Der Launch von "Darktide" verlief alles andere als glatt.

Foto: Fatshark

Mein Plan war genial. Zumindest bin ich der festen Überzeugung, dass er genial gewesen wäre, hätten die Chaosgötter nicht ihre klauenbewehrten Finger im Spiel gehabt. Die Theorie sah so aus: Ich würde den 40k-Koop-Shooter "Darktide" testen und damit schon mit der ersten Closed Beta im Oktober beginnen und mich anschließend zwei kettenschwertschwingende Wochen lang mit der Preorder-Beta beschäftigen.

Zum offiziellen Release des Spiels am 30. November würde ich den Kühlschrank mit koffeinhaltigen Softdrinks und Bier bestücken und die ganze Nacht lang bis in den Freitag weiterspielen. Nein, nicht für den Ruhm des Gottimperators der Menschheit, sondern für unsere Leser. Hoffentlich am Freitagabend, spätestens Samstagfrüh hätte ein umfangreicher Test erscheinen sollen. Und ganz ehrlich: Ich kann mir wenig Schöneres vorstellen, als meine Zeit mit meinen beiden Lieblingshobbys "Warhammer" und Zocken zu verbringen und dafür auch noch bezahlt zu werden.

Jahrelange Vorfreude wurde zur Enttäuschung

Sie merken: Daraus wurde nichts. Stattdessen lesen Sie hier dieses Meinungsstück, das im rechtschaffenen Zorn eines Space Marines angesichts einer Ketzerei wie "Darktide" geschrieben wurde. Das ist umso bitterer, als ich das neueste Werk von Entwickler Fatshark eigentlich liebe wie die Adepta Sororitas den Imperator selbst. Ich kann mir kaum ein größeres Nerd-Vergnügen vorstellen, als mit Boltgun und Flammenwerfer die unteren Stockwerke der Makropolstadt von den Feinden der Menschheit, Mutanten und Chaosanbetern zu säubern. Doch "Darktide" erwidert meine Liebe nicht. Schlimmer noch, der Maschinengeist scheint das Spiel verlassen zu haben. Es ist ein technischer Bauchfleck.

"Darktide" fängt im Social Hub den gotischen 40k-Flair fantastisch ein.
Foto: Screenshot Fatshark, Zellinger

In der ersten geschlossenen Beta war die Euphorie noch groß. "Darktide" sah fantastisch aus, das Spiel lief von vielleicht zwei Abstürzen abgesehen stabil, das Matchmaking funktionierte reibungslos, Verbindungsabbrüche oder Serverfehler gab es im Fall unserer vierköpfigen Gaming-Runde eigentlich so gut wie nicht. Natürlich waren die Inhalte des Testlaufs stark beschnitten, so gab es noch kein funktionierendes Lootsystem, und nur wenige Missionen standen zur Verfügung, aber "Darktide" machte massig Spaß. Ich war mir sicher: Dieses Spiel wird mich jahrelang begeistern, so wie die Vorgänger der "Vermintide"-Reihe auch.

Unhaltbare Pläne

Die Ernüchterung traf mich wie der Hammer der imperialen Inquisition bei der Preorder-Beta von 17. bis 29. November. Hersteller Fatshark weigerte sich beharrlich, Vorab-Keys auszuschicken, was eigentlich üblich ist, damit Medien am Releasetag ihre Tests veröffentlichen können. Nein, den Key sollten wir erst am 30. November um 19 Uhr bekommen – ein schlechtes Zeichen und wohl ein Versuch, die Berichterstattung zu verzögern, bis das Spiel in einen einigermaßen akzeptablen Zustand gepatcht wurde, wie mir im Nachhinein bewusst wurde. Also tat ich, was ich nie wieder tun wollte: Ich bestellte "Darktide" vor, schließlich glaubte ich noch an meinen genialen Testplan.

Das Spiel schmiert regelmäßig mit Fehlermeldungen ab.
Foto: Screenshot Fatshark, Zellinger

War die Closed Beta noch ein Testlauf unter Laborbedingungen, drängten die Vorbesteller plötzlich in Scharen auf die Server. Die Version bot mehr Inhalte als zuvor, und sogar der Loot und die Charaktere sollten in die Release-Fassung übernommen werden. Also nichts wie rein in die dämoneninfizierte Unterstadt und Papa Nurgles Schergen die faulige Haut über die Ohren ziehen. Doch nach zwei Minuten bricht die Framerate trotz eines einigermaßen potenten Systems (Ryzen 7 2700X, 32 GB RAM, RX 6800 XT) auf unspielbare 15 Frames ein, was aber nichts macht, denn "Darktide" schmiert kurz darauf völlig ab und wirft mich zurück auf den Desktop. Mit jedem ausgelieferten Patch hoffte ich, dass die Probleme endlich behoben werden. Aber: Ich schaffte es in zwei Wochen nicht, auch nur eine Mission fertigzuspielen. Nicht eine einzige.

