Galten Android-Tablets vor nicht allzu langer Zeit noch als mehr oder weniger tot und eine Produktkategorie, die nur noch wenige Hersteller bedienten, ist mittlerweile eine Trendwende eingetreten. Einerseits auch getrieben von Apples Fokus auf das Segment und andererseits von Googles Bemühen, Android für größere Bildschirme zu optimieren, wirft nun wieder fast jede Firma, die Android-Handys herstellt, auch Tablets auf den Markt.

Auch Xiaomi, das nach dem Mi Pad 4 im Jahr 2018 eine dreijährige Schaffenspause bei Tablets eingelegt hatte, ist wieder da. Dem Xiaomi Pad 5 im vorigen Jahr, das als High-End-Gerät mit Produktivitätsansprüchen im Stile eines iPad Pro an den Start ging, schickte man vor ein paar Wochen das Redmi Pad auf den hiesigen Markt nach. Wie so vieles dieser Marke ist es ein Mittelklasse-Angebot, das sich in Sachen Preis/Leistung bewähren soll. Verkauft wird es, je nach Variante, um 230 bis 300 Euro. DER STANDARD hat es einem Test unterzogen.

Hier unter die Lupe genommen wird die Ausgabe mit 128 GB Onboardspeicher und 4 GB RAM, die von Xiaomi auch offiziell nach Österreich gebracht wird. Das System kann zwei GB an freiem Speicherplatz zudem wie zusätzlichen wenn auch langsameren, Arbeitsspeicher verwenden. Die anderen Konfigurationen (64/3 GB und 128/6 GB) sind zumindest über den Onlinehandel aber auch einfach zu bekommen.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Es bringt ein Display mit 10,6 Zoll mit, das man auf den ersten Blick für ein OLED-Panel halten könnte. Tatsächlich handelt es sich aber um ein IPS-LCD mit 2.000 x 1.200 Pixel. Die Helligkeit wird mit 400 nits angegeben und erweist sich zumindest in Innenräumen – dem gängigsten Nutzungsort von Tablets – als absolut ausreichend hell und von guter Qualität bei der Darstellung von Farben und Kontrasten. Die Helligkeitsangabe verrät es bereits: HDR-Support gibt es nicht, aber immerhin eine Bildwiederholrate von bis zu 90 Hz.

Der Bildschirm ziert die Vorderseite des Gehäuses aus Aluminium und Glas, welches 250,5 x 158,1 x 7,1 Millimeter misst und 465 Gramm wiegt. Die Rückseite ist flach, mattiert und recht glatt. Einzig das Kameramodul steht etwas hervor. Die Frontkamera wiederum ist mittig auf der Längsseite über dem Bildschirm in dessen Umrahmung untergebracht. Auf Dauer ist das Gerät nicht übermäßig angenehm zu halten, was nicht nur am Gewicht, sondern auch an der Rückseite und dem ebenfalls wenig Halt bietenden dünnen Rahmen liegt. Die Nutzung einer Halterung oder Hülle mit Abstellfunktion ist damit angeraten.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Einen Fingerabdruckscanner bringt das Redmi Pad nicht mit, für die Bildschirmsperre stehen also die Eingabe eines PINs, Musters oder Passworts bzw. Gesichtserkennung zur Verfügung. Letzteres wird ausschließlich über die Selfiekamera abgewickelt, die über keinerlei Hilfssensoren verfügt, ist also sicherheitstechnisch nicht ideal und bei schlechteren Lichtverhältnissen ohnehin nicht sehr zuverlässig.

Als Antrieb dient der Helio-G99-Chip von Mediatek, aktuell das stärkste Modell dieser Mittelklasse-Serie, das im vergangenen August vorgestellt wurde. In Benchmarks liegt er leistungstechnisch grob auf dem Niveau des Snapdragon 845, jenes Qualcomm-Prozessors, der anno 2018 noch zahlreiche High-End-Smartphones angetrieben hat. Für ein Tablet, das vorwiegend als Multimedia-Konsumgerät vermarktet wird, eine durchaus adäquate Wahl.

