Foto von einer Großdemonstration in der Hauptstadt Peking.

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Während in den meisten Teilen der Welt nur noch wenige bis gar keine Corona-Schutzmaßnahmen aufrecht sind, hält die chinesische Regierung eisern an ihrer "Zero Covid"-Strategie fest. Doch die strikten Kontrollmaßnahmen und Bewegungseinschränkungen sorgen mittlerweile für massiven Unmut in der Bevölkerung. Seit einiger Zeit kommt es – für den diktatorisch geführten Milliardenstaat eine Seltenheit – zu Massenprotesten, vor allem in größeren Städten.

Trotz der "großen Firewall" finden Bilder, Videos und Texte über das Geschehen auch ihren Weg in die Weltöffentlichkeit. Ein wichtiger Kanal dafür ist der Kurznachrichtendienst Twitter. Dieser ist zwar offiziell geblockt, viele umgehen allerdings die Sperrmaßnahmen und nutzen ihn ob der Zensurmaschinerie als Informationsquelle und Vernetzungshilfe. Peking ist das offenbar ein Dorn im Auge. Nun war vor kurzem ein seltsames Phänomen in Zusammenhang mit den Demonstrationen zu beobachten. Nämlich ein massives Aufkommen an Spam.

Pornos und Glücksspiel statt Demo-Fotos

Wer etwa am Sonntag auf Twitter in Mandarin nach verschiedenen chinesischen Metropolen suchte, der fand dort zwar auch Neues zu den Protesten, musste sich dafür aber durch eine Flut an Postings wühlen, die Pornos, Escortservices und Glücksspiel bewarben.

Über mehrere Stunden wurde die Dokumentation der Demonstrationen damit effektiv "begraben". Nicht nur war Interessierten die Suche erschwert, auch als Top-Ergebnisse schienen hauptsächlich Spambeiträge auf.

Twitter-Kahlschlag begünstigte Kampagne

Es dauerte Stunden, bis sich die Posting-Lage wieder halbwegs normalisierte. Ein ehemaliger Twitter-Mitarbeiter erklärte gegenüber der "Washington Post", warum die Reaktion so träge ausgefallen war. Unter den vielen Leuten, die entweder unter der Führung von Musk entlassen wurden oder aus freien Stücken gegangen waren, seien viele gewesen, die für Menschenrechtsanliegen, Sicherheit und den Kampf gegen Manipulationskampagnen zuständig gewesen seien. Gerade von jenen, die als Analysten und Operatoren in Bezug auf China im Einsatz waren, hätten praktisch alle das Unternehmen verlassen.

Die Störpostings dürften großteils von automatisierten Accounts, sprich: Bots, verfasst worden sein. Einem Phänomen, dem Musk in Bezug auf Spam, Phishing und Desinformation eigentlich einen Riegel vorschieben wollte. Es ist auch nicht das erste Vorkommnis dieser Art und auch nicht das erste mit Konnex zu China.

2019 registrierte man eine plötzliche Flut an Beiträgen gegen die Proteste in Hongkong, wo Einwohner gegen die De-facto-Aufhebung freier Wahlen und strengere Sicherheitsgesetze auf die Straße gingen. Damals legte Twitter rund 1.000 Konten still, die man nach Analyse als Teil einer von der chinesischen Regierung vorangetriebenen Kampagne einordnete. (gpi, 29.11.22)