Der iranisch-österreichische Doppelstaatsbürger Mossaheb darf das Land vorerst nicht verlassen (Archivbild).

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Dubai/Teheran – Der seit mehr als drei Jahren im Iran inhaftierte Österreicher Massud Mossaheb ist aus dem Gefängnis entlassen worden. Die Familie des 76-Jährigen habe mitgeteilt, dass Mossaheb am Sonntag ein zeitlich unbefristeter medizinischer Hafturlaub gewährt worden sei, bestätigte das Außenministerium in Wien am Montag der APA. Zuvor hatte die Tageszeitung "Die Presse" darüber berichtet. Zwei weitere Österreicher befinden sich unterdessen weiterhin in Haft im Iran.

Der iranisch-österreichische Doppelstaatsbürger Mossaheb darf das Land vorerst nicht verlassen. Er muss sich alle 14 Tage bei den iranischen Behörden vor Ort melden. Das Außenministerium zeigte sich erfreut, dass die "intensiven diplomatischen Anstrengungen nun im Fall von Herrn Mossaheb Früchte getragen haben, er kann nun endlich seine dringend notwendigen medizinischen Behandlungen durchführen lassen". Österreich lasse keine Gelegenheit aus, die Haftfälle auf höchster Ebene anzusprechen, sie sind Thema aller Gespräche mit den Vertretern des Iran, wurde betont.

Der Generalsekretär der Österreichisch-Iranischen Gesellschaft war Anfang 2019 bei einem Besuch in Teheran festgenommen worden. Mossaheb, der sich im Kontext eines Projekts der niederösterreichischen Med Austron, die in Teheran ein Zentrum für Ionentherapie errichtet hat, in der iranischen Hauptstadt befand, wurde Spionage vorgeworfen. In einem Gerichtsprozess, der von Menschenrechtsorganisationen als grob unfair beurteilt wird, wurde Mossaheb zu zehn Jahren Haft verurteilt. Im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis verschlechterte sich der Gesundheitszustand des unter mehreren Vorerkrankungen leidenden Österreichers deutlich. Bereits im Sommer war Mossaheb daher vorübergehend Hafturlaub gewährt worden.

Zwei weitere Österreicher weiterhin in Haft

Keine Neuigkeiten gibt es dagegen im Fall eines weiteren seit Jahren im Iran inhaftierten österreichisch-iranischen Doppelstaatsbürgers. Der Wiener IT-Experte Kamran Ghaderi wurde 2016 bei einer Geschäftsreise im Teheran festgenommen. Auch er wurde wegen Spionagevorwürfen zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, er sitzt weiter im Evin-Gefängnis.

Weiter in Haft ist auch ein im Oktober während der aktuellen Proteste festgenommener Österreicher, wie das Außenministerium mitteilte. Was ihm konkret vorgeworfen wird, ist unklar. Nach Angaben der iranischen Behörden seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, so eine Sprecherin des Außenministeriums. Der Österreicher befinde sich in Untersuchungshaft in Uruhmie (Urmia) im Nordwesten des Iran und werde von der österreichischen Botschaft konsularisch betreut.

Nach WM-Erfolg mehr als 700 Gefangene im Iran freigelassen

Im Iran sind im Anschluss an den 2:0-Sieg der Fußball-Nationalmannschaft gegen Wales bei der WM am Freitag 709 Gefangene freigelassen worden, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. Wie auf der Website der Justizbehörde Mizan Online am Montag zu lesen war, wurden Personen aus verschiedenen Gefängnissen des Landes nach der Partie entlassen – darunter "einige, die während der jüngsten Ereignisse verhaftet" worden waren. Die Behörden nahmen damit Bezug auf die Demonstrationen, die das Land seit mehreren Wochen erschüttern.

Iranischen Medienberichten zufolge soll unter den 709 Personen auch der Fußballspieler Voria Ghafouri sein, der am vergangenen Donnerstag wegen "antistaatlicher Propaganda" festgenommen worden war. Der 35 Jahre alte Ex-Nationalspieler sei demnach auf Kaution freigelassen worden.

Irans Fußballer hatten beim ersten WM-Spiel gegen England (2:6) ein Zeichen der Solidarität für die Regime-Kritiker in der Heimat gesetzt und während der Nationalhymne geschwiegen. Vor der zweiten Partie gegen Wales, die das Team durch zwei Treffer in der Nachspielzeit für sich entschied, sangen alle Spieler wieder mit.

Iran lehnt UN-Ermittlungen zu Protesten ab

Die iranische Führung lehnt UN-Ermittlungen zum Vorgehen ihrer Sicherheitskräfte gegen die regierungskritische Protestbewegung ab. "Der Iran wird nicht mit dem vom UN-Menschenrechtsrat gebildeten politischen Komitee zusammenarbeiten", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Nasser Kanaani, am Montag.

Am Donnerstag hatte der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen auf Antrag Deutschlands und Islands eine Resolution beschlossen, mit der das gewaltsame Vorgehen der Führung in Teheran gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten unabhängig untersucht werden soll. Wegen der Resolution habe das iranische Außenministerium den deutschen Botschafter einbestellt, bestätigte das deutsche Auswärtige Amt.

Seit Wochen halten die Proteste gegen die Regierung in Teheran an, obwohl die Sicherheitskräfte massiv dagegen vorgehen. Dem von Menschenrechtlern betriebenen Informationsdienst HRANA (Human Rights Activists News Agency) zufolge wurden bis zum 26. November 450 Demonstrierende getötet, darunter 63 Minderjährige. Zudem seien 60 Angehörige der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen. Knapp 18.200 Menschen seien festgenommen worden. Von der iranischen Führung gibt es keine Angaben über getötete Demonstranten und Demonstrantinnen.

Iranische Regierung macht "ausländische Feinde und ihre Agenten" für Unruhen verantwortlich

Entzündet hatten sich die Proteste am Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Die Kurdin war am 16. September in Polizeigewahrsam gestorben. Die sogenannte Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie unangemessen gekleidet gewesen sein soll. Inzwischen haben sich die Proteste zur größten Herausforderung für die geistliche Führung seit 1979 ausgewachsen. Damals wurde im Zuge der Islamischen Revolution der Schah gestürzt, und die Islamischen Republik wurde ausgerufen – mit Ayatollah Ruhollah Khomeini als geistlichem und politischem Oberhaupt. Schilder von Straßen, die seinen Namen tragen, wurden bereits im Zuge der Proteste heruntergerissen. Inzwischen wird bei Kundgebungen sogar der Sturz der Führung unter Khomeinis Nachfolger Ayatollah Ali Khamenei offen gefordert.

Die Regierung in Teheran macht "ausländische Feinde und ihre Agenten" für die Unruhen verantwortlich. Es gebe Beweise dafür, dass westliche Staaten mitmischten, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Kanaani. "Wir haben spezifische Informationen, die belegen, dass die USA, westliche Länder und einige der amerikanischen Verbündeten eine Rolle bei den Protesten gespielt haben." Einzelheiten nannte Kanaani nicht. (Reuters, APA, red, 28.11.2022)