Gemüse- oder Linsenchips stellen keine gesündere Alternative zu klassischen Kartoffelchips dar. Es spricht jedoch nichts dagegen, sie hin und wieder zum Genuss zu essen.

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Abends beim Serien- oder Fußballschauen gehören sie für viele einfach dazu – knusprig-herzhafte Chips. Das Problem dabei: Kartoffelchips wirken sich nicht gerade förderlich auf die Gesundheit aus. Durch den hohen Fettgehalt kann der Genuss zu Übergewicht führen, das wiederum wirkt sich häufig negativ auf den Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System aus. Außerdem fördert der hohe Salzgehalt hohen Blutdruck.

Das weiß auch die Lebensmittelindustrie und hat mittlerweile einige Snackalternativen auf den Markt gebracht. Da gibt es etwa Chips aus frittiertem Gemüse wie Karotten, Roten Rüben, Pastinaken oder auch Sellerie. Gleich daneben im Regal finden sich Kichererbsen- und Linsenchips. Hülsenfrüchte sollten ja neben Gemüse ebenfalls auf jedem Speiseplan stehen. All diesen Angeboten ist gemein, dass sie ein gesünderes Knabbervergnügen als die klassischen Kartoffelchips suggerieren – und viele das auch tatsächlich glauben. Aber ist auch etwas dran?

Weniger Fett, viele Zusatzstoffe

Leider nein. Ernährungsexpertin und Diätologin Yasmin Eder weiß: "Der Gedanke, man würde hier dem Körper und der Gesundheit etwas Besseres liefern und Kalorien, Fett oder Salz einsparen, ist ein Mythos." Ein Blick auf die Nährwertangaben auf der Rückseite der Verpackung bestätigt das. Vergleicht man Kalorienanzahl, Fett- und Salzgehalt, fällt schnell auf, dass sich die Angaben hier bei allen knusprig-salzigen Snacks ähneln. Bei den Chips aus Gemüse und Hülsenfrüchten schlagen ungefähr 450 bis 600 Kilokalorien pro 100 Gramm zu Buche, das ist gleich viel wie bei den Kartoffelchips.

Auch beim Fett- und Salzgehalt gibt es kaum Unterschiede. Nur die Varianten aus Kichererbsen und Linsen haben, im Vergleich zu üblichen Kartoffelchips, einen etwas geringeren Fettgehalt. Damit sie trotzdem schmecken, müssen aber andere Zutaten für den Geschmackskick sorgen. Hier lohnt ein Blick auf die Zutatenliste, betont Eder: "Neben der Hauptzutat wie Kichererbsen oder Linsen kommen dann noch Stärke, Zucker, Aromen, Hefeextrakt, geräucherte Dextrose, karamellisierter Zuckersirup oder Glukosesirup dazu, um nur ein paar davon zu nennen." Diese sorgen zwar für zusätzlichen Geschmack, aber auch für einen höheren Blutzuckerspiegel.

Für alle, bei denen das abendliche Snacken dennoch dazugehört, hat die Ernährungsexpertin ein paar Tipps für gesündere Alternativen: "Wer regelmäßig zu fett- und salzreichen Knabbereien greift, sollte sich über Alternativen Gedanken machen. Selbstgemachte Ofenkartoffeln oder auch Gemüsechips aus dem eigenen Ofen sind zu empfehlen." Denn: Hier kann die Salz- und Fettmenge selbst gewählt werden. Und auch für alle, die nicht so gern noch nach dem Abendessen in der Küche stehen, gibt es Alternativen: Sesamstangen, Hirse- und Dinkelbällchen oder auch Waffeln aus Reis, Mais oder Linsen sind ebenfalls knusprig und laut Eder "eine gute Chips-Alternative".

"Fressformel" aktiviert Belohnungssystem

Wer sich hingegen nur ab und zu einmal ein paar Chips aus Kartoffeln, Gemüse oder auch Hülsenfrüchten gönnt, muss sich keine Gedanken machen. Die Expertin betont: "Wenn sie nur hin und wieder in entsprechender Menge genossen werden, haben Chips keinen negativen Effekt auf die Gesundheit." Aber genau hier steckt oft ein weiteres Problem. Wenn man einmal anfängt, kann man kaum noch aufhören.

Schuld daran ist die Zusammensetzung verschiedener Zutaten: "Diese Mischung aus Salz, Kohlenhydraten, Fett und Aroma- oder Farbstoffen, Zucker und Gewürzen wird als 'Fressformel' betitelt und führt im Gehirn zu einer Belohnungsreaktion, die kurzfristig als angenehm empfunden wird", erklärt die Diätologin. Darum greift man vor allem gern dazu, wenn man viel Stress hat. Oder auch bei Langeweile, denn so wird das Belohnungssystem schnellstmöglich aktiviert. Darum empfiehlt Eder: "Chips und ähnliches Knabbergebäck sollte im besten Fall nur zum Genuss gegessen werden und keinesfalls zur Belohnung."

Welchen negativen Effekt ein Zuviel der salzigen Snacks auf die Gesundheit haben kann, zeigen auch verschiedene Studien. "Eine hohe Salzzufuhr kann eine Reaktion im Darm auslösen, die Entzündungen und Autoimmunerkrankungen fördert", erklärt die Ernährungsexpertin. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt deshalb auch eine Salzzufuhr von unter fünf Gramm täglich, der Durchschnittwert der Europäerinnen und Europäer liegt jedoch bei acht bis elf Gramm pro Tag.

Heißhunger durch Mangel an Elektrolyten

Aber nicht nur beim gemütlichen Fernsehabend überkommt einen manchmal die Lust auf würzige Chips. Auch in anderen Situationen kennt man diesen Heißhunger. Und dieser kann viele verschiedene Ursachen haben: Ein Mangel an Mineralstoffen, zu viel Stress oder auch zu geringe Flüssigkeitszufuhr können die Gründe sein. Eder erklärt: "Unser Körper kann durch spezielle Gelüste ein Signal geben. Bei Lust auf Knabbergebäck könnte ein Mangel an Elektrolyten schuld sein." So können etwa auch Saunagänge, ohne währenddessen genügend Wasser zu trinken, diesen Heißhunger auslösen. Der Grund: Beim Schwitzen gehen viele Elektrolyte verloren und werden durch einen hohen Salzgehalt schnell wieder aufgefüllt.

Wenn der Heißhunger jedoch durch emotionalen Stress wie Ärger, Frust oder auch Langeweile ausgelöst wird, dann können Bewegung, Meditation oder auch Sport entgegenwirken. Die Diätologin sagt aber auch: "Es spricht nichts dagegen, wenn man sich hin und wieder eine entsprechende Menge, etwa eine Handvoll, Genuss-Chips gönnt." Und dann ist es auch egal, ob diese aus Kartoffeln, anderem Gemüse oder Hülsenfrüchten gemacht sind. (Jasmin Altrock, 4.12.2022)