Österreich versucht es mit schärferen Grenzkontrollen im Alleingang, wie hier an der burgenländischen Grenze zu Ungarn. Dass Ungarn Flüchtlinge offenbar durchwinke, sorgt in der Politik für Ärger.

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Wien – Zumindest eines hat der Konflikt zwischen dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Parteichefin Pamela Rendi-Wagner bewirkt: Die SPÖ ist jetzt voll in die Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen eingestiegen. Im Interview mit der Kronen Zeitung, assistiert vom Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer, kritisiert Rendi-Wagner das europäische Asylsystem, das gescheitert sei. Es könne nicht sein, dass Österreich mit 90.000 Asylanträgen alleingelassen werde. Schuld daran sei vor allem die ÖVP, die es verabsäumt habe, auf europäischer Ebene eine Lösung herbeizuführen. "Man kann nicht jahrelang untätig sein und gleichzeitig, so wie die ÖVP es macht, zum Zeitpunkt, der ihnen recht ist, nach Krise rufen und politisch daraus Kleingeld schlagen wollen", sagte Rendi-Wagner.

Flüchtlinge durchwinken

Das große Problem sei jedenfalls die irreguläre Migration. "Die Frage ist, warum landen all diese Menschen in Österreich. Weil wir keinen funktionierenden EU-Außengrenzschutz haben und weil Länder wie Ungarn diese einfach durchwinken. Es kann nicht sein, dass Österreich das alles schultern muss."

Die SPÖ-Chefin spricht sich für eine "Allianz der Betroffenen, unterstützt von der EU-Kommission", aus. "Ich hätte mich in den letzten Jahren gemeinsam mit anderen betroffenen Ländern starkgemacht in Brüssel, dass wir ein neues, funktionierendes europäisches Asylsystem bekommen, mit Verfahrenszentren außerhalb der EU, funktionierenden Außengrenzen und Rückführungsabkommen."

Multiple Krise

Dornauer fordert ebenfalls einen restriktiveren Kurs. "Es wird nicht so weitergehen können, dass wir täglich rund 600 Menschen aufgreifen und diese dann gemäß der Quotenaufteilung in den neun Bundesländern unterbringen müssen." Im Kurier-Interview sieht Dornauer den "Punkt erreicht, an dem wir nicht noch mehr Zuwanderung schaffen". Der SPÖ-Landeschef, der auch Flüchtlingsreferent in Tirol ist, warnt davor, dass der Zustrom von Wirtschaftsflüchtlingen in der Teuerungskrise sozialen Sprengstoff berge. Man dürfe die Österreicher in der Situation einer multiplen Krise nicht überstrapazieren.

Rendi-Wagner sieht nur bedingt Chancen auf eine Beilegung des Konflikts mit Doskozil. Sie könne ihn zu einer Zusammenarbeit nicht zwingen. An ihr solle es aber nicht scheitern, das Angebot für die Zusammenarbeit habe es immer gegeben, beteuert die SPÖ-Chefin.

Die Krone hatte ihre Leserinnen und Leser übrigens dazu befragt, ob Rendi-Wagner ihre Partei im Griff habe. 93 Prozent antworteten mit Nein, nur sieben mit Ja.

SPÖ will "Integrationsdienst"

Ein Debattenbeitrag zum Umgang mit Flüchtlingen kam am Sonntag auch aus der oberösterreichischen SPÖ. Dort will man einen "verpflichtenden Integrationsdienst" für junge Asylwerber, die gute Aussichten auf einen positiven Bescheid haben. Die Struktur könnte sich am Freiwilligen Sozialen Jahr orientieren, bei dem man für ein Taschengeld Dienst am Gemeinwohl verrichte, meint Landesparteichef Michael Lindner. Begleitend dazu sollen Sprachkurse absolviert werden, sodass die Tätigkeit insgesamt dem Ausmaß einer Vollzeitbeschäftigung gleichkomme.

Mit "einer regelmäßigen und bezahlten Tätigkeit" und der damit verbundenen Aussicht auf eine Zukunft gerate man "weniger leicht auf die schiefe Bahn", glaubt Linder: "Gelangweilte und perspektivlose Jugendliche muss die öffentliche Hand unbedingt vermeiden."

Lindner und sein Parteikollege, der Linzer Bürgermeister Klaus Luger, glauben, "die Jugendlichen so von der Straße zu bringen". Die Halloween-Krawalle in Linz hätten schließlich gezeigt, dass ein Teil der jugendlichen Flüchtlinge Probleme verursacht, führte der Bürgermeister an.

FPÖ will Kostenwahrheit

Die FPÖ verlangt von der Bundesregierung Kostentransparenz im Flüchtlingsbereich. Konkret sollten alle Bundesministerien dazu verpflichtet werden, sämtliche mit dem Bereich Migration und Asyl verbundenen Ausgaben auszuweisen, forderte Parteichef Herbert Kickl am Sonntag. Derzeit werde beispielsweise im Budget 2023 für das Fremdenwesen 1,1 Milliarden Euro an Kosten ausgewiesen. "Das ist aber nur der Aufwand für die ,Völkerwanderungsbürokratie‘ und damit nicht einmal die halbe Wahrheit", meinte Kickl. (Michael Völker, 27.11.2022)