Wolfgang Fellner und sein Mobiltelefon – was ist geschützt vor Behördenzugriff?

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Wien – Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) darf die beschlagnahmten Daten von den Mobiltelefonen von Journalist und Herausgeber Wolfgang Fellner und Manager und Berater Helmuth Fellner auswerten, entschied das Landesgericht Wien. Die Fellners sehen darin den "schwersten Bruch des Redaktionsgeheimnisses" und legen dagegen Beschwerde ein. Wie sehen das erfahrene Medienrechtler?

Weitreichender Schutz

"Das Redaktionsgeheimnis ist in Österreich ein absolutes Recht, das sehr weitreichend gilt", sagt Rechtsanwältin Maria Windhager, die auch für den STANDARD arbeitet. Dieses Redaktionsgeheimnis darf auch nicht umgangen werden, indem Behörden etwa Mobiltelefone und Unterlagen in Redaktionen beschlagnahmen. Für den besonderen Schutz des Redaktionsgeheimnisses ist in Ermittlungsverfahren das Gericht zwischengeschaltet, um zu prüfen, betont sie.

Wenn Behörden also etwa Mobiltelefone von Journalistinnen und Journalisten beschlagnahmen – wie die WKStA im Herbst 2021 bei einer Hausdurchsuchung zur Inseraten- und Umfrageaffäre –, dann können die Betroffenen Widerspruch gegen die Auswertung einlegen.

Da können sich die Betroffenen aber nicht pauschal auf das Redaktionsgeheimnis berufen, betont Windhager. Die Fellners haben diesen Schutz wie berichtet aber etwa auch auf Kalendertermine wie "Auto abholen" oder "Fußpflege" beansprucht und nur 0,4 Prozent der Einträge freigegeben. Auch Rechnungen an das Finanzministerium haben die Fellners nach früheren Angaben nicht freigegeben.

"In jedem Punkt argumentieren"

"Man muss sich – ein gewaltiger Aufwand – genau anschauen und in jedem Punkt sehr konkret argumentieren, warum etwas unter das Redaktionsgeheimnis fällt und deshalb von den Behörden nicht verwendet werden darf", betont Medienanwältin Windhager.

Unter diesen Schutz würde nach ihrer Einschätzung weder Kommunikation über Anzeigenschaltung fallen noch persönliche Bemerkungen gegenüber Kolleginnen und Kollegen, etwa über ihr Aussehen. Fußpflegetermine etwa ließen sich nur unter diesen Schutz einordnen, wenn sie erklärbaren Recherchezwecken dienten.

Das Straflandesgericht beurteilte die Argumentation der Fellners und ihrer Anwälte offenbar nicht als ausreichend, um die sichergestellten Handydaten vom Redaktionsgeheimnis geschützt zu sehen.

Die aktuelle Causa – Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und Fellners – ist nach der Entscheidung des Landesgerichts nun an einem juristisch spannenden Punkt: Können die Fellners und ihre Anwälte in der Beschwerde über die erste Entscheidung nun die sachliche, konkrete und detaillierte Argumentation, was in den beschlagnahmten Daten warum unter das Redaktionsgeheimnis fällt, noch nachreichen?

Schwerwiegender Grundrechtseingriff

Die Möglichkeit ist unter Juristinnen und Juristen umstritten. Windhager sieht sie auch in diesem Beschwerdeverfahren gegeben: "Es geht hier um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff." Es wäre aus ihrer Sicht wesentlich, dass eine solche inhaltliche Konkretisierung für jene Inhalte noch möglich ist, die unter den Schutz des Redaktionsgeheimnisses fallen können.

In der relativ kurzen Beschwerdefrist sei ein solcher Nachweis allerdings eine Herausforderung für die Betroffenen und ihre Anwälte. Die Fellners haben sich schon für die Sichtung und Definition der Daten vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mehrere Monate ausbedungen. (fid, 30.11.2022)