(Sharm el-Sheikh wenige Tage nach der Weltklimakonferenz 2022. Zwei braungebrannte Betriebswirtschaftsstudenten aus Wien spazieren die Uferpromenade entlang, an deren Rand diverse Verkaufsstände aufgebaut sind.)

Was bleibt von der Klimakonferenz?
Foto: REUTERS/EMILIE MADI

DER ERSTE: Also, meiner Ansicht nach müsst’ man nicht so ein Theater machen von wegen Erderwärmung und so. Der Kapitalismus ist ein flexibles System, wenn der merkt, es läuft aus dem Ruder, reagiert er verlässlich.

DER ZWEITE (nickt): Solang die Märkte funktionieren, mach’ ich mir eigentlich keine Sorgen. Die stellen sich automatisch ein auf die veränderten Bedingungen. (Ist zu einem der Stände getreten.) Schau, sogar die Spielsachen passen sich an. Windradbausätze für Kinder. Witzig, oder? Könnt’ ich meinem kleinen Bruder mitbringen, der bastelt gern.

(Er winkt dem Verkäufer, zeigt auf den Bausatz, erhält ihn, bezahlt.)

DER ERSTE (betrachtet währenddessen die ausgestellten Waren und greift nach einem Buch): Bücher haben sie auch, erstaunlich. Sogar auf Deutsch. "Die Kunst des Schüttens – Mit 99 Abbildungen von Werken von Monet, van Gogh, Picasso und vielen anderen. Nachwort Hermann Nitsch". Ist der nicht schon gestorben?

DER ZWEITE: Möglich. Wird er schon früher geschrieben haben. Er war immer ein Visionär.

DER ERSTE: Das kauf’ ich für die Anja. Die hat’s ja mit der Kunst.

DER ZWEITE (greift nach einem Schächtelchen): Was ist das? Ich kann das nicht lesen.

DER ERSTE: Hinten steht’s Deutsch. (Nimmt ihm das Schächtelchen aus der Hand, dreht es um und liest vor): "Protestkleber – Ideal zum Festkleben an Asphalt, Holz oder Glas. Biologisch abbaubar."

DER ZWEITE: Ich sag’s ja. Solang die Märkte funktionieren, brauchen wir uns keine Sorgen machen.

(Vorhang)

(Antonio Fian, 2.12.2022)