Dass Personalengpässe evident sind, räumt auch das Ressort von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ein. Die Personalmisere im Spitalsbereich ist aber nicht nur auf die Bundeshauptstadt beschränkt.

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Der eklatante Personalmangel in den Wiener Spitälern wird immer drückender. Zuletzt veröffentlichte die Ärztekammer erste Details einer größeren Umfrage, wonach eine große Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern einen Qualitätsverlust in der medizinischen Betreuung sowie Engpässe in der Patientenversorgung bemängelt. Eine Richtgröße stellt auch die Zahl der gesperrten Betten dar, die wegen Personalmangels, aber auch wegen Sanierungen oder technischer Wartungen nicht zur Verfügung stehen.

Im Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) waren mit Stichtag 22. November 820 Spitalsbetten gesperrt, wie es auf Anfrage des STANDARD vom städtischen Spitalsträger hieß. Dem standen zu diesem Zeitpunkt – exklusive des Allgemeinen Krankenhauses – 5165 systemisierte Betten gegenüber. Damit waren fast 16 Prozent der Spitalsbetten gesperrt. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten sei aber "weiterhin gewährleistet": Immerhin müsse die Sperrung genehmigt und mit den anderen Abteilungen im Wigev abgestimmt werden.

Grippesaison steht bevor

Die Zahl der gesperrten Betten könnte aber noch steigen. Denn die Hochphase der aktuellen Grippesaison mit zahlreichen Krankenständen steht noch bevor. Die ersten Auswirkungen zeichnen sich schon ab: So seien beim Spitalspersonal vermehrt Ausfälle aufgrund von Influenza und grippalen Infekten "bereits spürbar", wie eine Wigev-Sprecherin sagte. Auf die Zahl der Patientinnen und Patienten wirkt sich die Grippewelle aber noch nicht aus: Seit 3. Oktober wurden bis inklusive vergangenen Mittwoch 56 Fälle mit Influenza-Diagnose stationär im Wigev aufgenommen. Innerhalb der Spitäler gebe es in puncto Infektionen noch einen "Vorteil", der mit Corona zusammenhängt. So gilt immer noch FFP2-Masken-Pflicht in den Spitälern. "Das reduziert auch das Risiko einer Übertragung der Influenza."

Rund 900 offene Stellen im Pflegebereich

Eklatant ist der Personalmangel in den Spitälern etwa im Pflegebereich oder in der Anästhesie. So gibt es beim städtischen Spitalsträger rund 900 offene Stellen in der Pflege. Der Wigev sei aber auch einer der größten Ausbildner und habe diesen Bereich zuletzt ausgeweitet: Aktuell würden sich im gesamten Pflegebereich 1400 Personen in Ausbildung befinden.

Dass Personalengpässe evident sind, räumt auch das Gesundheitsressort von Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) ein. So seien 91 Ärztestellen ausgeschrieben, das sind drei Prozent aller Ärztestellen im Spitalsverbund. Im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Anästhesie würde qualifiziertes Personal sofort genommen, heißt es. Bei den Bewerbungen hapert es aber: Ein Grund ist, dass Wien etwa im Bereich Kinderärzte zu wenig zahle, wie es Ärztekammer-Vizepräsident Stefan Ferenci formulierte.

Die Personalmisere im Spitalsbereich ist aber nicht auf Wien beschränkt. Im Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf in Niederösterreich ist fast jedes zehnte Bett wegen Personalmangels gesperrt. Landesweit sind es laut Landesgesundheitsagentur LGA rund 3,6 Prozent der Betten. In Salzburg fehlen im LKH sowie in der Christian-Doppler-Klinik 50 Ärztinnen und Ärzte, berichtet der ORF.

Kritik am Wahlarztsystem

Eine Reform des Wahlarztsystems fordert indes der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss. So sollen die Wahlärzte zumindest ins Elga-System sowie in die elektronische Abrechnung gebracht werden. Unter Berufung auf Transparency International ortet Huss auch ein "gewisses Korruptionspotenzial", wenn ein hauptberuflicher Spitalsarzt zusätzlich als Wahlarzt arbeitet. Wenn jemand nebenbei arbeiten wolle, "dann bitte nicht in der Privatpraxis, sondern im öffentlichen Gesundheitssystem". So seien Anstellungen von Ärzten bei anderen Medizinern mit Kassenvertrag möglich. Laut Barbara Huemer, der Gesundheitssprecherin der Wiener Grünen, gehen 62,4 Prozent der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte einer gewerbsmäßigen Nebenbeschäftigung nach. (David Krutzler, 28.11.2022)