Thomas Schmid ist am 7. und 8. November erneut einvernommen worden, die Protokolle liegen nun im Ermittlungsakt.

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Ob Causa Casinos und die Bestellung eines Vorstands für den teilstaatlichen Glücksspielkonzern, ob Glücksspielreform und Lizenzvergabe, ob die Causa rund um die Beratungsgesellschaft ICG oder Geschenke in Form von teuren Maßanzügen: All das war Thema bei Thomas Schmids jüngsten Einvernahmen vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am 7. und 8. November.

Bei diesen Terminen hat die WKStA also noch Themen abgehandelt, die bei ihren 15 ganztägigen Befragungen von Schmid im Sommer noch nicht abschließend behandelt worden waren. Er will ja Kronzeuge werden und muss daher vollumfänglich aussagen und den Ermittlern etwaige neue Sachverhalte liefern. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Ein "Superministerium"

Bei der Causa Casinos (Casag), in der die WKStA ja seit mehr als drei Jahren ermittelt und den Verdacht eines Deals zwischen dem privaten Glücksspielkonzern Novomatic und der Politik untersucht, gingen die Staatsanwälte sehr penibel vor und versuchten, mit Schmids Hilfe jede Ecke der Angelegenheit auszuleuchten. Allerdings hatte Schmid schon bei seiner allerersten Einvernahme als potenzieller Kronzeuge deponiert, dass er zu dieser Causa nicht viel Neues beitragen werden könne und auch keine strafrechtlich relevanten Vorgänge wahrgenommen habe.

Diese Einschätzung bestätigt sich bei einer ersten Lektüre des Protokolls zu seiner "fortgesetzten Beschuldigtenvernehmung". Schmid konnte zur Vorgeschichte der Bestellung des freiheitlichen Bezirkspolitikers Peter Sidlo zum Casag-Finanzvorstand nicht viel erhellen. Für das Finanzministerium, also Schmid und Löger, "war wichtig, dass Bettina Glatz-Kremsner Vorstandsvorsitzende wird. Alles andere war für uns nicht so relevant", sagte Schmid aus. Eigentlich hatte man für die damalige ÖVP-Vizechefin andere Pläne: Sie sollte das von Sebastian Kurz angedachte "Superministerium für Wirtschaft und Finanzen" führen, dazu sollte es dann aber nicht kommen.

Sie blieb in der Casag, obwohl die Stimmung dort nicht besonders gut gewesen sein soll, wie Schmid den Ermittlern erzählte. Der damalige Chef Alexander Labak war aufgrund seines Auftretens nicht rasend beliebt, wie man längst weiß. An den Tag gelegt wurden im Glücksspielkonzern am Wiener Rennweg aber auch eher gewöhnungsbedürftige Verhaltensweisen. So wusste Schmid auszusagen, dass ein Manager "leicht bekleidet bis nackt im Büro – auch für andere wahrnehmbar – Turnübungen gemacht hat". Das soll dann zu Übersiedlungen in der Manageretage geführt haben.

Wahlkampfhilfe für die ÖVP

Mehr Details berichtet Schmid den Ermittlern zu jenen zwei Sachverhalten, die er im Zuge seines Wunschs nach dem Kronzeugenstatus selbst angezeigt hatte. Da wäre einmal die Causa rund um das Grazer Beratungsunternehmen ICG. Das soll im Sommer 2017 vom Finanzministerium mit einer Studie beauftragt worden sein, die aber tatsächlich für Wahlkampfzwecke der ÖVP benötigt worden sei. Diesbezüglich gab es bereits eine Hausdurchsuchung im Büro eines ICG-Managers. Das Unternehmen betonte, selbst nicht beschuldigt zu sein und mit den Behörden zu kooperieren. Schmid lieferte nun neue Informationen rund um die Vergabe des Studienauftrags und den Umgang mit den erstellten Inhalten.

"Die Initiative ist am Anfang bei uns gelegen", aber er habe die gesamten Unterlagen "als grundsätzliches Finanzkonzept für das Regierungsprogramm und die künftigen Regierungsverhandlungen" an einen Mitarbeiter von Sebastian Kurz übergeben. Der habe ihm diesbezüglich auch immer wieder Aufträge erteilt, so Schmid.

"Thomas, lass uns das durchziehen!!!!"

Mehr wissen wollten die Ermittler auch zu Schmids Vorwürfen gegen den Unternehmer Ronny Pecik: Der soll den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium mit geschenkten Maßanzügen und geliehenen Autos bestochen haben. Er habe unbedingt Aufsichtsratsvorsitzender der teilstaatlichen Telekom werden wollen und habe "Druck auf mich ausgeübt, dass er dafür nominiert werden möge", sagte Schmid.

Wie berichtet erklärte Peciks Anwalt Norbert Wess dazu, dass sein Mandant von Schmid "nie etwas gebraucht" und ihm lediglich Bitten erfüllt habe. Die Vorwürfe gingen ins Leere und seien ohnehin verjährt. Den Ermittlern erzählte Schmid nun aber, dass Pecik auch immer wieder Hilfe bei Telekom-internen Konflikten suchte. Etwa bei einem Streit mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Ruttenstorfer, den Pecik abgelöst sehen wollte. "Thomas, lass uns das durchziehen!!!!!", schrieb ihm Pecik im August 2016. "Ich freue mich total darauf!!!", antwortete Schmid. "Ich noch mehr!!!", erwiderte Pecik.

Sobotka, eine "Katastrophe" als Minister

Auch um Unterstützung für die damalige Telekom-Managerin und spätere Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), die unternehmensintern unter Druck geraten war, warb Pecik bei Schmid: "Bitte machts die MS so schnell wie möglich zum CEO oben und unten und ALLE Dinge sind gelöst!!!!"

Pecik, der Schwager von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), teilte aber auch abseits der Telekom seine Einschätzungen mit Schmid. Im Mai 2016, also noch lang vor Beginn der Ära Kurz, forderte er Schmid auf: "Der Sobotka als Minister (Innenminister, Anm.) ist ne Katastrophe!!! Und Mitterlehner (ÖVP-Chef, Vizekanzler, Anm.) wird immer schlimmer!!! Bitte machen wir was!!!"

Pecik selbst fühlte sich offensichtlich nicht wertgeschätzt. Marcel Koller, damals Trainer der Fußballnationalmannschaft, "bekommt ein Ehrenzeichen als Trainer!!! Ich rette das 3. größte Unternehmen Österreichs und zahle hunderte Millionen Steuer und kann mich vom Kommunisten Muhm (damaliger AK-Wien-Direktor, Anm.) und anderen ärgern lassen!!! Was für Nudeldrucker!!!!" Schmid versuchte, ihn zu beruhigen: "Du bist ein Hammer! Ich weiß wie schrecklich! (...) Bevor ich abhaue, checken wir ein Ehrenkreuz für dich!"

Schmids Einvernahmen dürften vorerst abgeschlossen sein – wobei derzeit noch nicht bekannt ist, über welche Themen Schmid zusätzlich ausgepackt hat. So gelangten sieben Seiten einer Anzeige von Schmids Anwalt Roland Kier nur geschwärzt in den Akt. Was sich darunter verbirgt, ist noch unklar. (Renate Graber, Fabian Schmid, 2.12.2022)