Graf ist Mitglied der Burschenschaft Olympia, die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestuft wird.

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Wien – Der Hauptausschuss des Nationalrates hat eine Entscheidung über die Besetzung des Kuratoriums des Nationalfonds der Republik am Mittwoch vertagt – weil die FPÖ Martin Graf anstelle von Dagmar Belakowitsch vorgeschlagen hat. Graf ist Mitglied der als rechtsextrem eingestuften Burschenschaft Olympia. Die Aufgabe des Nationalfonds ist die Unterstützung von Opfern des Nationalsozialismus. Alle anderen Parteien waren gegen Grafs Entsendung und vertagten die Wahl.

Dies war, so die Parlamentskorrespondenz, ein ungewöhnlicher Vorgang. Die FPÖ beklagte denn auch einen Bruch mit den Gepflogenheiten des Hohen Hauses, denen zufolge jede Fraktion selbstständig Mitglieder nominieren könne.

Nominierung Grafs sei "No-Go"

Sobotka hatte den auf Graf lautenden Wahlvorschlag formal eingebracht, die Kür wurde aber mit der breiten Mehrheit von ÖVP, Grünen, SPÖ und Neos vertagt. Grafs Nominierung sei eine Provokation, konstatierte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried eine Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus und ihrer Angehörigen. Für Martin Engelberg (ÖVP) ist es ein "No-Go", jemanden wie Martin Graf für eine solche Aufgabe zu nominieren. Denn dieser sei Mitglied der Burschenschaft Olympia – wo regelmäßig Rechtsradikale, Neonazis und Geschichtsrevisionisten zu Gast seien. Die Burschenschaft wird vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem eingestuft.

Es sei den Opfern des Nationalsozialismus und ihren Hinterbliebenen nicht zumutbar, dass ein "mit Rechtsextremismus erfahrener" Abgeordneter im Nationalfonds eine Stimme habe, stellte Eva Blimlinger (Grüne) fest. Sie erinnerte, wie auch Nikolaus Scherak (Neos), an den Protest der Israelitischen Kultusgemeinde, als Martin Graf als Dritter Nationalratpräsident (2008 bis 2013) von Gesetzes wegen Kuratoriumsmitglied war: Der damalige IKG-Präsident stellte seine Funktion im Kuratorium ruhend. Die damalige Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) verwehrte Grafs Berufung in das Komitee, das über die Zuerkennung von Leistungen an NS-Opfer entscheidet.

Zwei Ordnungsrufe für FPÖ-Abgeordnete

Wolfgang Gerstl (ÖVP) betonte, man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, entgegen der üblichen Vorgangsweise im Parlament zu verfahren. Immerhin werde der Wahlvorschlag aber nicht abgelehnt, sondern lediglich vertagt. Damit wolle man der FPÖ die Möglichkeit geben, ihre Nominierung zu überdenken. Auch Leichtfried appellierte an die FPÖ, eine andere Person vorzuschlagen.

Danach sah es am Mittwoch jedoch nicht aus: Vizeklubchefin Belakowitsch kritisierte in einer Aussendung, dass man der FPÖ das Recht auf Nominierung nehmen wolle. Sie empörte sich sowohl über "linken Gesinnungsterror in Reinkultur" als auch darüber, dass die Grünen Graf als Rechtsextremen "verunglimpft" hätten.

Im Ausschuss erklärte sie, sie verstehe nicht, wo die Provokation liege. Ihr Fraktionskollege Christian Hafenecker vermutete als Hintergrund der Diskussion, dass sich Blimlinger für die Koalition mit der ÖVP schäme, die er mit Korruption in Verbindung brachte. Für diese Äußerung erteilte ihm Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, wie dieser sagte, den ersten Ordnungsruf in der Geschichte des Hauptausschusses. Ein zweiter erging gleich noch an Belakowitsch für die Aussage, dass der "Gesinnungsterror mittlerweile wichtiger als die Usancen im Haus" sei. (APA, red, 30.11.2022)