Das Xiaomi Redmi A1 gibt es in den Farben Schwarz, Light Blue und Light Green.

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Unaussprechlich günstig? Das Xiaomi Redmi A1 ist seit kurzem im Handel erhältlich und besticht vor allem durch seinen Preis. Gerade mal 100 Euro kostet das Smartphone und verspricht alle wesentlichen Funktionen an Bord zu haben, die Nutzerinnen und Nutzer für den Alltag brauchen. DER STANDARD hat sich angesehen, ob der Tiefflug nur für den Preis gilt, für wen er geeignet ist – und warum er dennoch nicht konkurrenzlos ist.

Unter dem Label Redmi bietet der mittlerweile drittgrößte Smartphonehersteller der Welt traditionell günstige Low-Budget-Geräte an. Pionier ist das Redmi A1 also nicht: Im Jahr 2019 gab es mit dem Redmi Go zuletzt schon einmal ein ähnliches Smartphone von Xiaomi, das sogar für nur 60 Euro viel Leistung versprach – und weitgehend auch halten konnte.

Angenehmer Erstkontakt

Nimmt man das Redmi A1 zum ersten Mal aus der Verpackung, ist man überrascht, wie gut die Qualität für diese Preisklasse ausgefallen ist. Mit gleichmäßigen und kaum wahrnehmbaren Spaltmaßen hinterlässt das Gerät einen tadellos verarbeiteten Eindruck und liegt gut in der Hand. Die Rückseite mag zwar aus Kunststoff sein, ist aber robust und mit ihrer Textur smart optimiert: Sie vermittelt Nutzern ein wenig die Illusion, als hätte man Leder in der Hand. Ein Schutz gegen Staub und Wasser wird nicht geboten.

Auch sonst bietet das Gerät in seiner äußeren Anmutung wenig Überraschungen: An der rechten Längsseite befinden sich Power-Taste und Lautsprecherwippe, beides ist angenehm zu erreichen. An der linken Seite lässt sich der Einschub für zwei Sim-Karten herausziehen sowie für einen Micro-SD-Slot, der eine Massenspeichererweiterung von bis zu einem Terabyte erlaubt. Das ist auch bitter nötig, denn ab Werk ist das Redmi A1 nur mit 32 Gigabyte Speicher bestückt. An der schmalen Oberseite des Geräts sind die Aussparungen für einen sehr dünn klingenden Lautsprecher, den man nicht zu laut aufdrehen sollte.

Die Verarbeitung des Xiaomi Redmi A1 zählt definitiv zu den positiven Überraschungen.
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Überraschend hingegen, dass im Lieferumfang ein Netzteil mit Ladekabel enthalten ist. Zwar sollte für 100 Euro kein Gedanke an eine Schnellladefunktion verschwendet werden, ein wenig enttäuschend ist es aber schon, dass Stromzufuhr und Datenaustausch über Micro-USB anstelle von USB-C erfolgen. Der entsprechende Anschluss befindet sich mittig an der Unterseite des Geräts, gleich links vom Kopfhöreranschluss.

Ein Blick auf das Display mit einer Diagonale von gut 6,5 Zoll (ca. 16,5 Zentimeter) offenbart recht dicke Ränder und die für diese Preisklasse ebenso wenig verwunderliche tropfenförmige Aussparung für die Frontkamera. Der Bildschirm selbst hat eine Auflösung von 1.600 x 720 Pixel, was in Bezug zur Bildschirmdiagonale eine Pixeldichte von knapp 270 PPI bedeutet. Das klingt recht niedrig, erweist sich aber im Alltag als ausreichend. Ähnlich wie schon beim Test des T Phone Pro ist die niedrige Helligkeit des Bildschirms wesentlich störender, etwa beim Betrachten von Videos.

Technik von gestern

Das Kernstück des Redmi A1 ist ganz schön in die Jahre gekommen. Der Vierkernprozessor wurde bereits im Jahr 2018 veröffentlicht und bekommt lediglich zwei Gigabyte Arbeitsspeicher zur Seite gestellt. Was zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch als Mittelklasse durchgegangen ist, kann vier Jahre später bestenfalls als billiger Kompromiss bezeichnet werden.

Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Benchmarks wider: Das Redmi A1 erzielte im Geekbench 5 bescheidene 142 Punkte im Single- und 513 Punkte im Multi-Score. Im 3DMark für mobile Endgeräte ließ sich trotz virtueller Erweiterung des Arbeitsspeichers um zwei Gigabyte überhaupt nur der Test "Slingshot" ausführen und wirkte eher wie eine Aneinanderreihung von Standbildern als auch nur ansatzweise wie eine Grafikdemo.

USB-C wäre wünschenswert gewesen. Der optionale Kopfhöreranschluss ist dafür erfreulich.
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Bei der Konnektivität muss man sich in dieser Preisklasse zunächst mit LTE, GPS und Bluetooth 5.0 begnügen. Dass 5G und NFC fehlen, mag noch verschmerzbar sein, aber WLAN bis zum n-Standard (WiFi 4) scheint im Jahr 2022 knapp bemessen und begrenzt die maximale Datenübertragungsrate auf 600 Mbit pro Sekunde.

