Der Absturz der Kryptobörse FTX und ihres Gründers Sam Bankman-Fried riss die ganze Branche mit.
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Die jüngsten Ereignisse um den Zusammenbruch einer der weltweit größten Kryptobörsen zeigen die Schwachstellen der Kryptomärkte auf und viel mehr noch: Sie stellen einen Stresstest für die gesamte Branche dar. Im Vergleich zum streng regulierten Finanzmarkt sind Kryptoassets beinahe unreguliert, wenngleich die Gesetzgebung bereits reagiert.

Dass sich Privatanleger trotz der laufenden Warnungen der Finanzmarktaufsichtsbehörden nicht immer bewusst sind, welche Auswirkungen sich aus dem unterschiedlichen gesetzlichen Umfeld ergeben, wurde anhand des jüngsten Zusammenbruchs der Kryptobörse FTX vor Augen geführt. Gerade bei der Regulierung, insbesondere beim Anlegerschutz, stecken die Kryptomärkte in den Kinderschuhen.

Krisen fördern Regulierung

Ein Vergleich zeigt, dass in der Vergangenheit auf Krisen oftmals mit stärkerer Regulierung geantwortet wurde. So wurden als Folge der Finanzkrise 2008 durch die Europäische Union die Regulierung der Finanzmärkte überarbeitet und harmonisiert. Die Marktteilnehmer sahen sich mit einer Vielzahl von Regeln konfrontiert, die unter großen Zeitdruck ausgerollt wurden.

Eines der Kernstücke bildet das Regulierungspaket für Märkte für Finanzinstrumente (MiFID/MiFIR). Dadurch wurden verstärkt Geschäfte an geregelte Märkte verlagert, die Transparenzbestimmungen erweitert sowie der Derivate- und Hochfrequenzhandel reguliert. Aus Gründen des Anlegerschutzes wurde auch die Finanzberatung geregelt.

Wachstum ermöglichen, Widerstandsfähigkeit stärken

Dazu kamen Bestimmungen, die die Transparenz im börslichen Handel verstärkten (EMIR und PRIIPS) und ein strenges Regime zur Verhinderung von Insiderhandel und Marktmanipulation (MAD/MAR). Nicht zu vergessen sind zudem Vorkehrungen, um die Finanzmarktinfrastruktur resilienter zu gestalten.

Alle angeführten Regeln haben Folgendes gemein: Sie dienen dazu, Wachstum zu ermöglichen, die Widerstandsfähigkeit der Finanzmärkte sicherzustellen und verbesserten Anlegerschutz zu erreichen. Doch egal, wie detailliert die Regeln im Einzelnen ausgestaltet sind, die meisten Kryptoassets sind von den von der EU geschaffenen Finanzmarktregularien ausgenommen.

Österreichs Geldwäscherichtlinie

Ein erster Schritt Richtung Regulierung der Kryptobranche war die 5. Geldwäscherichtlinie, die in Österreich im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz umgesetzt wurde. Mit dieser Richtlinie wird sichergestellt, dass bei virtuellen Währungen, Tauschbörsen und Anbietern von elektronischen Geldbörsen gewisse Sorgfaltspflichten zur Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung einzuhalten sind. In Österreich tätige Dienstleister in Bezug auf Krypto-Währungen müssen sich seit Jänner 2020 bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) registrieren, wenn sie in Österreich ihre Tätigkeiten erbringen möchten.

Die Verpflichtungen aus der Geldwäscherichtlinie für Krypto-Dienstleister wurde jedoch nicht in einem eigenen Krypto-Geldwäschegesetz umgesetzt, sondern in die bestehenden Regelungen des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes implementiert, wodurch eine – offenbar gewollte – erste Annäherung der Kryptoassets an den Finanzmarkt vorgenommen wurde.

Die EU hat nun erstmals Kryptoassets einem größeren Regelungsrahmen unterworfen. Mit der Verordnung über Märkte für Kryptowerte, kurz "MiCA", soll zunächst Anlegerschutz und die Wahrung der Finanzstabilität, erreicht werden.Neben der Zulassung und Beaufsichtigung der Krypto-Dienstleister wird die MiCA, angelehnt an die Marktmissbrauchsregulierung der Finanzmärkte, aber auch Offenlegungsverpflichtungen von Insiderinformationen sowie das Verbot von Insidergeschäften und Marktmanipulation vorsehen. Ebenso ist die Veröffentlichung eines Kryptowert-Whitepapers, ähnlich einem Informationsblatt oder Kapitalmarktprospekt, im Rahmen der Emission bestimmter Token vorgesehen.

Besserer Anlegerschutz

All diese Instrumente schaffen Rechtssicherheit und dienen letztlich dem Schutz der Anleger. Ein wesentlicher Vorteil ist auch das vorgesehene "Passporting" der Zulassung. Das heißt, dass ein Krypto-Dienstleister für eine EU-weite Tätigkeit nur in einem Mitgliedsstaat zugelassen werden muss.

Der direkte Vergleich zeigt, dass sich die Regulierung der Kryptomärkte an die Regelungsdichte vom Finanzmarkt annähert, wenn auch bei weitem nicht im selben Detailgrad. Mit der MiCA wurde zwar ein Meilenstein gesetzt, dennoch ist eher davon auszugehen, dass es sich um einen ersten Schritt handelt.

Regulierung kann auch eine Chance für Innovation sein, solange sie praxisnah und nicht überbordend gestaltet wird. Dass vom Markt eine Regulierung auch als Chance gesehen wird, kann man daran erkennen, dass sich einige Marktteilnehmer bereits freiwillig den strengeren Regularien des Finanzmarkts unterworfen haben.
(Armin Redl, Martin Wolf, 28.11.2022)