Stewart Rhodes, Anführer der rechtsextremen Miliz "Oath Keepers", hat nach Ansicht einer Washingtoner Geschworenenjury ein Komplott geschmiedet, um Joe Bidens Wahl zu verhindern.

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Dass seit der Midterm-Wahl die Zeit für Joe Bidens Demokraten tickt, stand von vornherein fest: Nur mehr bis Jahresende verfügt man im Repräsentantenhaus über eine – wenn auch knappe – Mehrheit. Was die Demokraten an politisch ambitionierten Projekten also jetzt nicht durchbringen, dürfte also auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden.

Entsprechend legte sich der Präsident auch rhetorisch ins Zeug, als er am Dienstagabend (Ortszeit) für ein neues Bundesgesetz warb, mit dem das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe nach dem Willen der Demokraten künftig per Bundesgesetz geschützt werden soll: "Liebe ist Liebe, und Amerikaner sollten das Recht haben, die Person zu heiraten, die sie lieben."

Bidens Worte sollten nicht ungehört verhallen: Der US-Senat, in dessen Reihen Demokraten und Republikaner jeweils 50 der 100 Sitze innehaben, votierte mit einer überparteilichen Mehrheit von 61 zu 36 Stimmen für einen entsprechenden Gesetzesentwurf. Ein erstaunliches Ergebnis: Zwar kamen sämtliche Gegenstimmen von republikanischer Seite, gleichzeitig stimmten zwölf Republikaner mit den Demokraten und für den potenziell historischen Gesetzesentwurf.

Übergreifende Einigung

Noch im Sommer, vor den politisch so brisanten Midterms also, hatte man der von den Demokraten schon seit Jahren geplanten Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen auf Bundesebene nur geringe Chancen eingeräumt – als zu heikel galt das Thema vielen Republikanern, als dass sie klar Stellung beziehen wollten. Zwar bescheinigen Umfragen dem Ansinnen eine Mehrheit unter den US-Bürgerinnen und US-Bürgern, auch unter Republikanern. Obwohl ein erster Entwurf schon im Sommer das Repräsentantenhaus passiert hatte, muss dessen adaptierte Version nun, nach dem erfolgreichen Votum im Senat, noch einmal durch die Kammer. Dort gilt die Zustimmung aufgrund der demokratischen Mehrheit jedoch als so gut wie sicher.

Eigentlich wurden Ehen zwischen Mann und Mann beziehungsweise Frau und Frau ("Ehe für alle") in den USA schon 2015 durch eine Entscheidung des Obersten Gerichts 2015 legalisiert. Der Urteilsspruch erklärte ein Gesetz von 1996 für verfassungswidrig, in dem Ehe als ein Bund zwischen einem Mann und einer Frau definiert wurde.

Seitdem es im Supreme Court aber eine klare rechtskonservative Mehrheit unter den Richterinnen und Richtern gibt, die dieses Jahr etwa das Recht auf Abtreibung rückgängig machte, machte sich unter den Demokraten und der LGBTQ-Gemeinschaft Angst breit, das Gericht könnte auch die Ehe zwischen Menschen gleichen Geschlechts infrage stellen. Das nun auf den Weg gebrachte Gesetz würde zwar keinen US-Bundesstaat zwingen, gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung zu erlauben. Wohl aber würde es die Staaten zur Anerkennung aller Ehen verpflichten, die andernorts legal geschlossen wurden. Bestehenden Ehen würde zudem Schutz garantiert.

Rhodes verurteilt

Wenige Kilometer vom US-Kongress entfernt beschäftigte sich eine Geschworenenjury mit einem anderen Kapitel der Präsidentschaft Joe Bidens – deren Beginn. Am 6. Jänner 2021 hatte ein rechtsextremer Mob, aufgestachelt vom damals noch amtierenden Präsidenten Donald Trump, versucht, die Bestätigung von Bidens Wahlsieg im US-Kapitol zu verhindern. Stewart Rhodes, Anführer der rechtsextremen Miliz "Oath Keepers", wurde gemeinsam mit Mitangeklagten vorgeworfen, ein Komplott geschmiedet zu haben – mit dem Ziel, den demokratischen Machtwechsel nach der Präsidentenwahl 2020 mit Gewalt zu hintertreiben.

Rhodes und seine Komplizen, so das Justizministerium, hätten unter anderem die Anreise nach Washington im Jänner 2021 geplant sowie Waffen und paramilitärische Ausrüstung organisiert. Mehrere der Angeklagten seien in das Parlamentsgebäude eingedrungen, andere hätten sich außerhalb des Kongresssitzes und teils vor den Grenzen der Stadt um weitere Koordinierung gekümmert.

Äußerst seltener Vorwurf

Nach mehrtägiger Beratung sprachen die Geschworenen den 75-jährigen Texaner am Dienstagabend unter anderem des politisch brisanten und äußerst selten verhandelten Delikts der "aufrührerischen Verschwörung" schuldig.

Wie lange Rhodes, der die Vorwürfe während des Prozesses mit den Worten leugnete, keinerlei Pläne für den Angriff auf das Kapitol gehegt zu haben, nun hinter Gitter muss, steht noch nicht fest – wann das Strafmaß verkündet wird, ebenso wenig. 20 Jahre Haft sieht das Gesetzbuch für das Delikt maximal vor. Die Anwälte des Rechtsextremen gaben sich enttäuscht: "Es wurden keine Beweise vorgelegt, die darauf hinweisen, dass es einen Plan gab, das Kapitol anzugreifen."

Justizminister Merrick Garland hingegen sieht sich bestätigt: "Das Justizministerium ist entschlossen, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die für den Angriff auf unsere Demokratie strafrechtlich verantwortlich sind." (Florian Niederndorfer, 30.11.2022)