Huawei-Gründer Ren Zhengfei.

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Der Smartphone- und Hardwarehersteller Huawei dürfte sich weitgehend aus Europa zurückziehen, wie "Politico" berichtet. Demnach fährt der chinesische Telekomriese seine Lobbyarbeit im Westen zurück, reduziert seine Aktivitäten deutlich und gibt den Anspruch auf eine globale Rolle als Marktführer auf.

Das hat aber wenig mit unternehmerischen Gründen zu tun, sondern hat handfeste politische Ursachen. So verbot die US-Regierung den Verkauf und den Import von Kommunikationsgeräten des Herstellers. Diese würden ein inakzeptables Sicherheitsrisiko darstellen, teilte die US-Telekommunikationsbehörde FCC am Samstag mit. Ein historischer Schritt: Es kam zum ersten Mal vor, dass die FCC die Zulassung neuer Geräte aufgrund von Bedenken zur nationalen Sicherheit untersagte.

Am europäischen Markt kommt eine wachsende Skepsis gegenüber der Diktatur in China und einer möglichen technologischen Abhängigkeit hinzu. Laut dem Bericht wird sich Huawei auf den Heimatmarkt in China konzentrieren und den europäischen Überseemarkt weitgehend abschreiben. Huawei soll aber in Deutschland, Spanien und Ungarn weiterhin präsent bleiben, wo der chinesische Konzern offenbar nicht als Sicherheitsrisiko wahrgenommen wird.

"Unser Ideal heißt Überleben"

"Das ist keine Firma mehr, die auf der Welle der Globalisierung reitet", zitiert "Politico" einen Huawei-Manager. "Das ist ein Unternehmen, das versucht, seinen Hintern am Heimatmarkt zu retten." Ähnlich dürfte die Lage auch Gründer Ren Zhengfei sehen: In einer Ansprache an das Management im Firmenhauptquartier in Shenzhen machte er unter anderem die feindliche Haltung Washingtons und die Corona-Pandemie für die Probleme des Konzerns am westlichen Markt verantwortlich.

Außerdem wuchs mit dem russischen Angriff auf die Ukraine in Europa die Angst vor einer technologischen Abhängigkeit des alten Kontinents von China. Ein Faktor, der sich nicht mit günstigen Preisen kontern lässt. "Das Umfeld von 2019 war ein völlig anderes als heute", sagte Ren. "Nehmt nicht an, dass wir eine rosigere Zukunft vor uns haben", warnte der Gründer des Konzerns. Das heutige Ideal der Firma heiße Überleben, wird Ren zitiert.

Dass man den Markt in Europa aufgibt, zeigt sich in der Managementebene. So engagierte der Konzert noch vor einigen Jahren im großen Stil Führungskräfte in Europa, um die Marke Huawei auf dem Kontinent nach vorn zu bringen. Deren Stimmen werden aber laut dem Bericht kaum noch gehört. Außerdem wurde das Huawei-Büro in Brüssel, einst das Zentrum der Lobbyarbeit des chinesischen Konzerns, dem Büro in Düsseldorf unterstellt. In London, Paris, Warschau sollen Führungskräfte das Unternehmen verlassen haben.

Tochter des Gründers leitete Umbau ein

Der Wandel innerhalb Huaweis soll sich bereits im September 2021 angedeutet haben. Damals kehrte Meng Wanzhou, die Finanzchefin von Huawei und Tochter Rens, in den Hauptsitz des Unternehmens nach Shenzhen zurück, nachdem sie beinahe drei Jahre in Kanada verbracht hatte. Dort wurde sie verhaftet und später unter Hausarrest gestellt. Ihr drohte eine Auslieferung an die USA, weil sie Banken betrogen und US-Sanktionen gegen den Iran umgangen haben soll.

Rens Tochter gilt als Schlüsselfigur im Rechtsstreit und im PR-Krieg zwischen Washington und Huawei. Meng wurde stellvertretende Vorsitzende des Unternehmens und leitete einen Umbau des Unternehmens ein. Es gilt als wahrscheinlich, dass die 50-Jährige ihren 78-jährigen Vater an der Spitze des Konzerns beerben wird.

Update: Huawei widerspricht Berichten

Huawei widerspricht in einem Statement den Darstellungen von "Politico": Man habe lediglich die Geschäfte in Europa "integriert" und die Aufteilung nach Regionen aufgelöst. Stattdessen wird das Unternehmen vom Hauptsitz in Düsseldorf aus operieren. Man sei entschlossen, das Geschäft in Österreich auszubauen.

"Wir glauben an den Standort Österreich, haben ein stabil aufgestelltes Geschäft und werden unsere Investitionen in den Markt sowie unsere erfolgreichen Partnerschaften weiter intensivieren", so eine Unternehmenssprecherin.

In Österreich sind das beispielsweise das landwirtschaftliche Huawei-Pilotprojekt auf dem oberösterreichischen Nussböckgut, wo mithilfe von Drohnen Rebstöcke beobachtet werden und mit künstlicher Intelligenz analysiert wird, wann und wo der Einsatz von Wasser oder Pestiziden sinnvoll ist. Mittels 5G übermitteln die Drohnen ihre Erkenntnisse in Echtzeit an die Winzerinnen und Winzer und sollen so für mehr Ertrag sorgen.

Auch investiere man weiter in sogenannte Corporate-Social-Responsibility-Projekte wie die Tech4all-Initiative zur Biodiversitätsforschung im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel. Gemeinsam mit der Universität Wien und dem Nationalpark wurde ein akustisches Monitoring zur Beobachtung, Erforschung und Analyse mithilfe von künstlicher Intelligenz entwickelt.

"Darüber hinaus fördert Huawei heimische Studierende – allen voran mit dem 'Seeds for the Future Scholarship', das heuer mit insgesamt 220.000 Euro und nächstes Jahr mit 240.000 Euro dotiert ist", so das Unternehmen (pez, 29.11.2022)