Foto: Regine Hendrich

Wien – Eine Hoffnung trübte Richter Michael Tolstiuk im Chorherr-Prozess am Freitag gleich zu Verhandlungsbeginn ein: Die Chance, dass das Urteil am 20. Dezember gefällt werden könnte, ist gering. An diesem letzten Verhandlungstag des Jahres wird die frühere grüne Planungsstadträtin und Vizebürgermeisterin der Stadt Wien, Maria Vassilakou, aussagen, ihr für kommenden Dienstag geplanter Aussagetermin ist geplatzt. Stattdessen werden zwei andere Zeugen befragt, darunter ein Ex-Vorstandsmitglied des von Christoph Chorherr gegründeten Vereins S2Arch.

Vorsorglich hat der Vorsitzende des Schöffengerichts den Großen Schwurgerichtssaal im Straflandesgericht Wien für drei weitere Tage im Jänner 2023 reserviert. Bis dahin wird auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ausgesagt haben.

Die WKStA wirft Chorherr Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch vor; neun weitere Angeklagte sollen ihn mit Spenden an den in Südafrika engagierten Verein bestochen und zum Amtsmissbrauch rund um Immobilienprojekte angestiftet haben. Sie alle und die 21 ebenfalls angeklagten Verbände haben sich nicht schuldig bekannt und für sie alle gilt die Unschuldsvermutung. Der einstige grüne Planungssprecher und Gemeinderatsmitglied Chorherr war bis 2018 Obmann des Vereins, also auch noch, als die Grünen in der Stadtregierung waren (ab 2010).

Kontakte zu allen Parteien

Am Freitag haben die Richter weitere Zeugeneinvernahmen verlesen, darunter aus jener einer engen Mitarbeiterin Michael Tojners. Sie schilderte den Ermittlern die Einstellung der politischen Parteien zu Tojners Projekt auf dem Wiener Heumarkt und von den Turbulenzen rund um die Urabstimmung der Grünen zum umstrittenen Bauvorhaben. Vassilakou sei als Planungsstadträtin klar dafür gewesen, mit Chorherr habe sie bei dem Projekt nicht so viel zu tun gehabt, so die Managerin aus der Wertinvest.

Sie räumte ein, zu allen Parteien Kontakt gehabt zu haben, die Wiener ÖVP habe unter Gernot Blümel ihre vorerst positive Einstellung geändert. Die Neos seien unter der Wiener Klubobfrau Meinl-Reisinger "komplett" umgeschwenkt. Spenden an Chorherrs Verein gestand sie ein, die hätten aber karitative Gründe und nichts mit dem Projekt Heumarkt bzw. Widmungen zu tun gehabt. (gra, APA, 2.12.2022)