Selena Gomez: als Teenie zum Teenie-Star.

Foto: APA/AFP/VALERIE MACON

Selena Gomez kann so einiges: Sie ist als Schauspielerin und Sängerin erfolgreich, hat eine eigene Produktionsfirma, und – wie es sich heutzutage für Superstars gehört – eine Beauty-Linie. Das Problem an der Sache: Für manche ist sie trotz alldem hauptberuflich die Ex-Freundin von Justin Bieber.

Ihre jahrelange On-off-Beziehung mit Bieber, die sich von 2010 bis 2018 erstreckte, begann zu einer Zeit, als Selena Gomez durch ihre Rollen in den Disney-Produktionen "Hannah Montana" und "Die Zauberer vom Waverly Place" als Teenie-Star bereits den Mainstream erreicht hatte. Im Alter von 16 Jahren unterzeichnete sie außerdem schon ihren ersten Plattenvertrag, im Rahmen dessen sie mit ihrer Band Selena Gomez & the Scene durchzustarten versuchte.

Jelena: Brangelina für 2010er-Teenies

Bieber und Gomez – in Brangelina-Manier "Jelena" getauft – waren in den 2010ern das Teenie-Paar schlechthin, und die Gossip-Portale waren voll von Updates über die Romanze, die vor den Augen der Öffentlichkeit unzählige Male beendet wurde, nur um dann ohnehin wieder weiterzugehen. Jelena waren schließlich unzertrennlich, da waren sich die Fans der beiden, die Selenators und die Beliebers, sicher. Doch dann kam Hailey Baldwin um die Ecke (mit der Bieber in einer Beziehungspause schon einmal angebandelt hatte): Im Jahr 2018 trennten sich Jelena endgültig, und Justin Bieber kam mit Baldwin zusammen, die er dann auch recht schnell heiratete.

Seitdem verfolgt Selena Gomez das Image der ewig frustrierten Ex: Headlines wie "Selena Gomez' Post-Justin-Makeover mit neuem Haarschnitt" drängen sie in eine Rolle, mit der sie sich nie so recht anfreunden wollte.

Gleichzeitig passierte etwas, das wir aus der jüngeren Geschichte der Popkultur zur Genüge kennen und das eine weitere Parallele zu Brangelina darstellt: Die Ex und die Neue wurden von der Öffentlichkeit zu Feindinnen ernannt. Gomez und Hailey Bieber, wie sie jetzt hieß, wurden ständig gegeneinander ausgespielt, jede:r Interviewer:in legte es darauf an, der einen eine Gemeinheit über die andere zu entlocken. Jedes Insta-Video der beiden wurde zu Tode analysiert, und in fast schon verschwörungstheoretischer Art und Weise wurden Hinweise darauf gesucht, dass ein Song im Hintergrund bestimmt ein Seitenhieb gegen die Neue sei. Der Gedanke, dass es da gar keine unterschwelligen Gemeinheiten zu finden gibt und sich die beiden gar nicht hassen: unvorstellbar!

Das Ganze ging so weit, dass Fans von Selena Gomez in den sozialen Medien auf Hailey Bieber losgingen und ihr vorwarfen, Selena Justin weggenommen zu haben. So lange, bis Gomez ein Machtwort sprach: "Ich werde es niemals gutheißen, wenn Frauen sich gegenseitig fertigmachen." In einem Podcast-Interview äußerte sich Hailey Bieber kürzlich zu den ständigen Anfeindungen: "Es entspricht nicht meinem Charakter, mich in eine Beziehung einzumischen. Als er und ich zu daten begannen, war er in keiner Beziehung mehr." Daraufhin posierten Hailey und Selena bei einer Veranstaltung gemeinsam für ein Foto und machten so mit den Gerüchten rund um ihre angebliche Feindschaft endgültig Schluss.

In ihrer neuen Dokumentation "Selena Gomez: My Mind and Me" gibt Selena Gomez unter anderem Einblicke, die zeigen, wie sehr es sie mitgenommen hat, dass sie jahrelang lediglich das hübsche Beiwerk zu Bieber war und von vielen nicht als eigenständige Berühmtheit wahrgenommen wurde. In einer Szene spricht sie über ein geplantes Duett mit Bieber, das letzten Endes niemals umgesetzt wurde: "Wann werde ich jemals allein gut genug sein? Wann werde ich allein gut sein und niemanden brauchen, mit dem ich in Verbindung gebracht werde?" Sie habe sich lange Zeit von einer Beziehung heimgesucht gefühlt, die niemand so richtig loslassen wollte. Schließlich sei sie jedoch darüber hinweggekommen, daran gewachsen, und der Herzschmerz sei das "Beste gewesen, das ihr jemals passiert sei".

