USA gegen Iran: eine faire, aber durchaus hitzige Partie.

Foto: REUTERS/Matthew Childs

Christian Pulisic gibt alles für das Tor der USA.

Foto: Reuters/Darlington

Auch im sechsten Anlauf kommt der Iran nicht über die Gruppenphase bei einer WM hinaus.

Foto: EPA/Neil Hall

Phil Foden gewinnt mit England den "battle of britain" gegen Wales.

Foto: IMAGO/Pro Sports Images

Doppeltorschütze: Marcus Rashford.

Foto: AP/Frank Augstein

Wäre die Politik immer so sauber wie am Dienstagabend im Süden Dohas, die Welt wäre gewiss kein schlechterer Ort. Die USA setzten sich in einem hochpolitischen, aber zivilisiert geführten Spiel gegen den Iran 1:0 durch und sicherten sich damit den Einzug in das Achtelfinale gegen die Niederlande.

Im Vergleich zum ersten Gruppenspiel hatte sich das iranische Publikum verändert. Durch die verstärkten Repressalien der mutmaßlich durch iranische Kollegen verstärkten Sicherheitskräfte sah man deutlich weniger Protestbotschaften. Auch das Gerücht von eingeflogenen Regimeanhängern wirkte angesichts der gestiegenen Männerquote glaubwürdig. Den Spielern wurden laut CNN Verhaftung und Folter ihrer Familien angedroht, würden sie sich nicht "benehmen". Die meisten sangen bei der Hymne mit, zwei murmelten mit Minimaleinsatz. Von den Rängen kamen auch laute Pfiffe und Buhrufe.

Iranische Verzögerungen

Die sportliche Ausgangslage war weniger diffus: Die USA mussten für den Aufstieg gewinnen, dem Iran würde ein Remis reichen, solange Wales nicht England schlug. Dementsprechend waren die US-Boys offensiv bemühter, Stürmer Yunus Musah vergab per Dropkick die erste Chance (9.). Bei einem Pulisic-Kopfball musste Goalie Alireza Beiranvand erstmals eingreifen (11.). Die Iraner konterten nach 20 Minuten brauchbar, doch Mehdi Taremi fand Serdar Azmoun nicht.

In den Wartezeiten bei iranischen Abstößen und Einwürfen wäre sich für schnelle Leserinnen ein gutes Reclam-Buch ausgegangen. Timothy Weah köpfelte aus acht Metern, statt sich den Ball zu stoppen, und das noch dazu schlecht (28.). Aus zwölf Metern schoss er wuchtig drüber (33.). Das hätte sein Papa George, mittlerweile Präsident Liberias, besser gemacht.

Schmerzhaftes Tor

Sollte Christian Pulisic einst präsidiale Ambitionen entwickeln, hat er die ersten Stimmen Dienstagabend in der 38. Minute gewonnen: Weston McKennie hob das Kunstleder butterweich in den Strafraum, Dest köpfelte ideal zur Mitte und der Chelsea-Flügelspieler drückte den Ball über die Linie. Pulisic wurde danach von Beiranvand abgeräumt und auch da getroffen, wo es Männern besonders wehtut. Nur nach minutenlanger Behandlung konnte er weitermachen. Die verdiente 1:0-Führung war auch Zweikampfmaschine Tyler Adams zu verdanken, er glänzte als Herr des Mittelfelds. Weah und Josh Sargent verpatzten noch einen Konter, zudem schoss Ersterer ein Abseitstor, dann war Pause.

Das US-Offensivwerkl lief mit dem für Pulisic eingewechselten Ex-Salzburger Brenden Aaronson einigermaßen geschmiert weiter. Iranische Expeditionen blieben selten, der eingewechselte Saman Ghoddos köpfelte vom Fünfer in Bedrängnis drüber (52.). Beim "Team Melli" waren Wille und Konsequenz nun da. Minute 65: Querpass von rechts, Ghoddos schlenzt am langen Eck vorbei. Minute 70: Saeid Ezatolahi tut es ihm gleich.

