2017 wurde Pachner für die Rolle der Wally Neuzil im Film "Egon Schiele: Tod und Mädchen" mit dem Österreichischen Filmpreis und einer Romy ausgezeichnet.
Foto: Robert Newald Photo

Salzburg – Die Salzburger Festspiele richten sich im Interesse eines weltweit anreisenden Publikums zunehmend international aus. Das könnte sich auch in den Besetzungen niederschlagen. Ob mit der erst kürzlich designierten Schauspieldirektorin ab 2024, Marina Davydova, alsbald eine Buhlschaft-Darstellerin jenseits des deutschsprachigen Raums Einzug halten wird, ist abzuwarten. Noch ist es nicht so weit. In dieser größten Nebenrolle der Welt agiert laut Kurier im kommenden Sommer die Österreicherin Valerie Pachner.

Michael Maertens folgt im kommenden Jahr auf Lars Eidinger als Jedermann.
Foto: APA / HERBERT NEUBAUER

Aller Voraussicht nach wird sie das wie zuletzt viele ihrer Vorgängerinnen nur eine Spielzeit lang machen. Denn einerseits endet danach die Verantwortung der noch amtierenden Schauspielchefin Bettina Hering, andererseits ist Pachner im internationalen Filmgeschäft inzwischen so gut verankert, dass für den Salzburger Domplatz eventuell keine Zeit mehr bleibt. Am Donnerstag wird sie dazu im Rahmen einer Pressekonferenz mehr verraten können.

Jedermann Michael Maertens

Die Titelrolle im Jedermann übernimmt Michael Maertens. Der Burgschauspieler könnte angesichts dieser frühzeitig nach außen gedrungenen Nachricht und des nun einsetzenden überproportionalen Medieninteresses für die Besetzung seiner Gefährtin eifersüchtig sein. Alle Aufmerksamkeit richtet sich auf Pachner (35), die nach einem mehrjährigen Engagement am Münchner Residenztheater unter Martin Kušej bis dato vor allem als Filmschauspielerin reüssierte. Mit Terrence Malicks Jägerstätter-Film Ein verborgenes Leben hat sie 2019 bereits Cannes-Luft geschnuppert. Weiters spielte sie in Filmen von Marie Kreutzer und Maria Schrader.

Gewichtiger als die Buhlschaft ist im Stück von Hugo von Hofmannsthal bekanntlich der reiche Lebemann; die Beweisführung dafür tritt also Maertens in dieser für Österreich so ultimativen Theaterrolle an. Maertens galt seit geraumer Zeit als Kandidat für Salzburg, ein Engagement erschien insofern nur eine Frage der Zeit. Als Spross einer Hamburger Theaterdynastie erfüllt er zunächst einmal den für diese Titelrolle wichtigen Tatbestand der "Berühmtheit". Vor allem aber genießt der Kammerschauspieler, seit 2009 fest im Burgensemble, einen Ruf als erstklassiger und hochdekorierter Darsteller.

Der 59-Jährige ist nachgerade ein Fachmann für Rollen, die eine Mischung aus Unbekümmertheit und Gebrochenheit vereinen. Diese Spannung wird er als von Gott zu sich berufener Verschwender Jedermann ausleuchten. Übrigens: Als Fabrikant Friedrich Hofreiter in Schnitzlers Das weite Land gibt Maertens im Akademietheater derzeit ein bemerkenswertes Exempel dieser Kunst.

Treueverhältnisse

Wie oft in der historischen Dramenliteratur obliegt es den Frauenrollen, dem leidenden Titelhelden zuzuspielen. Daran lässt sich auch beim Jedermann nicht rütteln. Als würde man diese Diskrepanz ein Stück weit relativieren wollen, wächst das Interesse an der Nebenrolle der Buhlschaft Jahr für Jahr an. Die Neubesetzung fungiert zudem als Werbemotor für die nächstfolgende Festspielzeit.

Wer wird sie spielen? Wie wird sie die Rolle gestalten? Und wie wird sie dabei aussehen? Brigitte Hobmeier (2013–2015) gehörte in den letzten zwei Jahrzehnten zu den wenigen Schauspielerinnen, die der Buhlschaft länger als zwei Sommer treu blieben. Viele gingen gar nur einjährige Liaisons ein: Sophie Rois (1998), Marie Bäumer (2007), Miriam Fussenegger (2016), Valery Tscheplanowa (2019) und Caroline Peters (2020).

Verena Altenberger, die an der Seite von Lars Eidinger im vergangenen Sommer abgedankt ist, wird als Kurzhaar-Buhlschaft in die Annalen eingehen. Daran lässt sich auch ablesen, wie sehr diese Dramenfigur zu einem Gradmesser für Weiblichkeitsbilder geworden ist, über die eine Gesellschaft "angeregt" verhandelt. Was Pachner mit diesem Auftrag machen wird, sehen wir im nächsten Sommer. (Margarete Affenzeller, 30.11.2022)