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Twitter will sich in Zukunft bei der Moderierung von Inhalten mehr auf Automatisierung verlassen. "Das Wichtigste, was sich geändert hat, ist, dass das Team jetzt ermächtigt ist, so schnell und aggressiv wie möglich zu handeln", sagte die neue Twitter-Chefin für Vertrauen und Sicherheit, Ella Irwin, am Donnerstag in einem Interview mit Reuters.

Forscher hatten seit der Ankündigung einer Amnestie für ehemals gesperrte Twitter-Konten durch Twitter-Chef Elon Musk eine starke Zunahme von Hate Speech verzeichnet. Auch heißt es, dass Twitter nicht mehr gegen Corona-Falschinformationen vorgeht. Laut Irwin will Twitter nun die Automatisierung vorantreiben, anstatt sich auf zeit- und arbeitsintensive menschliche Überprüfungen schädlicher Inhalte zu verlassen.

EU warnt Musk

Am Freitag hatte Elon Musk bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine deutliche Verstärkung der Moderation von Inhalten und den Schutz der Redefreiheit versprochen. Zuvor hatten EU-Politiker den neuen Twitter-CEO explizit gewarnt, dass die Plattform sich an die strengen regeln des Digital Services Act (DSA) halten müsse. Dieser sieht unter anderem ein konsequentes Vorgehen gegen Hasspostings vor.

In diesem Kontext hatte zuletzt EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton Strafzahlungen und weitere Maßnahmen ins Spiel gebracht. "Es ist völlig klar: Wenn Twitter sich nicht an diese Regeln hält, können wir Strafzahlungen verhängen. Und wenn sich die Regelverstöße fortsetzen, können wir die Plattform in Europa abschalten", sagt Breton den Zeitungen der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung Ouest-France: "Niemand sollte sich täuschen: Wir werden das auch tun, wenn es nötig wird. Das ist der Wunsch unserer großen Demokratie."

"Wir verfolgen sehr genau, was auf Twitter passiert seit der Übernahme durch Elon Musk", betont Breton und kündigte an, vor Weihnachten werde es ein weiteres Treffen zwischen ihm und Twitter-Chef Musk geben. Die Gesetze über digitale Märkte und digitale Dienste "bieten wirkungsvolle Instrumente, um die Verbreitung von Lügen und Hass einzudämmen", sagt Breton: "Twitter muss diese Kriterien erfüllen, wenn es auf dem europäischen Markt weiter tätig sein will."

Freibrief für Hassrede

Musk hatte stets betont, die aus seiner Sicht zu starken Einschränkungen der Meinungsfreiheit auf der Plattform zu beseitigen. Kritiker befürchten, dass er damit Hassrede und Hetze Vorschub leisten könnte.

Das Gesetz über Digitale Dienste soll unter anderem sicherstellen, dass Plattformen illegale Inhalte auf ihren Seiten schneller entfernen. Die Vorgaben gelten ab Mitte Februar 2024 in der gesamten EU – für besonders große Plattformen schon früher. Anfang 2023 sollen Kommissionsmitarbeitende einen Stresstest in der Twitter-Zentrale durchführen.(APA/Reuters/dpa/red, 3.12.2022)

Update, 3.12., 11:38: Der Beitrag wurde um die Statements Thierry Bretons und Hintergrundinformationen ergänzt.