Erleichterung bei der deutschen Mannschaft.

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

Niclas Füllkrug erzielte den Treffer zum 1:1.

Foto: APA/AFP/INA FASSBENDER

Alvaro Morata hatte Spanien in Führung gebracht.

Foto: APA/AP/Schrader

Da soll sich noch einer auskennen.

Foto: APA/AP/Josek

"Can you love me again?", sang John Newman zehn Minuten vor Anpfiff aus den Stadionlautsprechern. Ja, liebe Deutsche, könnt ihr diese Mannschaft wieder lieben, nach wahlweise zu viel Protest oder nicht genug Protest samt Niederlage gegen Japan? Um Mitternacht Ortszeit lag nahe: ja. Das DFB-Team erkämpfte gegen Spanien ein respektables 1:1. Nun sind die Iberer der beste Freund der Deutschen – verlieren sie zum Abschluss gegen Japan, bräuchte Deutschland am Donnerstag einen Kantersieg gegen Costa Rica zum Aufstieg. Bei einem Remis in der Parallelpartie würde ein Sieg mit zwei Toren Vorsprung reichen.

Das Al-Bayt-Stadion in der Wüste nördlich von Doha war ordentlich besucht, wie fast immer blieben dutzende der teuersten Plätze frei. Wer zu spät kam, verpasste etwas. Minute 7: Dani Olmo gibt seinem Schuss wenig Präzision, aber umso mehr Schmalz mit, Manuel Neuer lenkt ihn mit Mühe an die Lattenunterkante. Spanien rotierte den Ball einige Male symphonisch, das deutsche Pressing lief ins Leere. Hansi Flicks Elf drohte im Konter, Serge Gnabry vergab aus dem Abseits die erste Großchance (10.).

Intensives Spiel

Nach einer Viertelstunde verflachte die Partie, ein verfehlter Alba-Schuss diente als Wecker (22.). Spaniens Goalie Simon servierte Gnabry die nächste gute Gelegenheit, er schoss am langen Eck vorbei (25.). Neuer legte noch einen drauf, doch der von ihm angespielte Spanier verarbeitete das Geschenk zu behäbig, so wurde Ferran Torres’ Schuss geblockt (27.). Es war eine intensive Partie. Schiedsrichter Danny Makkelie hatte statt Pfeife das Rugby-Regelwerk mitgebracht.

Minute 33: Ferran Torres dilettiert vom Elferpunkt über das Tor, die verspätet erhobene Abseitsfahne rettet seine Stürmerehre. Wenig später jubelte Deutschland über den vermeintlichen Führungstreffer, doch Antonio Rüdiger war vor seinem Kopfball denkbar knapp abseits gewesen. Gegen Ende der Halbzeit drückten wieder die Spanier, mehr als das 5:0 in der Eckballstatistik schaute nicht heraus. Es war das 14. Pausen-0:0 im 26. WM-Spiel, davon aber das beste.

Die deutsche Offensivabteilung bedrängte ihre Gegenspieler weiterhin schon im frühesten Spielaufbau, die Anhänger der Kurzpassreligion versuchten es trotzdem stets flach. War Schlussmann Simon involviert, kippte das bisweilen ins Beängstigende. Diese Zeilen waren wohlgemerkt schon geschrieben, als der Bilbao-Keeper Kimmich am Sechzehner anspielte. Immerhin parierte er den folgenden Schuss (56.).

Ein K.-o.-Spiel

Fast 69.000 Fans – verspätet war das Stadion wirklich voll – sahen ein Spiel von Finesse und höchster Konsequenz, ein Hauch von Viertelfinale waberte durch die Luft. In Minute 54 betrat Alvaro Morata den Platz. In Minute 62 zeigte er, warum. Dani Olmo spielte durch Kehrers Beine zur Mitte, der ewig gescholtene Stürmer entwischte Niklas Süle und bugsierte den Ball hoch ins kurze Eck. Nun wurde die Partie noch intensiver. Marco Asensio wurde im Konter ideal angespielt, hätte den Ball stoppen können – und schoss ihn ans obere Ende des wirklich hohen ersten Ranges.

Deutschland entdeckte die Gier. Die Minuten 73 und 74: Der eingewechselte Niclas Füllkrug bringt den Ball am Fünferraum nicht aufs Tor, Musiala schießt Simon an, dann vergibt Gnabry, dann noch einmal Füllkrug. Minute 80: Kimmich schießt einen Freistoß in die Mauer, Spanien verschenkt den 4-gegen-3-Konter. Die Strafe folgte flott: Musiala nahm einen Lochpass genau in Füllkrugs Lauf mit, der betonierte das Kunstleder ins Netz (83.). Die letzte Chance vergab Leroy Sane. "Das Wichtigste ist, wir leben noch", fasste Neuer zusammen. (Martin Schauhuber aus Al-Khor, 27.11.2022)

Fußball-WM in Katar, Gruppe E (2. Runde):
Spanien – Deutschland 1:1 (0:0)
Al Khor, Al Bayt Stadium, 68.895 Zuschauer, SR Makkelie (NED)

Tore:
1:0 (62.) Morata
1:1 (83.) Füllkrug

Spanien: Simon – Carvajal, Rodri, Laporte, Alba (82. Balde) – Gavi (66. Williams), Busquets, Pedri – F. Torres (54. Morata), Asensio (66. Koke), Olmo

Deutschland: Neuer – Kehrer (70. Klostermann), Süle, Rüdiger, Raum (87. Schlotterbeck) – Kimmich, Gündogan (70. Sane), Goretzka – Gnabry (85. Hofmann), Musiala – Müller (70. Füllkrug)

Gelbe Karten: Busquets bzw. Kehrer, Goretzka, Kimmich