden Verdächtigen zu dem Sohn einer früheren schwedischen Militärgeheimdienst-Führungsperson gehabt haben soll.

Eine der beiden nun verhafteten Personen wurde über das Wochenende in Gewahrsam behalten. Die andere wurde vorübergehend wieder entlassen.

Hohe Geheimhaltung

Der Fall sorgt auch deshalb für Aufsehen, weil es nicht der einzige Fall von möglicher russischer Spionage ist, der das Nato-Aspirantenland Schweden aktuell beschäftigt. Der zweite Fall – der mit dem anderen nicht direkt verbunden sein soll – ist wegen der hohen staatlichen Geheimhaltung noch mysteriöser: Am Freitag hat ein Prozess gegen zwei Brüder in Stockholm begonnen, die schwerwiegender Verbrechen gegen das schwedische Geheimdienst- und Sicherheitssystem beschuldigt werden. Auch sie sollen Meldungen zufolge dem russischen Geheimdienst GRU zugearbeitet haben. Verhaftet wurden die beiden bereits im Spätherbst 2021.

Einer der beiden, offenbar der Hauptverdächtige, soll in Polizei und Armee tätig gewesen sein. Ein Anwalt des Mannes sagte vor dem Prozess, dass sein Mandant die Vorwürfe zurückweise. Er sei "in verschiedenen Positionen für die schwedische Regierung tätig gewesen und hat immer sein Bestes in einem sehr schwierigen Umfeld gegeben". Der Prozess soll bis mindestens 12. Dezember dauern. Ob dann mehr darüber bekannt wird, ist offen. (red, 27.11.2022)