Diese relativ schwachen Spezifikationen haben immerhin den positiven Effekt, dass sie wenig Strom verbrauchen. Das verlängert die Laufzeit des Akkus, mit dem man locker zwei bis drei Tage ohne Zwischenstopp an der Steckdose auskommt. Beim Laden bedarf es wiederum ein wenig Geduld, sieben Prozent je 15 Minuten sind passabel, aber freilich kein überragender Wert.

Gestatten, Android Go – Stop-and-Go

Geht es um die Bedienung des Geräts, ist auch hier Geduld das richtige Stichwort. Mit Android 12 Go kommt zwar nur eine funktionell reduzierte Version des Smartphone-Betriebssystems von Google zum Einsatz, wirklich auf Trab kam das Redmi A1 dadurch aber auch zu keinem Zeitpunkt des Tests. Selbst die virtuelle Erweiterung des Arbeitsspeichers um zwei Gigabyte, die erst mit einem Update möglich war, konnte keine wesentliche Beschleunigung herbeiführen. Schon die Ersteinrichtung dauerte eine gefühlte Ewigkeit, und gleich danach stürzte Chrome beim Surfen erst einmal ab.

Und auch sonst fühlte sich das Navigieren in den Apps und in den Menüs des Betriebssystems an, als hätte man irgendwo versehentlich einen Button für die Zeitlupe berührt. Beim Ausführen mehrerer Aufgaben gleichzeitig schien das Gerät überhaupt aus allen Löchern zu pfeifen, das 60-Hz-Display macht beim Scrollen auch keine gute Figur mehr. Zugutehalten kann man dem Redmi A1 allerdings, dass man damit grundsätzlich immer ans Ziel kommt. Nur dauert es eben ein Weilchen länger, als die meisten von uns es mittlerweile gewohnt sein dürften.

Hinsichtlich der Sprachqualität beim Telefonieren lässt sich festhalten, dass man vom Gegenüber klar und deutlich wahrgenommen wird. Umgekehrt patzt das Redmi A1 aber mitunter mit einem leicht vibrierenden Gehäuse, das je nach Nutzer sogar als störend empfunden werden könnte, wenn er es beim Telefonat in der Hand hält.

Bitte lächeln

Die Hauptkamera mit einer Auflösung von acht Megapixel in Kombination mit einem Tiefensensor verheißt keine überragenden Resultate, in der Praxis erfüllt sie aber bei entsprechendem Umgebungslicht ihren Job. Die Frontkamera mit fünf Megapixel reicht für das eine oder andere Selfie aus, aber auch hier gilt: Wie es für den Preis zu erwarten ist, wird man keine Wettbewerbe damit gewinnen.

Die Kamera gewinnt keine Wettbewerbe, erfüllt für diese Preisklasse aber ihren Zweck.
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Der Vergleich zu einer teuren Konkurrenz wäre hardwareseitig unfair, dennoch muss sich das Redmi A1 auch in diesem Fall den Vorwurf träger Software gefallen lassen. Die Verzögerung zwischen Betätigung des Auslösers und tatsächlichem Foto kann bestenfalls als grenzwertig bezeichnet werden und erschwert das Gelingen von Schnappschüssen unnötig. Weniger schlimm fällt das bei Videos ins Gewicht, die mit einer Full-HD-Auflösung und 30 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden können.

Konkurrenz? Gibt es!

Bekommt man für 100 Euro letztlich also wirklich so viel geboten? Ein kurzer Blick auf die Konkurrenz zeigt, dass der Schein ein wenig trügt: Im direkten Umfeld kann das Redmi A1 bestenfalls noch das Alcatel 1B wegen der besseren Akkulaufzeit in Schach halten, ansonsten muss es sich – zumindest auf dem Datenblatt – dem Motorola Moto E22i geschlagen geben. Für einen Aufpreis von knapp zehn Euro (Stand: 2.12.2022) erhält man theoretisch das bessere Paket. In der gleichen Preisklasse befindet sich auch noch das ZTE Blade A51, das zeigt, dass Xiaomi in diesem Segment definitiv nicht allein ist.

Fazit

Es ist schon überraschend, wie viel Smartphone man grundsätzlich für 100 Euro bekommen kann. Das Xiaomi Redmi A1 verdeutlicht aber, dass günstig zusammengewürfelte Hardwarekomponenten allein eben nicht alles sind und erst ein möglichst reibungsloses Zusammenspiel mit dem Betriebssystem das Nutzererlebnis zu einer runden Sache macht. Stotternde Bedienung und durchschnittliche Konnektivität hinterlassen nicht den Eindruck, als könne man sich tagtäglich auf das Smartphone verlassen.

Als Alltagsgerät und Ersatz für ein bestehendes Smartphone kann also keine Empfehlung für das Redmi A1 ausgesprochen werden. Wer im Urlaub, auf Festivals oder bei anderen Freizeitaktivitäten sein teure(re)s Handy zu Hause lassen, aber dennoch weitgehend vollwertig erreichbar sein oder mal was im Internet nachschauen möchte, kann das Low-Budget-Smartphone durchaus in Erwägung ziehen. Doch auch hier gilt: Die Konkurrenz scheint nicht weit entfernt. (Benjamin Brandtner, 5.12.2022)