Unlängst im Parlament, dem alten am Ring, das nun wieder wie neu aussieht. Draußen glänzen Säulen, Mauern und Pallas Athene, drinnen glänzten an diesem späten Novembertag die Abgeordneten, die geschliffene Reden hielten unter Applaus der ihnen lauschenden Parteifreundinnen und Parteifreunde. Doch selbst die Kolleginnen und Kollegen der gegnerischen Parteien klatschten freundlich Beifall – unter dem empathischen Blick der Nationalratspräsidentin.

Sitzungssaal des Nationalrates im Parlamentsgebäude in Wien.
Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

"Es tut mir leid, dass meine Parteikollegen in den vergangenen Jahren Fehler begangen haben. Es tut mir leid, dass wir mitunter vergaßen, vorbildhaft zu handeln. Es tut mir leid, dass wir Ethik, Anstand und Moral, wie sie uns unser Ehrenkodex vorschreibt, ausgeblendet haben und wir uns bestenfalls an den äußersten, kantigen Grenzen des Strafrechts orientiert haben. Wir werden es nun besser machen", versprach schließlich der Kanzler in seiner Rede im Hohen Haus.

Anstand und Moral? Einsicht und Selbstreflexion? Versöhnliche Stimmung im Hohen Haus? Echt jetzt?

Aber geh. Sicher nicht.

Doch es hätte sein können, dass einer der Komparsen, die vorige Woche unter Vorsitz der Parlamentsvizedirektorin (mimte die Nationalratspräsidentin) in einer Probesitzung den Echtbetrieb im renovierten Haus nachstellten, so etwas ins Mikrofon gesagt hat. Könnte einem doch einfallen, könnte man meinen.

Einem Komparsen jedenfalls. (Renate Graber, 29.11.2022)