Vor den Augen der Öffentlichkeit verabschiedete sich Selena Gomez bei den American Music Awards 2019 von Bieber, wo sie ihren Song "Lose You to Love Me" performte – ihren ersten Nummer-eins-Hit in den USA. Der Auftritt lief mehr schlecht als recht, und Gomez wurde aufgrund ihrer zittrigen Stimme zum Gespött des Internets. Darüber, ob der Auftritt ihrer mehrjährigen Performance-Pause, emotionaler Überforderung, fehlerhafter Tontechnik oder einer Panikattacke vor der Show geschuldet war, sind sich Fans und selbsternannte Insider:innen bis heute uneinig. Ist in Wahrheit auch egal, denn ob mit starker Stimme oder nicht: Mit Textzeilen wie "I needed to lose you to find me" war wohl auch den Hater:innen insgeheim klar, dass Selena Gomez keine Lust mehr hatte, ständig nur als "die Ex von" gesehen zu werden.

Selenas Weg zur Mental-Health-Vorreiterin

Über die Jahre hinweg hat sich Selena Gomez in vielen Nischen ausprobiert, sowohl musikalisch als auch filmisch. Nach mehreren kommerziellen Flops und sogar einer Nominierung für die Goldene Himbeere war sie beispielsweise Teil des Films "Springbreakers", in dem sie sich erstmals etwas kontroverser und edgier gab, um sich endgültig aus der Disney-Schublade zu befreien. Für ihre Performance in Woody Allens "A Rainy Day in New York" wurde Selena Gomez zwar von Kritiker:innen gelobt, aufgrund der neu aufflammenden Vorwürfe gegen Allen spendete sie über eine Million US-Dollar an die Organisation Time's Up und distanzierte sich somit von ihrem Mitwirken an dem Film. Aktuell ist sie Teil der sehr erfolgreichen Hulu-Serie "Only Murders in the Building", die hierzulande auf Disney+ zu sehen ist. Bei der Netflix-Serie "Thirteen Reasons Why", die sich um die mentalen Probleme und den Suizid eines Teenie-Mädchens dreht (und die bei Erscheinen herbe Kritik einstecken musste), fungierte Gomez als Produzentin.

Ihre wahre Leidenschaft scheint sie jedoch in einem ganz anderen Bereich gefunden zu haben. Gomez hat schon immer offen über ihre psychischen Probleme, Depressionen und Ängste gesprochen und somit für Awareness unter ihren jungen Fans gesorgt. Nachdem sie im Jahr 2015 öffentlich machte, an Lupus erkrankt zu sein, einer seltenen Autoimmunerkrankung, sagte sie aufgrund von durch ihre Diagnose ausgelösten Panikattacken zahlreiche Auftritte ab. Sie begab sich in eine psychiatrische Klinik, zog sich als damals meistgefolgte Person auf Instagram sogar von Social Media zurück. Im September 2017 gab sie schließlich bekannt, dass sie sich einer Nierentransplantation unterziehen musste, weshalb sie vorübergehend untergetaucht sei. 2020 sprach sie außerdem offen darüber, an einer bipolaren Störung zu leiden. In ihrer aktuellen Doku, zu sehen auf Apple-TV+, zeigt Selena Gomez ungeschönt, wie es ist, mit gleich zwei Krankheiten zu leben, und lässt die Zuseher:innen auf authentische Art und Weise an ihren Ups und Downs teilhaben.

Eines ihrer größten Ziele sei es, in den USA eine Gesetzesvorlage mit auf den Weg zu bringen, die Mental-Health-Unterricht in Schulklassen möglich macht, erklärt sie in "My Mind and Me". Ein Anliegen, das sie im Rahmen ihres Rare Impact Fund, mit dem sie Mental-Health-Ressourcen für junge Menschen zur Verfügung stellt, bereits mit US-Präsident Joe Biden besprechen konnte.

In der Dokumentation kommt Selena Gomez zu dem Schluss, dass ihre Depression aus ihrer Zeit als Teenie-Star stamme. Eigentlich wünsche sie sich heute, nicht berühmt und einfach nur wie jede andere junge Frau zu sein – sie wolle ihre Position, in der sie sich aber nun einmal befinde, jetzt nutzen, um Gutes zu tun. Kürzlich erhielt Selena Gomez im Rahmen des Mental Health Innovations Summit eine Auszeichnung für ihren Einsatz, Aufmerksamkeit auf das Thema psychische Gesundheit zu lenken und damit verbundene Stigmatisierung Betroffener zu bekämpfen. Sieht also ganz so aus, als würde sie ihren Vorsatz einhalten. (Verena Bogner, 2.12.2022)