Der Wiener Charme dürfte bei internationalen Beschäftigten nicht besonders gut ankommen. Diese kürten Wien zur unfreundlichsten Stadt weltweit.

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Die spanische Hafenstadt Valencia ist heuer die beliebteste Stadt unter internationalen Beschäftigten, gefolgt von Dubai und Mexiko-Stadt. Zu diesem Ergebnis kommt das "Expat City Ranking 2022" von Internations, einem Netzwerk für Personen, die im Ausland leben und arbeiten. Das Ranking basiert auf der jährlichen "Expat Insider"-Studie, an der heuer knapp 12.000 Beschäftigte weltweit teilgenommen haben. Der Report bietet Einblicke in die Bereiche Lebensqualität, Eingewöhnung, Arbeiten, persönliche Finanzen und den "Expat Basics"-Index, der digitale Infrastruktur, Verwaltungsangelegenheiten, Wohnen und Sprache umfasst.

Wien belegt in diesem Jahr Platz 27 von 50 Städten im Ranking. Obwohl es in puncto Lebensqualität sehr gut abschneidet, fällt es vielen Expats schwer, sich hier einzuleben und Freundschaften zu schließen. Beim Index zur Eingewöhnung liegt Wien deshalb sogar auf dem letzten Platz.

Die drei Siegerstädte können im Gegensatz dazu vor allem im Index zur Eingewöhnung punkten. Valencia und Mexiko-Stadt erzielen außerdem sehr gute Resultate bei den persönlichen Finanzen, während Valencia und Dubai eine ausgezeichnete Lebensqualität bieten. In Dubai finden sich Expats laut der Umfrage besonders leicht bei Verwaltungsangelegenheiten zurecht.

Am unteren Ende des Rankings landen heuer Paris (48.), Frankfurt (49.) und Johannesburg (50.). Internationale Beschäftigte in Johannesburg zeigen sich insbesondere von der niedrigen Lebensqualität und ihrem Arbeitsleben enttäuscht, während Frankfurt und Paris in den Indizes zur Eingewöhnung und den sogenannten Expat Basics besonders schlecht abschneiden. Zudem haben Expats in allen drei Städten finanziell zu kämpfen.

Hohe Lebensqualität

Im Index zur Lebensqualität lag Wien im Vorjahr noch auf dem ersten Platz, heuer reicht es nur mehr für Platz sieben. Besonders gut schneidet die Bundeshauptstadt wieder in den Kategorien Reisen und Transportwesen (1.) sowie Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden (2.) ab. Die Verfügbarkeit, Kosten und Qualität der medizinischen Versorgung werden von den internationalen Beschäftigten als besonders gut bewertet.

"Ich mag es, wie viel man hier unternehmen kann und wie einfach es ist, mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein", sagt ein Expat aus den USA. Zudem ist Wien nicht besonders teuer und belegt weltweit den neunten Platz im Index zu den persönlichen Finanzen. Wien bietet den Studienteilnehmenden zwar eine hohe Umweltqualität in der Stadt, die Zufriedenheit fällt heuer mit 86 Prozent jedoch niedriger aus als mit 94 Prozent im letzten Jahr.

Im Index zum Arbeiten im Ausland belegt Wien Platz 26 von 50 Städten. 68 Prozent der Expats schätzen ihren Job als sicher ein, und zwei Drittel bewerten ihre Work-Life-Balance positiv – im Vergleich zu 59 Prozent und 62 Prozent weltweit. Jedoch sind 23 Prozent der Befragten unzufrieden mit ihren Karrierechancen, und ein Drittel findet, dass es der Unternehmenskultur in Wien an Kreativität und unkonventionellem Denken fehlt.

Unfreundlichkeit erschwert Eingewöhnung

Im Index "Expat Basics" halten internationale Beschäftigte vor allem den Wohnraum in Wien für erschwinglich (9.). Zudem finden acht von zehn es einfach, ein lokales Bankkonto zu eröffnen (vs. 64 Prozent weltweit). In Bezug auf Verwaltungsangelegenheiten wie beispielsweise ein Visum für den Aufenthalt zu bekommen liegt Wien nur auf Platz 38. und auch bei bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten schneidet die Bundeshauptstadt schlecht ab (42.).

Der Index zur Eingewöhnung ist jedoch der größte Minuspunkt. Hier gilt Wien als schlechteste Stadt weltweit und belegt außerdem in der Kategorie "Freundlichkeit" den letzten Platz. Expats beschreiben die Menschen in Wien als unfreundlich im Allgemeinen (43 Prozent vs. 17 Prozent weltweit) sowie gegenüber der ausländischen Bevölkerung im Besonderen (46 Prozent vs. 18 Prozent weltweit). Darüber hinaus findet es mehr als die Hälfte der Befragten schwer, sich mit den Wienerinnen und Wienern anzufreunden. Jede und jeder Dritte fühlen sich zudem in Wien nicht willkommen – auch hier belegt die Stadt den letzten Platz im internationalen Vergleich. "Mir missfällt, wie schlecht gelaunt und unfreundlich alle hier sind", teilt ein Expat aus Schweden mit. (dang, 29.11.2022)