Die Zeichen waren da

Eigentlich hätte ich es an dieser Stelle ahnen müssen, was da noch kommt. Wenn ein Hersteller seine Pre-Launch-Phase als Betatest tituliert, dann sollten eigentlich die Alarmglocken schrillen. Das taten sie bei mir in naiver Verblendung nicht. Dann wurde plötzlich der Konsolen-Launch des Titels still und heimlich auf "soon" verschoben, was vermutlich Frühjahr 2023 heißt. Es wirkte so, als wüssten die Verantwortlichen bei Fatshark, dass ihr Produkt nicht reif für die Veröffentlichung ist. Einen Tag vor dem offiziellen Release wurde ein Patch veröffentlicht, der aber keine Fixes für all die Abstürze und Verbindungsabbrüche brachte, sondern nur die Fehler besser an Fatshark zurückmelden sollte.

Irgendwann machte ich mir einen Spaß daraus und nutzte die Feedback-Option nach einem Absturz für mehr oder weniger lustige Nachrichten.
Foto: Screenshot Fatshark, Zellinger

Also wartete ich auf den Mittwoch, Schlag 19 Uhr würde mein persönliches Jahrhundertspiel erscheinen. Sicher hatten die schwedischen Entwickler in den etwas mehr als 24 Stunden zwischen dem Ende der Beta und dem tatsächlichen Launch alle Probleme gefixt, "Darktide" würde der verdiente Hit werden und mein Nerd-Traum einer grimmigen, grausamen und völlig überdrehten 40k-Welt wahr werden. Ein Kollege holte mich auf den Boden der Realität zurück, als ich meinen genialen Plan vortrug: "Wann hat ein Entwickler je ein Spiel in 24 Stunden gefixt?" Mir fiel kein Beispiel ein.

Die Warteschlange am Releaseabend war lang.
Foto: Screenshot Fatshark, Zellinger

So kam es auch: Das technische Desaster wurde zur Häresie. Die 20-minütige Wartezeit, bis ich von Platz 14.608 vorne gereiht war, wurde dadurch beendet, dass das Spiel neu gestartet werden musste. Ein weiterer Patch verlangte seine Installation. Noch einmal 20 Minuten später stieg ich erneut ein auf Platz 36.486 in der Schlange. 35 Minuten später war ich endlich im Spiel – und es lief besser. Die Framerate brach zwar immer noch ein, aber nicht mehr so drastisch. Und "Darktide" lief deutlich stabiler: Statt nach fünf Minuten rauszufliegen, konnte ich nun die meisten Einsätze fast beenden, was einer effektiven Verdreifachung der Spielzeit entspricht. Sämtliche Tipps wie die Reduktion der Worker Threads halfen nichts.

Mitleids-XP und 16 Artikel zum Troubleshooting

Dass viele Spieler ähnliche Probleme hatten, wurde zum Vorteil: Nicht nur einmal ist es mir gelungen, den Platz eines rausgeflogenen Spielers in der gleichen Mission einzunehmen, die vorher auf meinem Rechner abgeschmiert war. Meinen Charakter konnte ich aber nur deshalb auf Level 3 bringen, weil zweimal das Team starb, bevor das Spiel abstürzen konnte, und ich so in den Genuss von Mitleids-XP kam.

Der letzte Nagel im "Darktide"-Sarg: Nachdem eine einzige Mission ohne Absturz beendet war, kam statt des Beute-Screens diese Fehlermeldung.
Foto: Screenshot Fatshark, Zellinger

Auf Reddit gibt es mittlerweile eine Sammlung von 16 Artikeln, die geplagten Spielern beim Troubleshooting helfen sollen. Die wenigsten Gamer werden wohl die Zeit und Geduld aufbringen können, 16 teils mehrseitige Listen über die Fehlerbehebung eines Spiels abzuarbeiten.

Ich hätte viel lieber über Kettenschwerter, Plasmakanonen, Nurgleinfektionen geschrieben. Ich wollte in den Test auch einige der legendären Motivationssprüche aus dem Imperium der Menschheit wie "Intelligenz ist die Maske des Verräters" einbauen. Stattdessen muss ich mich hier bei Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, entschuldigen. Der Test von "Darktide" wird auf unbestimmte Zeit verschoben, stattdessen muss ich hier einmal mehr über einen gescheiterten Games-Release schreiben. Diesmal ist es besonders bitter, denn meine Liebe zu "Darktide" brennt immer noch wie das Licht des Imperators im Warp. (Peter Zellinger, 1.12.2022)