Die U-Kommission hatte in ihrer ersten Sitzung über durchaus heikle Beweisanträge zu befinden.

Foto: APA/Tobias Steinmaurer

Satte 138 Stück sind es letztlich geworden. So viele Beweisanträge waren von den Rathausparteien für die erste Sitzung der Untersuchungskommission zur Wien Energie am Freitag eingemeldet worden. Jeden einzelnen davon galt es zu diskutieren und abzustimmen. Das war durchaus eine heikle Angelegenheit, wie auch der Vorsitzende, Richter Martin Pühringer, bei der Anmoderation des Tagesordnungspunktes durchklingen ließ: "Wir kommen zum Fleisch."

Das Filetstück unter all den Beweisanträgen waren die türkisen und blauen Forderungen nach Einsicht in die Handys von Bürgermeister Michael Ludwig und Finanzstadtrat Peter Hanke (beide SPÖ) sowie Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos). Die Abstimmungen darüber wurden allerdings vertagt. Grund dafür sind Unklarheiten darüber, über welche konkrete Schiene die Kommunikationsdaten vorgelegt werden sollen – etwa über den Magistrat oder von den betroffenen Personen.

Die Sitze sind nach dem Stärkeverhältnis der Parteien im Gemeinderat verteilt: Die SPÖ hat acht, die ÖVP vier, die Grünen zwei und FPÖ sowie Neos je einen.
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Die 16 Mitglieder der U-Kommission und Vorsitzender Pühringer vereinbarten daher, dass die Anträge zurückgestellt, von ÖVP und FPÖ präzisiert und dann abgestimmt werden. Die nächste Möglichkeit für eine Abstimmung ist die Sitzung am 16. Dezember.

Appell: "U-Kommission ist kein Tribunal"

Pühringer animierten die vielen Anträge zu scherzhaft-mahnenden Worten: Dafür gebe es "kein Plus im Mitarbeitsheft", merkte er an. Ernster gemeint waren da seine Appelle zu Beginn der Sitzung. "Eine U-Kommission ist kein Gericht und kein Tribunal. Wir haben stur unseren Sachverhalt zu ermitteln", hielt er fest. "Ich wünsche mir, dass ein produktiver und kollegialer Geist herrscht und Sie sich gegenseitig Erkenntnisgewinn zugestehen." Erahnend, dass dies ein frommer Wunsch bleiben könnte, deklarierte sich der Jurist als Anhänger von straffen Sitzungen: "Ich möchte nicht bis Mitternacht hier sein."

Disziplin und Schmäh sind die beiden Pole, zwischen denen sich die Vorsitzführung des 38-jährigen Martin Pühringer, Richter am Verwaltungsgericht Wien, bewegt.
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Weiterer Tagesordnungspunkt waren Statements aller vertretenen Parteien. Da entspann sich eine Auseinandersetzung zwischen SPÖ-Fraktionsführer Thomas Reindl und seinem grünen Pendant David Ellensohn. Als die Wien Energie im Sommer einen dramatischen Finanzierungsbedarf anmeldete, habe "unser umsichtiger Bürgermeister" eingreifen müssen, um "Schlimmeres zu verhindern", erklärte Reindl. Diese Darstellung passte Ellensohn augenscheinlich nicht: Ludwig sei viel mehr ein "unumsichtiger" oder "zockender" Stadtchef und die Argumentation der SPÖ unlogisch, konterte er.

Früherer und aktueller Bürgermeister werden geladen

Zeugen wurden in der ersten Sitzung noch nicht befragt. In der zweiten Sitzung im Dezember sollen zunächst Fachleuchte Auskunft über den österreichischen Energiemarkt geben. Dazu wurde am Freitag die Ladung von Ex-Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber, Energieanalyst Johannes Benigni oder Michael Böheim vom Wifo beschlossen.

Politikerinnen und Politiker werden erst nach Weihnachten als Zeugen zu hören sein. Fixiert wurde etwa die Einvernahme Ludwigs. Auch Stadtrat Hanke sowie Spitzenmanager der Wien Energie und der Stadtwerke bzw. Rathaus-Mitarbeiter werden erwartungsgemäß Rede und Antwort stehen müssen.

Da der Untersuchungszeitraum sich nicht nur über die dramatischen Wochen im Sommer erstreckt, sondern auch die vergangenen Jahren umfasst, kommt es auch zu einem Wiedersehen unter anderem mit dem früheren Bürgermeister Michael Häupl und der ehemaligen Finanzstadträtin Renate Brauner (beide SPÖ). Auch sie werden als Zeugen geladen. (Stefanie Rachbauer, 2.12.2022)