Wie kann man heute noch bauen? Ohne Keller zum Beispiel.

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Steigende Zinsen, strengere Kreditvergabe-Richtlinien und die ohnehin schon hohen Preise treiben derzeit vielen Häuslbauerinnen und Häuslbauern Sorgenfalten auf die Stirn. Viele sind unschlüssig, ob sie mit ihrem Bauprojekt beginnen sollen oder doch lieber warten, wie ein Rundruf des STANDARD bei Hausbau-Unternehmen zeigt.

Angesichts der hohen Preise wird schon seit längerem bei der Planung an allen Schrauben gedreht. Ein großer Kostenfaktor ist der Keller, auf den die meisten heute verzichten. "Ein Keller hat nicht mehr die Funktion, die er früher hatte", sagt Georg Niedersüß, Geschäftsführer von Griffner Haus. Früher habe man einen Keller gebraucht, um das Haus von unten zu dämmen. Außerdem brauchte man den Keller, um Heizung, Lager- und Vorratsräume unterzubringen.

Kein Vorratsraum mehr

Die meisten Häuslbauerinnen und Häuslbauer setzen mittlerweile aber auf eine Wärmepumpe. Die drei bis vier Quadratmeter an Technikraum, die dafür nötig sind, bringt man auch im Erdgeschoß unter. Und einen Vorratsraum würden heute die wenigsten einplanen, sagt Niedersüß, "maximal einen Weinkeller, aber das geht auch mit einem guten Weinklimaschrank".

Ganz unumstritten ist es nicht, ohne Keller und dafür mit Bodenplatte zu bauen: "Die Elterngeneration sagt oft: Ein Haus ohne Keller ist kein Haus", sagt Niedersüß. Mit diesen Vorstellungen würden die Jungen dann oft zur Planung kommen. "Aber wenn es Spitz auf Knopf steht, wird der Keller geopfert."

Etwa 50.000 Euro Baukosten lassen sich ohne Keller nämlich einsparen. Wer den Keller dann zum Wohnraum ausbauen will, müsste noch einmal 500 Euro pro Quadratmeter in die Hand nehmen. Das ist viel Geld, das im Zweifel heute lieber in andere Bereiche des Hauses gesteckt wird.

Bauen in Hanglage

Auf den Keller wird auch beim Fertighausanbieter Hartl Haus bei zwei Dritteln der Aufträge heute verzichtet. "Die Kunden haben lieber einen zusätzlichen Raum im Außenbereich, der ebenerdig zugänglich ist", sagt Pressesprecherin Cornelia Bauer. Und dort, wo noch ein Keller gebaut wird, wird dieser häufig wie ein Wohnraum gestaltet.

Gebaut wird ein Keller aber nach wie vor in Hanglage oder bei sehr engen Grundstücken. Daher werden in Tirol auch tendenziell noch mehr Keller gebaut, wie Stefan Auer, Geschäftsführer des Tiroler Bauunternehmens Auer Bau, berichtet. Dafür aber aus Kostengründen auf Garagen oder große Terrassen verzichtet.

Ähnliches beobachtet Maximilian Etzenberger, Geschäftsführer des oberösterreichischen Unternehmens Etzi-Wohnbau: "Garagen werden zu Carports und Fertigteilgaragen", sagt er, manche würden diese mittlerweile aber auch ganz weglassen.

Weniger Platz

Und dann wird natürlich auch der Wohnraum selbst optimiert. Angesichts hoher Grundstückskosten geht der Trend vermehrt in Richtung Doppelhaushälfte auf kleinen Grundstücken, was auch Raumplanerinnen und Raumplaner, die über die Versiegelungsproblematik in Österreich seit Jahren den Kopf schütteln, freuen dürfte. Die Wohnflächen schrumpfen seit Jahren, wird in der Branche betont: "Große Galeriebereiche führen wir relativ selten aus", sagt Cornelia Bauer von Hartl Haus zum Beispiel.

Ein 120-Quadratmeter-Haus für eine vierköpfige Familie ist heute keine Seltenheit mehr – auch wenn manche zu Beginn der Planung noch ein 180-Quadratmeter-Haus im Kopf haben. Bei Hartl Haus hat man seit kurzem eine Partnerschaft mit einem Experten für Immobilienfinanzierungen, um gleich zu Beginn des Vorhabens einen Finanzcheck zu machen. "Relativ wenige fallen da wieder raus", sagt Bauer. Die meisten hätten sehr realistische Vorstellungen.

Der Traum vom Haus

Das tatsächliche Traumhaus kann sich heute dennoch nur noch ein kleiner Prozentsatz verwirklichen, sagt Etzenbeger: "Der Rest sucht Wohnraum."

Nun hofft man in der Branche darauf, dass die Regierung bei den Immobilienkreditvergabe-Richtlinien einlenkt. Zumindest eine Evaluierung wurde, wie berichtet, angekündigt. "Das würde schon Schwung zurückholen", sagt Etzenberger.

Klar ist in ungewissen Zeiten aber nur eines: Zumindest der Traum vom Eigenheim lebt. (Franziska Zoidl, 1.12.2022)