Sophie Karmasin war von 2013 bis 2017 Familienministerin.

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In Österreich wird bald erneut ein früheres Regierungsmitglied vor Gericht stehen: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Anklage gegen die einstige Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) erhoben. Sie war im Zuge der sogenannten Causa Beinschab/Inserate vergangenen Herbst zur Beschuldigten geworden, in der Anklage geht es nun freilich um Ermittlungsstränge, die abseits davon stehen, wie zuerst "Heute" berichtet hat.

Sie ergeben sich einerseits aus den Aussagen ihrer früheren Mitarbeiterin Sabine Beinschab, die ja zur Kronzeugin wurde; andererseits aus Recherchen von ORF-Journalist Martin Thür. Beinschab hatte vor den Ermittlern ausgesagt, dass Karmasin sie und eine andere Meinungsforscherin gebeten hatte, Angebote für Studien an das Sportministerium zu legen, um als Bestbieterin zu erscheinen. Die WKStA ortet hier "wettbewerbsbeschränkende Absprachen". Mitangeklagt ist auch ein Abteilungsleiter im Sportministerium, der sich mit Karmasin dahingehend akkordiert haben soll, "bei welchen Unternehmen die im Vergabeverfahren erforderlichen Angebote eingeholt werden sollten".

Vorwurf: Gehaltsfortzahlung trotz Tätigkeit

Thür recherchierte zudem, dass Karmasin nach ihrer Zeit als Familienministerin eine Gehaltsfortzahlung bezog, obwohl sie laut Daten aus dem Ermittlungsakt bereits wieder als Meinungsforscherin tätig war. Eine Nebentätigkeit ist bei Gehaltsfortzahlung jedoch nicht erlaubt. Im Verfahren zeigte sich da, dass Karmasin Auftragnehmer um die spätere Rechnungslegung bei Aufträgen bat. Für die WKStA ist das "schwerer Betrug".

Die zwei Sachverhalte sollen vor einem Schöffengericht am Landesgericht für Strafsachen Wien verhandelt werden. Als Zeugen geladen werden unter anderem Sabine Beinschab und Straches früherer Kabinettsmitarbeiter Philipp Trattner. Eine Diversion für Karmasin schließt die WKStA aus, weil ihr "als ehemaliger (zudem in dieser Funktion auch für Sozialleistungen wie etwa die Familienbeihilfe zuständiger) Ministerin besondere Vorbildfunktion zukommt", wie es in der Anklageschrift heißt.

Karmasin-Verteidiger "zuversichtlich"

Anwalt Norbert Wess, der Karmasin gemeinsam mit Philipp Wolm verteidigt, bestätigt, dass die Anklage zugestellt wurde. Man habe sie noch nicht im Detail analysiert, sei aber "sehr zuversichtlich, dass wir dem Gericht unseren Standpunkt darlegen werden können". Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, Fabian Schmid, 29.11.2022)