Theatrale Installation im retrofuturistischen Zauber der Alten Wirtschaftsuni in Wien.

Foto: Viktor Metyko

Die 2018 gegründete Gruppe "Darum" schaut in ihren dokumentarisch angelegten Arbeiten dorthin, wo es wehtut. In Was bleibt? waren es 2019 "einsame Begräbnisse", wofür die Gruppe im Werk X Petersplatz aufwendig eine Spurensuche entwarf und das Publikum danach zum Zentralfriedhof chauffierte. In Heimweh geht es nun um den jahrzehntelangen Missbrauch an Wiener Heimkindern.

Für die Koproduktion mit dem Wuk ist die Alte WU in der Augasse ein kongenialer Schauplatz. Klassisches Theater hat man nicht zu erwarten. Vier Räume und eine Dachterrasse werden mit einer theatralen Installation bespielt, in insgesamt drei "Versuchen" durchstreift man sie. Der erste "Versuch" widmet sich den Erfahrungen der Opfer.

Vier fabelhafte Kinderdarsteller erwarten einen dabei in einem Raum mit Aktenordnern. Man darf darin blättern, aber sie tragen die juristischen Dokumente und psychologischen Protokolle auch murmelnd vor. Im nächsten Raum erheben sie zu funzeligen Opferkerzen Schadenersatzforderungen und adressieren späte reuevolle Politikerreden.

Möglichkeiten der Location

Der zweite Teil nimmt nach einer kurzen Pause die Institutionen (Behörden, Wissenschafter, Medien) und deren Versagen in den Blick. Der Sound kommt aus Kopfhörern, man schaut dazu über eine Dachterrasse hinweg auf Videoprojektionen. Großartig, wie nicht nur hier mit den Möglichkeiten der Location (Bühne: Andrea Meschik) gespielt wird! Für den dritten "Versuch" werden mit Sitzsäcken intime Hörstationen für persönliche Geschichten aufgebaut.

Dieser letzte Teil hätte straffer ausfallen können, dennoch beeindrucken die vier Stunden (Regie: Victoria Halper, Kai Krösche). Formal zeigt sich Heimweh so einfalls- und abwechslungsreich, wie es inhaltlich bedrückend und informativ gelingt, ohne zu erschlagen. (wurm, 30.11.2022)