Demonstrierende fordern auf der Weltklimakonferenz einen Fonds für Klimaschäden, mit Erfolg. Bei der entscheidenden Emissionsminderung kamen die Staaten nicht voran.

Foto: AP/Peter Dejong

Es ist eine vernichtende Botschaft, die von der Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh übrig bleibt: Die Welt ist dem Ziel, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu limitieren kein Stück näher gekommen.

Die Verhandlungen, die dort geführt werden, sind kompliziert und vielschichtig. Der Krux an der Sache ist aber schnell erklärt: Die Welt muss Wege finden, aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen und sie durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Schließlich sorgen fossile Brennstoffe für rund drei Viertel aller Treibhausgasemissionen. Doch selbst im 27. Anlauf der Klimakonferenz gelang es nicht, einen Ausstieg in einer gemeinsamen Erklärung festzulegen. Sind die Konferenzen gescheitert?

Nein, antwortet Helmut Hojesky vom Bundesministerium für Klimaschutz, Leiter des österreichischen Verhandlungsteams. Er ist seit der allerersten Konferenz im Jahr 1995 in Berlin dabei. "Ich will mir nicht ausmalen, wo wir ohne die Konferenzen stehen würden", sagt er. "Eine enttäuschende Konferenz ist nicht das Ende des Prozesses." Das Regelwerk des Pariser Abkommens stehe. Jetzt gehe es darum, es umzusetzen.

Unverbindliches System

Dazu gehört unter anderem, dass alle Staaten ihre nationalen Klimapläne verschärfen, im Fachsprech Nationally Determinded Contributions, kurz NDCs. Stehen die Staaten zu den Ankündigungen, die sie in den Plänen machen, würde sich die Erde um rund 2,5 Grad erhitzen, berechnet die Uno – vor der Einigung in Paris lag die Prognose noch bei 3,6 Grad. Von dem Pariser Ziel von 1,5 Grad, das als noch halbwegs sichere Schwelle gilt, ist die Welt dennoch weit entfernt.

Daher einigten sich die Staaten im vergangenen Jahr in Glasgow, neue Pläne einzureichen – tatsächlich landeten dann jedoch nur 24 Nachbesserungen auf den Schreibtischen des UN-Klimasekretariats.

Genau hier liegt auch ein Problem des UN-Prozesses: Es gibt kaum Konsequenzen für ein Land, das sich nicht an die Abmachungen hält.

Trotz der Unverbindlichkeit ist der Widerstand gegen die Nennung des Kernproblems groß: Staaten, die ihr Erdöl und Erdgas weiter fördern und exportieren wollen, sperren sich gegen deren Nennung. "Sie wissen, dass der Text ein wichtiges politisches und wirtschaftliches Signal sendet", sagt Hojesky.

Nun dürfte der Druck aber steigen, den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen im nächsten Jahr aufzunehmen. Bereits auf der gerade zu Ende gegangenen Konferenz sprachen sich 80 Staaten dafür aus. Wie die Vereinigten Arabischen Emirate, die kommendes Jahr Gastgeberland sind, auf Druck reagieren, bleibe abzuwarten, so Hojesky.

Ausstieg aus fossilen Brennstoffen

Auch Renate Christ, langjährige Leiterin des Sekretariats des Weltklimarats IPCC, hofft, dass der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen jetzt wieder in den Vordergrund rückt – vor allem, nachdem sich die Staaten auf den neuen Fonds für Klimaschäden einigten. Er soll Geld für die verwundbarsten Länder bereitstellen, um mit Klimaschäden – etwa Stürme, Überschwemmungen oder Dürren – fertigzuwerden. "Das war eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme für den Globalen Süden. Jetzt findet sich hoffentlich wieder eine breitere Front für die Emissionsminderung", sagt Christ.

Das Abschlussplenum der Klimakonferenz: Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wurde hier wieder nicht fixiert.
Foto: IMAGO/Thomas Trutschel

Mit Blick auf die weiter eskalierende Emissionsentwicklung seien das viel zu kleine Schritte, kritisiert Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur Wien. Der auf freiwillige Kooperation aufbauende Prozess habe nie angemessen funktioniert. "Wenn es der EU wirklich ernst mit globaler Mitigation wäre, müsste sie bei Klimakonferenzen längst mit Handelssanktionen Druck für mehr Klimaschutz machen", so Steurer. Sein Vorschlag: Alle, die Emissionen nicht angemessen reduzieren, müssten mit Nachteilen beim Zugang zum größten Markt der Welt rechnen. So käme rasch Bewegung in die Verhandlungen.

Der in der EU diskutierte CO2-Grenzausgleich gehe zwar in diese Richtung, aber zu langsam und zu zaghaft, so Steurer. Die Kommission schlägt vor, eine Art Zoll für CO2-intensive Produkte einzuführen, wenn das Herstellerland nicht ähnlich strenge Vorschriften für Emissionen macht wie die EU. "Bei sämtlichen Vorhaben fehlt aber die Ernsthaftigkeit – global, in Europa und in Österreich", so Steurer. Das werde sich erst dann ändern, wenn der Druck durch die Zivilgesellschaften wieder deutlich steigt. Angemessene politische Lösungen kämen entweder von unten oder eben zu spät beziehungsweise gar nicht, meint Steurer.

Nicht genug

Das wird aller Voraussicht nach auch die sogenannte Globale Bestandsaufnahme zeigen, die auf der nächsten Klimakonferenz in Dubai ansteht. Mit ihr wird alle fünf Jahre Bilanz gezogen, wie es um die Umsetzung des Pariser Abkommens steht. "Das Ergebnis wird ganz klar sein, dass wir nicht genug tun", erklärt Hojesky.

Was bedeutet all das nun für Österreich? Da Österreich in der Klimadiplomatie als Teil der EU auftritt, heißt das Ergebnis vor allem, dass es gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten das Gesetzespaket umsetzen muss, das es derzeit in Brüssel mitverhandelt – dazu zählen der Europäische Emissionshandel, das Verbrenner-Aus und neue Regeln für mehr Energieeffizienz.

Mit den rund 20 Reformen und Initiativen will die EU ihre Klimaziele erreichen. Derzeit hinke Österreich aber selbst im EU-Vergleich nach, erklärt Christ. Zwar habe Klimaschutzministerin Leonore Gewessler es geschafft, einiges weiterzubringen – etwa im Bereich der erneuerbaren Energien und beim Erneuerbaren-Wärme-Gesetz –, doch es gehe viel zu langsam. "Österreich muss jetzt liefern", drängt Christ. (Alicia Prager, 28.11.2022)