Das Atomkraftwerk Paks in Ungarn kann ausgebaut werden.

Foto: Nora Laufer

Luxemburg – Österreich hat in seinem einsamen Kampf gegen die Atomkraft einen weiteren Rückschlag erlitten: Wie das Gericht der Europäischen Union (EuG) am Mittwoch mitteilte, sind die staatlichen Beihilfen Ungarns für zwei neue Kernreaktoren des Atomkraftwerks Paks zulässig (EuG 30.11.2022, T-101/18).

Österreich hatte gegen die Subventionen geklagt und unter anderem geltend gemacht, dass sie zu unverhältnismäßigen Wettbewerbsverzerrungen führen. Erfolgreich war das juristische Vorgehen nicht – zumindest vorerst. Theoretisch könnte Österreich Rechtsmittel einlegen und ans Höchstgericht, den Europäischen Gerichtshof (EuGH), ziehen. Die Chancen Österreichs wären dabei aber "sehr gering", sagt Walter Obwexer, Professor für Europarecht an der Universität Innsbruck.

Russland ist beteiligt

Das Atomkraftwerk Paks, das südlich von Budapest an der Donau liegt und rund 180 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt ist, wurde in den 1980er-Jahren gebaut. Vor knapp zehn Jahren entschied sich Ungarn dazu, die vier bestehenden Reaktoren um zwei zu erweitern, die die alten schrittweise ablösen sollen.

Finanzieren sollte den Ausbau ein Kredit in der Höhe von zehn Milliarden Euro, der Ungarn von Russland gewährt wurde. Grundlage ist ein zwischenstaatliches Abkommen über die "Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung von Kernenergie".

Umstrittenes Vorhaben

Das Vorhaben war von Anfang an umstritten: Da der Bau zunächst nicht ordentlich ausgeschrieben wurde, leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Später stellte sie das Verfahren allerdings ein. Und auch gegen die staatlichen Beihilfen hatte die EU-Behörde nichts auszusetzen.

Beihilfen müssen von der EU-Kommission bewilligt werden, damit Unternehmen, die staatliche Unterstützung bekommen, nicht unverhältnismäßig bevorzugt werden. Eine solche Bevorzugung ist aus Sicht der Kommission hier aber nicht vorgelegen. In einem Beschluss von 2017 wurden die Subventionen als "mit dem Binnenmarkt vereinbar" erklärt.

Mitgliedsstaaten bei "Energiemix" frei

Österreich zog daraufhin gegen diesen Genehmigungsbeschluss vor Gericht. Vereinfacht gesagt beschwerte sich die Bundesregierung darüber, dass die EU-Kommission die Beihilfe bewilligte, obwohl es Ungereimtheiten bei der Auftragsvergabe gab. Abgesehen davon machte sie geltend, dass die Beihilfen sehr wohl zu Marktverzerrungen führen – auch wenn die Kommission das anders sah.

Das Gericht wies die Argumente Österreichs nun zurück: Im Verfahren darüber, ob eine staatliche Beihilfe gerechtfertigt ist, muss die Kommission nicht auch die Einhaltung der Regeln bei der Ausschreibung prüfen. Abgesehen davon sei das Vertragsverletzungsverfahren wegen der Auftragsvergabe bereits eingestellt worden.

Auch das Argument Österreichs, dass die Atomkraftbeihilfen Erzeuger erneuerbarer Energien vom Strommarkt verdrängen, ließ das Gericht nicht gelten. Mitgliedsstaaten stehe es frei, die Zusammensetzung ihres Energiemixes selbst zu bestimmen. Die Kommission könne nicht verlangen, dass staatliche Mittel für alternative Energiequellen verwendet werden.

Zweite gescheiterte Klage

Auch bei einer Klage gegen die Staatsbeihilfen für das geplante britische Atomkraftwerk Hinkley Point C musste Österreich in der Vergangenheit eine Niederlage einstecken. Die Regierung hatte 2015 gegen die Beihilfen geklagt. Das Gericht der Europäischen Union wies die Klage 2018 in erster Instanz ab, 2020 wurde das Urteil nach einem Einspruch Österreichs bestätigt.

Eine weitere Klage ist offen: Im Oktober beschwerte sich Österreich beim EuGH gegen die Pläne der EU-Kommission, Atomenergie in der sogenannten Taxonomie-Verordnung als nachhaltig einzustufen. Auch hier schätzt Obwexer die Chancen Österreichs als eher gering ein. Die Taxonomie-Verordnung definiere "grüne" Wirtschaftstätigkeiten anders als der allgemeine Sprachgebrauch. Laut Verordnung gehe es allein um die Frage, ob CO2 eingespart wird. Und das sei bei Atomkraft unzweifelhaft der Fall. (Jakob Pflügl, 30.11.2022)