Gut essen in der Mariahilfer Straße, mit – vergleichsweise – nachhaltigen Großportionen Fleisch aus dem Rauchofen.
Foto: Gerhard Wasserbauer

In unseren Breiten wird Barbecue meist als Synonym für eine zünftige Grillerei verwendet, weshalb Max Sommerer darauf geachtet hat, dass der Begriff im Namen seines neuen Barbecue-Tempels Oak 107 nicht vorkommt. Texanisches Barbecue hat mit Grillen nichts zu tun, obwohl es gemeinhin (also in Texas) im Freien stattfindet und eindeutig Feuer im Spiel ist – Fleisch in eher unvernünftiger Menge sowieso.

Raffinierte Zubereitung

Beim Texas BBQ geht es nicht um Filet und Beiried – und schon gar nicht um Würstel –, sondern um nominell weniger edle Stücke vom Rind wie Brustkern ("brisket") und Beinfleisch ("short rib") oder Schulter vom Schwein, die erst mariniert und dann ewig lang über Rauch gegart werden, bis sich alles Bindegewebe in saftstrotzendes Kollagen gelöst hat, das Fett ins Fließen gekommen ist und die ursprünglich eher zachen Teile sich in butterweiche und hochgradig unwiderstehliche Fleischschwarteln verwandelt haben.

Texas BBQ ist echter Kult, wahre Pit Masters und Mistresses werden geradezu religiös dafür verehrt, wie sie die mächtigen Fleischtrümmer zu kulinarischer Offenbarung zu führen wissen. Es gab schon mehrere Anläufe, das auch bei uns populär zu machen. So viel vorweg: Im Oak 107 schmeckt BBQ erstmals in Österreich so rund, sauber, bekömmlich und schrankenlos köstlich, dass man geneigt ist, den Kult aus dem Wilden Westen nachvollziehen zu können.

Der maßgefertigte Holzofen aus Dallas sorgt für butterzartes Fleisch und Gemüse.
Foto: Gerhard Wasserbauer

BBQ mit nachhaltigen Portionen

Sommerer ist in seinen jungen Jahren schon ziemlich herumgekommen, hat in Lausanne studiert und von Hongkong über San Francisco bis Dallas in der absoluten Top-Hotellerie gearbeitet. Gastronomisch aber ist der Wiener von einer handfesten, großzügigen Idee des guten Essens beseelt – große Portionen, Schüsseln und Brettln in der Mitte des Tisches, aus denen sich jeder holt, was ihn lockt – also Barbecue.

Dem jungen Mann ist aber bewusst, dass Fleisch in Großportionen schön langsam aus der Zeit zu fallen droht, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – beim individuellen Konsum eh nicht. Sommerer geht das Thema proaktiv an, setzt auf einige der besten und am nachhaltigsten arbeitenden Produzenten des Landes. Den Wagyuhof in Haag zum Beispiel, einen Biobetrieb mit traditioneller Mutterkuhhaltung, das Ötscherblickschwein aus den Freiluftställen von Manfred Höllerschmid, oder XO Beef, das mit dem Fleisch richtig alter Milchkühe einen ziemlich zukunftsträchtigen Ansatz für klimafreundliches Rindfleisch versucht.

Williges Fleisch

Der Ofen ist in Dallas nach Maß gefertigt, wird mit ganzen Eichenscheitern aus dem Waldviertel (und nicht etwa Press-Pellets) befeuert und lässt den Rauch mit exakt 107 Grad über das Fleisch ziehen. Das Resultat ist mehr als beeindruckend: saftiges, butterzartes Fleisch, das willig vom Knochen fällt, aber keineswegs jene unsauberen, überdeutlich rauchigen Geschmacksnoten aufweist, die viele bei BBQ fürchten.

Tacos mit BBQ-Pork sind ein fantastischer Snack am Anfang des Abends, auch die "Smoky Croquetas, unwiderstehlich cremige, knusprige Nuggets sind keineswegs so rauchig, wie der Name glauben macht. Die Fleischtrümmer werden mit wirklich guten Saucen aufgetragen, Kräuter-, Chili- und sogar BBQ-Sauce (sonst ein Garant für Aschenbecher-Aroma) stechen besonders erfreulich hervor. Pommes frites werden, nach belgischer Art, in XO-Rindertalg frittiert und sind wahrscheinlich das Beste an Knuspererdäpfeln, das man in der Stadt zurzeit bekommen kann. Sogar Mac ’n Cheese, ein US-Nudelauflauf, der normalerweise für Albträume gut ist, schmeckt dank Jumi-Käse echt angenehm. Nicht verpassen: Karfiol und Melanzani aus dem Rauchofen – werden auf richtig kalifornische Art mit Gimmicks und Aromen aufgeladen, dass selbst unreformierte Fleischfresser sich erst einmal da bedienen – und das Fleisch im Zweifel für daheim einpacken lassen.(RONDO, Severin Corti, 7.12.2022)