Wien – Nach Kritik von Menschen mit Behinderung an der ORF-Spendenaktion Licht ins Dunkel in einer Dokumentation kündigt ORF-Generaldirektor Roland Weißmann einen Round Table mit Betroffenen und ihren Organisationen an. Stiftungsrat Heinz Lederer (SPÖ) wirft dem ORF eine zu späte und nicht ausreichend sensible Reaktion auf die "berechtigte Kritik" vor.
Weißmann nehme die von Menschen mit Behinderung, Branchenvertretern und Experten geäußerte Kritik an Licht ins Dunkel ernst, erklärte er den Stiftungsräten. Er wolle diskutieren, wie man mit der Spendenaktion, für die der ORF die mediale Bühne bietet, in die Zukunft gehen könne.
Die Diskussion über Licht ins Dunkel entzündete sich mit einer Dokumentation der inklusiven Onlineplattform Andererseits. Darin wird bemängelt, dass Menschen mit Behinderung etwa im Rahmen der großen ORF-Licht-ins-Dunkel- Gala zu Weihnachten als Bittsteller dargestellt und Behinderung als etwas Schlechtes gezeigt werde. Politikern und Unternehmen werde eine breitenwirksame Bühne geboten, während die UN-Behindertenrechtskonvention ihrer Umsetzung harrt.
Pius Strobl, Chef des Humanitarian Broadcasting im ORF, warnte im APA-Gespräch, dass eine Abschaffung von Licht ins Dunkel "großen Schaden" anrichten würde. Dass Menschen mit Behinderung bei den ORF-Sendungen zu Licht ins Dunkel nicht auf Augenhöhe begegnet werde, bestreitet er. In der Dokumentation sei mit veralteten Beispielen gearbeitet worden. Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, kritisierte am Donnerstag, dass die Reaktion des ORF auf die Kritik zu spät komme. Man hätte sensibler sein und frühzeitig Beteiligte einbinden müssen.
Lederer vermisst rasche Reaktion des ORF
"Wie kann die ORF-Führung monatelang zuschauen, wie sich die berichtigte Kritik der Behindertenorganisationen formiert und in einer Dokumentation mündet", die im Herbst veröffentlicht werde, "auf dem Höhepunkt der Hilfsbereitschaft", sagte Lederer am Rande der Stiftungsratssitzung am Donnerstag.
Die seit Jahresbeginn amtierende neue ORF-Führung komme offenbar langsam in die Gänge, findet der SPÖ-Stiftungsrat. "Die Geschäftsführung erkennt Probleme zu spät und braucht lange für Veränderungen."
Den Schluss zieht Lederer aus Licht ins Dunkel ebenso wie aus der dramatischen Finanzprognose des ORF mit bis zu dreistelligen Millionenverlusten bis 2026. Hier verlangt Lederer einen raschen Maßnahmenkatalog.
Nach der Chataffäre über die Einfluss- und Besetzungspläne freiheitlicher Politiker und Stiftungsräte im ORF und dem Rücktritt des TV-Chefredakteurs nach Chats mit dem damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache kündigte Weißmann neuerlich eine Ethikkommission an. Lederer erwartet hier einen internationalen Vergleich der ORF-Gremien mit anderen Rundfunkorganisationen und eine "breite Analyse" über den Umgang mit Twitter, mit Moderationen, mit Vertraulichkeit. Auch hier erwarte er "rasche Lösungen". (fid, APA, 1.12.2022)