Der Dunkelsteinerwald in Niederösterreich.

Foto: Heribert Corn

Der Rechnungshof (RH) ruft dazu auf, Österreichs Wälder besser zu schützen. Oder, wie es das Organ der Finanzkontrolle formuliert: Die Klimafitness der Wälder in Österreich müsse gezielt gefördert werden. Zu diesem Schluss kommt der Rechnungshof in seinem aktuellen Bericht "Wald im Klimawandel: Strategien und Maßnahmen". Darin empfiehlt er, Förderanreize zu schaffen, um die Widerstandsfähigkeit der Wälder zu erhöhen. Zudem müssten präventive Maßnahmen zur Sicherung der Schutzfunktionen des Waldes getroffen werden. Geprüft wurden im Wesentlichen die Jahre 2015 bis 2020, untersucht wurde die Situation des Waldes in Österreich angesichts des Klimawandels beziehungsweise konkreter: waldspezifische Strategien und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.

Wirtschaftliche Interessen konterkarieren Klimaschutz

Fast die Hälfte der Fläche Österreichs ist mit Wald bedeckt. 81 Prozent davon befinden sich in Privateigentum, der Rest im öffentlichen Eigentum. Die Wälder erfüllen vielseitige Aufgaben: Sie speichern Feuchtigkeit, binden Kohlenstoffdioxid und filtern Schaftstoffe aus der Luft. Sie schützen Menschen, Infrastruktureinrichtungen und Gebäude vor Lawinen, Muren und Steinschlag. Zudem sind sie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. "Diese Funktionen sollten möglichst auf der gesamten Waldfläche gesichert werden. Jedoch: Im Forstgesetz 1975 wird die Bedeutung der Wälder und deren Leistung für den Klimaschutz nicht ausdrücklich berücksichtigt", hält der Rechnungshof fest.

Es bestehe "ein Spannungsfeld zwischen den Interessen des Klimaschutzes und jenen der Waldeigentümer im Hinblick auf eine wirtschaftliche Nutzung", lautete das Urteil weiter. So seien etwa Fichtenbestände häufig aus vorwiegend wirtschaftlichen Gründen auf Waldflächen verbreitet, die nicht standortgerecht sind. Diese Wälder seien allerdings besonders anfällig gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels.

Verjüngung des Waldes notwendig

Welche Kosten der Klimawandel verursachen kann, zeige sich zum Beispiel bei der Österreichischen Bundesforste AG, die 15 Prozent der heimischen Wälder bewirtschaftet. Im Jahr 2020 lag der Anteil an Schadholz, das durch Stürme, Schneebruch oder den Borkenkäfer verursacht wurde, bei über 80 Prozent der Holzerntemenge. Mindererlöse bei Schadholz sowie Mehrkosten bei der Waldpflege und Holzernte verursachten Kosten von 48 Millionen Euro. Die Österreichische Bundesforste AG führt diese Kosten auf den Klimawandel zurück.

Damit der Wald erhalten bleibt, muss er verjüngt werden. Der Rechnungshof hält allerdings fest, dass im Zuge der sogenannten Österreichischen Waldinventur in der Periode von 2007 bis 2009 bei 2,72 Millionen Hektar der insgesamt 4,02 Millionen Hektar Waldfläche Österreichs ein Verjüngungsbedarf festgestellt wurde. Die Verjüngung unterblieb dem Bericht zufolge bei 1,62 Millionen Hektar.

Anreize schaffen

Das Bundesforschungszentrum für Wald führt Erhebung durch, um Informationen zu den Ressourcen des Rohstoffes Holz und über Zustand und Veränderung des Ökosystems Wald zu liefern. Der Rechnungshof empfiehlt nun dem Landwirtschaftsministerium, im bestehenden Fördersystem vorrangig Anreize für Maßnahmen zu setzen, die die Alters- und Baumartendurchmischung und somit die Widerstandsfähigkeit der Wälder erhöhen.

Der Rechnungshof legte ein besonderes Augenmerk auf den Zustand des Schutzwaldes. Rund 34 Prozent der Schutzwaldflächen sind demnach stark überaltert oder bereits in der Zerfallsphase. "Um einen Schutzwald im weit fortgeschrittenen Zustand des Zerfalls wiederherzustellen, sind kostenintensive Investitionen notwendig. Diese müssen überwiegend von der öffentlichen Hand getragen werden", heißt es in den RH-Bericht.

Förderungen verstärkt für Waldflächen einsetzen

Wie in der Vergangenheit investiert wurde, war ebenfalls Gegenstand: Im EU-Programm "LE 14–20" waren insgesamt 206,63 Millionen Euro für Maßnahmen im Forstbereich vorgesehen. Davon wurden dem Rechnungshof zufolge tatsächlich nur 102,66 Millionen Euro der genehmigten Mittel für klimarelevante flächenbezogene Maßnahmen eingesetzt. Für klimarelevante Bildungs- und Beratungsmaßnahmen sowie Studien wurden 48,71 Millionen Euro aufgewandt. Diese haben nach Auffassung des Rechnungshofes allerdings nur eine indirekte Wirkung auf die Wälder.

Im Hinblick auf den sanierungsbedürftigen Zustand der Schutzwälder merkte der Rechnungshof kritisch an, dass mehr als die Hälfte der schutzwaldbezogenen Förderungen für Forststraßen bewilligt wurden. Weniger als 50 Prozent der Mittel wurden für Projekte zur Erhaltung oder zur langfristigen Verbesserung der Ökosysteme in Schutzwäldern eingesetzt.

Eine ähnliche Tendenz zeigt sich beim mit 350 Millionen Euro dotierten Waldfonds: Weniger als die Hälfte der Mittel des Waldfonds kam unmittelbar auf Waldflächen zum Einsatz. Der Rechnungshof empfahl dem Landwirtschaftsministerium, in künftigen Förderprogrammen die Mittel für Maßnahmen, die unmittelbar eine flächenbezogene Wirkung für den Wald aufweisen, nicht zugunsten von Maßnahmen mit indirekter Wirkung zu kürzen.

Hintergrund

Der RH überprüfte von November 2020 bis März 2021 das Thema Waldzustand in Österreich und Klimawandel im damaligen Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie in Kärnten und Niederösterreich. Prüfungsziele waren insbesondere die Erhebung und Beurteilung der Situation des Waldes in Österreich angesichts des Klimawandels, der waldspezifischen Strategien und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zum Klimaschutz sowie der für den Forstbereich gewährten Förderungen. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2015 bis 2020. In Einzelfällen nahm der RH auch Bezug auf Sachverhalte außerhalb dieses Zeitraums. (red, APA, 2.12.2022)