Nun durften auch die Amerikaner kontern. Majid Hosseini zog bei seiner taktischen Grätsche zwar zurück, Sargent verletzte sich aber bei der Landung. Minute 82: Eine brandgefährliche iranische Flanke landete über Umwege bei US-Goalie Matt Turner, die iranischen Hand-Reklamationen fielen unter das Prinzip Hoffnung. Aaronson tanzte in den Strafraum, sein Lupfer war zu hoch für Shaq Moore (86.).

Der Iran brachte kaum gefährliche Bälle in den Sechzehner. Morteza Puraliganji hechtete zu einem Freistoß, sein Kopfball zischte am kurzen Eck vorbei (93.). Den Matchball vergab Taremi aus wenigen Metern grätschend, verzweifelte Elfer-Reklamationen schmetterte auch der VAR ab (99.).

Englands Dominanz

Beim "Battle of Britain" gab es einen spektakulären Doppelschlag und ein Jubiläumstor. Englands Jungstars haben ihre Ambitionen auf den ersten WM-Titel seit 56 Jahren eindrucksvoll unterstrichen und Wales um den alternden Gareth Bale ungerührt nach Hause geschickt. Mit zwei Toren binnen 96 Sekunden leiteten die "Three Lions" von Teammanager Gareth Southgate im Bruderduell nach einer klaren Leistungssteigerung im zweiten Durchgang den 3:0 (0:0)-Erfolg ein, zogen als Sieger der Gruppe B ins Achtelfinale ein und treffen am Sonntag auf den Senegal.

Marcus Rashford eröffnete mit einem direkt verwandelten Freistoß in der 50. Spielminute den Torreigen, später erzielte der Angreifer auch noch den 100. WM-Treffer für England (68.). Wenige Wimpernschläge nach der Führung hatte Phil Foden zum 2:0 (51.) getroffen. Der Weltmeister von 1966 träumt damit weiter vom zweiten großen Titel, vor vier Jahren in Russland ging es bis ins Halbfinale, bei der EM im vergangenen Jahr war im Endspiel Endstation. (Martin Schauhuber aus Doha, 29.11.2022)

Fußball-WM in Katar, Gruppe B (3. Runde):

Iran – USA 0:1 (0:1)
Doha, Al Thumama Stadium, SR Antonio Mateu (ESP)

Tor:
0:1 (38.) Pulisic

Iran: Beiranvand – Rezaeian, Pouraliganji, M. Hosseini, Mohammadi (45+2. Karimi) – Noorollahi (71. Torabi), Ezatolahi, Hajsafi (71. Jalali), Gholizadeh (77. Ansarifard) – Azmoun (46. Ghoddos), Taremi

USA: Turner – Dest (82. Moore), Carter-Vickers, Ream, Robinson – McKennie (65. Acosta), Adams, Musah – Weah (82. Zimmerman), Sargent (77. Wright), Pulisic (46. Aaronson)

Gelbe Karten: M. Hosseini, Kanaanizadegan (von der Bank aus), Jalali bzw. Adams

Wales – England 0:3 (0:0)
Al Rayyan, Ahmad bin Ali Stadium, 44.297 Zuschauer, SR Vincic (SLO)

Tore:
0:1 (50.) Rashford
0:2 (51.) Foden
0:3 (68.) Rashford

Wales: Ward – N. Williams (36. Roberts), Mepham, Rodon, B. Davies (59. Morrell) – Ampadu, Allen (81. Colwill) – Bale (46. Johnson), Ramsey, D. James (77. H. Wilson) – Moore

England: Pickford – Walker (57. Alexander-Arnold), Stones, Maguire, Shaw (65. Trippier) – J. Henderson, Bellingham, Rice (58. Phillips) – Foden, Kane (57. C. Wilson), Rashford (76. Grealish)

Gelbe Karten: James, Ramsey