Die Anwaltskammer hat zuletzt scharfe Kritik an Justizministerin Alma Zadić (Grüne) geübt. Jetzt wird das Budget erhöht.

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Die Anwaltskammer bekommt künftig mehr Geld für Pflichtverteidigungen. Wie der STANDARD erfuhr, wird das Justizministerium unter Alma Zadić (Grüne) die sogenannte Pauschalvergütung von derzeit 21 Millionen Euro pro Jahr ab 2023 auf 23 Millionen Euro aufstocken.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind im Rahmen der "Verfahrenshilfe" verpflichtet, Menschen zu vertreten, die sich die Anwaltskosten nicht leisten können – sowohl in Straf- als auch in Zivilprozessen. Als Ausgleich dafür bezahlt der Bund der Anwaltskammer eine "allgemeine Pauschalvergütung". Das Geld finanziert teilweise das anwaltliche Pensionssystem.

Forderung der Kammer

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (Örak) hatte zuletzt mit Nachdruck eine Erhöhung der Budgetmittel gefordert und scharfe Kritik am Justizministerium geübt. Die Politik versuche, "eine ihr offenbar unangenehme Berufsgruppe hinzuhalten und zu gängeln", sagte Präsident Armenak Utudjian. Gleichzeitig würden Verfahrenshelferinnen und Verfahrenshelfer bei einigen Gerichten nicht einmal mehr kostenlose Aktenkopien bekommen, um sich mit ihren Mandantinnen und Mandanten besprechen zu können.

Als Protestmaßnahme hatte die Anwaltskammer die kostenlose "Erste Anwaltliche Auskunft" Ende September eingestellt. Menschen, die eine erste Auskunft brauchen, werden seither an die Amtstage bei Gericht verwiesen. "Wir sehen uns gezwungen, ein erstes Zeichen zu setzen, um der Politik den Ernst der Lage klarzumachen", sagte Utudjian damals. Allein die Erhöhung der Pauschalvergütung würde aber nicht dazu führen, dass die kostenlose erste anwaltliche Auskunft wieder eingeführt wird, heißt es seitens der Rechtsanwaltskammer.

Erhöhung der Tarifsätze?

Neben einer Erhöhung der Pauschalvergütung fordert die Kammer nämlich auch eine Anpassung der gesetzlichen Tarifsätze für Anwaltsleistungen. Relevant ist die Höhe dieser Tarifsätze vor allem für Mandanten, die Zivilprozesse gewinnen und deshalb Kostenersatz von ihrem Prozessgegner bekommen. Rechtsanwälte können ihre Honorare grundsätzlich frei festsetzen. Kostenersatz bekommen obsiegende Kläger oder Beklagte aber nur in der Höhe der gesetzlichen Tarifsätze.

Aufgrund der Inflation erhielten Bürgerinnen und Bürger, die ihre Ansprüche vor Gericht erfolgreich durchsetzen konnten, mittlerweile um 25 Prozent weniger Kostenersatz, als ihnen per Gesetz zustehen würde, heißt es seitens der Kammer. "Dies nur, weil das Justizministerium seit eineinhalb Jahren untätig ist und die längst notwendige Inflationsanpassung der Tarifansätze schlichtweg verweigert", sagt Präsident Utudjian. (Jakob Pflügl, 1.12.2022)