Die restlichen Basisspezifikationen darf man als für ein solches Gerät passabel bezeichnen. Mobilfunksupport gibt es nicht, ins WLAN geht das Tablet aber zumindest mit Wifi 5 (802.11ac). Wifi 6 bleibt ihm verwehrt, Bluetooth 5.2 ist jedoch an Bord. NFC und GPS sind nicht integriert. Der Speicher lässt sich dank eines microSD-Einschubs erweitern. Schade ist der Verzicht auf eine 3,5-mm-Klinke. Kopfhörer müssen entweder via Bluetooth oder über den USB-C-Port (USB 2.0) angeschlossen werden, welcher gleichzeitig auch für das Aufladen genutzt wird.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Vorinstalliert ist MIUI 13.1, das in diesem Falle eine Adaptierung von Android 12 darstellt. Die Systemmenüs und vorinstallierten Xiaomi-Apps machen dabei meist guten Gebrauch vom großen Bildschirm, in dem sie etwa Menü und Inhaltsansichten aufteilen. Am Startbildschirm findet sich außerdem eine Leiste für Apps, die auf jedem Homescreen sichtbar bleiben sollen. Rechts von den dort gepinnten Programmen wird sie dynamisch mit jenen Tools und Spielen erweitert, die gerade im Hintergrund geöffnet sind. Das ist eine durchaus bequeme Lösung fürs Multitasking.

Dazu gibt es zwei kombinierbare Möglichkeiten, mehr als eine App auf einmal anzuzeigen. Die erste ist der Zwei-Fenster-Modus, den MIUI-User wahrscheinlich bereits von ihrem Smartphone kennen. Über die Übersicht laufender Apps lassen sich hier Programmpaare bilden, um etwa schnell zwischen der Ansicht aus Browser und Youtube oder aus zwei Messengern hin und her schalten. Diese Paare werden auch entsprechend in der App-Leiste am Homescreen als solche gelistet. Fast alle Apps unterstützen diesen Modus.

Screenshot: DER STANDARD/Pichler

Weiters ist es auch möglich, eine App in Form eines schwebenden, in seiner Größe stufenweise anpassbaren Fensters nach vorne zu bringen. Das geht auch, wenn darunter bereits zwei Programme im Dual-Window-Modus laufen. Die Auswahl an Apps, die sich auf diese Weise anzeigen lassen, ist aber deutlich kleiner.

An der Systemperformance gibt es noch ein bisschen was zu verbessern. Während die Wiedergabe von Videos keine sichtbaren Probleme macht, fühlt sich die Systemoberfläche oft ein wenig träge an. Visuell zeigt sich das an ruckelnden Animationen und zumindest gefühlt etwas verzögerten Reaktionen auf Eingaben.

Apps selbst sind davon weniger betroffen. Hier liefert der Chip, was von ihm angesichts der Benchmarkdaten zu erwarten ist. Browsen, Videos schauen oder weniger aufwendige Spiele spielen stellt den Helio G99 nicht vor Probleme. Games, die grafisch etwas mehr zu bieten haben, bringen ihn aber an seine Grenzen.

Screenshot: DER STANDARD/Pichler

Bei "Diablo Immortal" muss man sich etwa zwischen niedriger Auflösung und ein paar auf mittlere Qualität gestellten Details oder mittlerer (und damit deutlich weniger pixeliger) Auflösung und auf niedrig getrimmten Details entscheiden. Das Game läuft dann auch flüssig, in der letztgenannten Variante kommt das Tablet zwischendurch aber immer wieder kurz ins Stottern. Eine Gamingmaschine ist das Redmi Pad nicht.

