Über ein Jahr lang wurde diskutiert, herausgekommen ist nichts. Die große Arbeitsmarktreform, das Herzensprojekt von Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP), ist krachend gescheitert. Die Grünen wollten bei zwei seiner Vorhaben nicht mitgehen.

ÖVP und Grüne können sich nicht auf die Ausgestaltung des Arbeitslosengeldes einigen.
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Der Vorschlag der ÖVP sah vor, die Möglichkeit, sich das Arbeitslosengeld aufzubessern, einzuschränken. Rund 33.000 Menschen in Österreich machen das derzeit. Mit ein Grund: Nicht selten ist das Arbeitslosengeld mit Zuverdienst höher als das Einkommen bei einem (schlecht bezahlten) Vollzeitjob.

Rund 15.000 Menschen hätte man nach Kochers Einschätzung zu einem Umstieg in einen "ordentlichen Job" bewegen können, wäre an dieser Schraube gedreht worden. Die Ansichten, ob man damit längerfristig auch prekäre Arbeitsverhältnisse zurückdrängen oder im Gegenteil Menschen in die Armutsfalle treiben würde, gehen zwischen den Koalitionspartnern auseinander. Welche Rechnung aufginge, lässt sich nicht überprüfen. Denn es wird nicht ausprobiert.

Auch die Idee, an den ersten sieben bis zehn Tagen ohne Job keine Stütze auszuzahlen, war eine zu hohe Hürde. Danach wäre das degressive Arbeitslosengeld gekommen: drei Monate lang ein auf 70 Prozent des Letztbezugs erhöhtes Arbeitslosengeld, danach 55 Prozent wie bisher. In Summe wäre der finanzielle Aufwand für die Arbeitslosenversicherung dadurch nicht gesunken. Dennoch fehlte den Grünen offenbar der Mut zum Praxistest – oder die ideologischen Vorbehalte gegen vermeintlich neoliberales Zeug waren zu groß. (Regina Bruckner, 2.12.2022)