Die Angeklagten kommen im Gerichtssaal an.

Foto: APA / AFP / Didier Lebrun

Brüssel – Es ist das größte Verfahren vor einem Schwurgericht, das jemals in Belgien stattgefunden hat: In Brüssel hat am Mittwoch der Prozess um die islamistischen Anschläge von 2016 begonnen. Bei dem unter hohen Sicherheitsvorkehrungen in der belgischen Hauptstadt stattfindenden Prozess sind zehn Männer angeklagt, an den Anschlägen mit 32 Toten und hunderten Verletzten beteiligt gewesen zu sein.

Von den zehn Angeklagten waren neun am Mittwoch im Gerichtssaal im früheren Nato-Hauptquartier anwesend. Dem zehnten Angeklagten, Oussama Atar, wird in Abwesenheit der Prozess gemacht; es wird vermutet, dass er in Syrien zu Tode gekommen ist.

Ein Angeklagter bereits in Frankreich verurteilt

Unter den Beschuldigten im Gerichtsaal befand sich auch der Islamist Salah Abdeslam. Der 33-Jährige wurde bereits im Juni in Frankreich wegen seiner Beteiligung an der Vorbereitung der Pariser Anschläge vom November 2015 mit 130 Todesopfern zu lebenslanger Haft verurteilt. Er ist der einzige Überlebende des Pariser Terrorkommandos.

Die Ermittler gehen davon aus, dass dieselbe Gruppe hinter den Anschlägen in Brüssel und in Paris steckt. Von den nun in Brüssel Angeklagten wurden außer Abdeslam fünf weitere bereits im Pariser Prozess wegen ihrer Verwicklung in die dortigen Anschläge verurteilt.

Aufregung um Panzerglaskasten

Am ersten Prozesstag ging es im Gerichtssaal um die Bildung der aus Bürgerinnen und Bürgern bestehenden Geschworenenjury. In Belgien werden terroristische Straftaten von zwölf Personen beurteilt, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden und drei Berufsrichterinnen und -richtern zur Seite stehen.

Zusätzlich werden 24 Ersatzgeschworene bestimmt, um bei eventuellen Abwesenheiten keine Ausfälle zu haben. Laut Gesetz muss die Zahl von zwölf Geschworenen strikt eingehalten werden, da sonst das Verfahren ungültig wird.

Die Verhandlung soll dann kommenden Montag eröffnet werden. Eigentlich hätte der Prozess im Oktober beginnen sollen, aber Mitte September hatten sich mehrere Angeklagte geweigert, in einem in Zellen unterteilten Panzerglaskasten Platz zu nehmen. Die Anwälte kritisierten, ihre Mandanten würden darin wie Tiere zur Schau gestellt. Die vorsitzende Richterin Laurence Massart ordnete den Umbau an, was den Prozessbeginn um fast zwei Monate verzögert.

Verhandlung bis Juni angesetzt

Am Mittwoch nahmen sieben der neun Angeklagten in dem neu gebauten Glaskasten Platz. Die zwei weiteren Beschuldigten sind derzeit nicht in Haft und durften deshalb davor Platz nehmen. Einer der beiden verließ am frühen Nachmittag den Gerichtssaal und meldete sich krank.

Bis Juni kommenden Jahres ist der Prozess angesetzt. Dabei werden die Reihen der Opferangehörigen voraussichtlich gut gefüllt sein. Mehr als tausend Menschen meldeten sich laut Staatsanwaltschaft als Nebenkläger.

Bei den Selbstmordattentaten in Brüssel am 22. März 2016 hatten sich mehrere Täter am Flughafen und in einer U-Bahn-Station in die Luft gesprengt. 32 Menschen wurden getötet, 340 weitere wurden verletzt. Die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" beanspruchte die Taten für sich. (APA, 30.11.2022)