In Sachen Softwaresupport wird das Redmi Pad besser versorgt als viele andere Tablets dieser Preisklasse. Drei Jahre lang, also bis in den Herbst 2025, soll es Sicherheitsupdates geben. Dazu kommen zwei Android-Versionsupdates. Sprich: Das Redmi Pad wird auch Android 14 noch erhalten. Mit den Sicherheitsaktualisierungen ist allerdings nur alle paar Monate zu rechnen, das Testgerät befand sich Anfang Dezember noch auf dem Sicherheitspatch von September.

Von seiner besten Seite zeigt sich das Tablet bei der Soundwiedergabe. Es nutzt ein Stereosystem, bei dem beide Kanäle jeweils auf zwei Lautsprecher aufgeteilt sind, die Dolby Atmos unterstützen. Und für ein mobiles Gerät klingt der Sound wirklich gut. Etwas Scheppern gibt es nur, wenn man ihn an den Anschlag dreht. Die Aufnahmequalität des Mikrofons ist ebenfalls gut, wenn auch nicht überragend. In Sprach- und Videochats ist man gut zu verstehen, auch wenn Hintergrundlärm ebenfalls zu hören ist.

Screenshot: DER STANDARD/Pichler

Die beiden Kameras hingegen fallen eher unter den Begriff "Alibiausstattung", was bei Tablets beileibe keine Seltenheit darstellt. Der Weitwinkelsensor auf der Rückseite geht auch bei guten Lichtverhältnissen nicht über "Schnappschussqualität" hinaus. Die Frontkamera schlägt zwar klar die oft furchtbaren Kameras günstigerer Laptops und bietet dank Ultraweitwinkel auch Platz für mehrere Personen im Blickfeld, mehr als "okay" für Kommunikationszwecke ist die Aufnahmequalität aber auch nicht. Unter reinem Kunstlicht büßen beide Kameras deutlich an Schärfe und sonstiger Ablichtungsqualität ein.

Der Akku ist mit 8.000 mAh durchaus großzügig dimensioniert. Trotz des großen Displays kommt man als Gelegenheitsnutzer so gut über mehrere Tage. Aber auch bei abendfüllenden Seriensessions hält der Multimedia-Knecht gut durch. Standardmäßig entscheidet das System, wann der Bildschirminhalt mit 60 oder 90 Hz angezeigt wird, wer noch etwas mehr Nutzungsdauer schinden möchte, kann aber auch alles auf 60 Hz beschränken.

Ist dann irgendwann doch wieder der Anschluss ans Ladegerät fällig, muss man sich etwas gedulden. Auch mit den unterstützten 18 Watt Fast Charging dauert eine komplette "Auffüllung" rund 2,5 Stunden. Der mitgelieferte Ladeadapter spuckt übrigens sogar bis zu 22,5 Watt aus.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Fazit

Als Multimediagerät in der Mittelklasse macht das Redmi Pad insgesamt eine gute Figur. Der Bildschirm gefällt mit seiner Darstellungsqualität und 90-Hz-Wiedergabe, auch wenn es kein OLED-Panel ist und HDR-Support fehlt. Die integrierten Lautsprecher liefern starke Akustik für den Formfaktor Tablet. Ansonsten ist, vielleicht mit Ausnahme einer 3,5-mm-Klinke, alles an Bord, was man für Unterhaltungszwecke braucht.

Die Systemsoftware könnte allerdings noch etwas Performance-Optimierung gebrauchen, denn ihre gefühlte Trägheit stört etwas. Sie bietet aber nette Kniffe für einfaches Multitasking. Bei Youtube, Netflix und Co fallen die Performanceprobleme weniger auf. Die Kameraausstattung ist klassentypisch von überschaubarer Qualität. Für Videochats und Schnappschüsse reicht es. Wer ein Tablet sucht, das vorwiegend als Musik-, Surf- und Videomaschine dienen soll und sich auch für einfache Produktivitätsaufgaben eignet, darf das Redmi Pad trotz seiner kleineren Defizite in die engere Wahl nehmen. (Georg Pichler, 4.12.2022)

Testfotos

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Frontkamera, Tageslicht.
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Frontkamera, Kunstlicht.
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Hauptkamera, Kunstlicht.
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