Gruppenbild mit Stromer: enorme Bandbreite an Antriebsarten beim neuen X1, von Diesel, Benziner, Mild- und Plug-in-Hybrid bis rein elektrisch.
Foto: BMW

In Zeiten wie diesen wollen viele genauer wissen, wo die Sachen herkommen, die sie kaufen. Bei etlichem hat man längst keine Wahl mehr, weil es nur noch im kapitalkommunistischen China gefertigt wird, bei manchem schon. Beim Auto etwa, nach der Wohnung die teuerste Investition, die man so tätigt.

Schon sind wir bei BMW. Die stellen inzwischen etliche Autos dort her, wo die größten Absatzmärkte vermutet werden. Die SUVs, X3 bis X7, stammen alle aus Spartanburg, USA, nur der iX3, die Elektroversion des X3, kommt aus China, aus Shenyang in der Mandschurei. Will man partout einen made in Germany, ist die Palette dünn: Das Elektro-SUV-Flaggschiff iX kommt aus Dingolfing, X1 und X2 aus Regensburg.

Perfektes SUV-Wetter in Sölden im Tiroler Ötztal.
Foto: BMW

Der X1, der soeben in dritter Generation debütiert, ist zwar sauteuer, aber doch der leistbarste weiß-blaue SUV (und, so nebenbei, der meistverkaufte BMW in Österreich) – und er ist ein Typ, bei dem einem fast nichts fehlt. Vernünftig großer Kofferraum, genügend und genügend große Ablagen und Fächer und dazu jene charakteristische Art des Vorwärtsdrangs, die BMW gerne für sich in Anspruch nimmt.

Erstmals gibt es auch einen elektrischen Ableger, den iX1, mit 230 kW (313 PS) und bis zu 440 km Reichweite – Leserin und langjährige BMW-Fahrerin Sandra J. (auf "Hugo II", X3 erster Generation, also vergleichbare Abmessungen) beispielsweise könnte das vielleicht interessieren.

Im Test der 218-PS-Benziner mit 48-Volt-Mildhybrid und Allradantrieb.
Foto: Andreas Stockinger

Zum Erstkontakt sind wir im xDrive23i unterwegs. Allradversion mit Benziner also, ein Vierzylinder mit 218 PS. Und angesichts des iX1 sei die Reichweite ergänzt, mit großem Tank nämlich weit über 800 km. Mit dabei ist ein 14 kW (19 PS) starker Riemen-Starter-Generator, weil nämlich: 48-Volt-Mildhybrid.

Freundliche Unterstützung

Der unterstützt den Otto freundlich beim Anfahren, schon ein Vergnügen, wie freudig und unvermittelt der X1 solcherart loslegt. Die Sieben-Gang-Steptronic, ein Doppelkupplungsgetriebe, passt kongenial dazu – ebenso wie das im M-Sportpaket des Testfahrzeugs enthaltene, mit großer Raffinesse sportlich abgestimmte adaptive Fahrwerk. Und der autobahnlastige Testverbrauch? 7,7 l / 10 km, sagt der Bordcomputer.

So weit also alles eitel Wonne, bis auf das, na ja, Bedienkonzept. Die haben, wie schon beim 2er Active Tourer, den Controller rausgeworfen. Nein, nicht den in der Firma, sondern den Dreh-drück-Infotainment-Bedienknopf namens iDrive. War und ist seit seiner Einführung im "Bangle"-7er (E65) 2001 das weltbeste Bediensystem, die Anfangsschwierigkeiten lagen auf der Soft-, nicht auf der Hardwareseite. Rausgeworfen zugunsten dieses gebogenen Touch-Panorama-Screens.

Ergonomischer Arbeitsplatz – aber leider: nur noch Touchbedienung.
Foto: Andreas Stockinger

Die jungen Leute wollten nur mehr Touch, sie seien das vom Handy her so gewohnt, argumentiert BMW. Wir unterstellen: Jede mechanische Komponente kostet, kostet deutlich mehr als die Berührungsbildschirmoberfläche, und das wird wohl mit ein Hauptargument für den Controller (diesmal den in der Firma) vulgo Groscherlzähler sein. Immerhin: BMW führt das zunächst nur in den Baureihen auf Fronantriebsplattform ein, die restlichen Modelle bleiben beim iDrive.

In Summe ist das der beste X1 seit Start der Baureihe vor 13 Jahren, wäre auch komisch, wenn nicht, bisher wurden übrigens 2,7 Millionen X1 verkauft. Einer für (fast) alles: Der iX1 wurde bereits erwähnt, insgesamt ist die Vielfalt der verfügbaren Antriebskonzepte enorm.

Erst einmal: Frontantrieb und Allrad. Dann: Je drei Dieselmotoren (150, 163, 211 PS) und Benziner (136, 170, 218 PS) sind erhältlich, die stärksten jeweils mildhybridisiert. Dazu gesellen sich zwei Plug-in-Hybride, der xDrive 25e kommt dabei auf 180 kW (245 PS) Systemleistung und 92 elektrische Kilometer, der xDrive30e auf 240 kW (326 PS) und 82 km unter Strom.

Allrad wird ja in Österreich immer gern gesehen und der Elektro X1 wird auch nur so angeboten.
Foto: Andreas Stockinger

Neben diesem Testfahrzeug das gesamte Potpourri unter die Lupe zu nehmen ergab sich dann dieser Tage in Sölden. Am ersten Tag am Gletscher, bei Kaiserwetter auf Schnee und Eis, am zweiten bei Schneegestöber unter "realen" Winterfahrbedingungen auf regulärem Straßennetz.

Alpenglühen

"Alpenglühen bei Alpenglühen", tönte ein origineller Kollege, unsereins verwies darauf, dass so ein Kalauer heute ein klein wenig unkorrekt wirken könne, und stieg zum Schneewalzer sogleich in den iX1. Emissionsfrei. Der Hofer Andreas hätte seine Freude, so sauber bleibt die Luft, und mit Grillparzer genießt du "des Innern stillen Frieden und die schuldbefreite Brust".

Jedenfalls, Kaiserwetter – mit Schiebung. Es geht eine vereiste, verschneite Straße auf und ab, ein paarmal mit allen elektronischen Schutzengeln im Einsatz, da regelt es einen rigoros herunter, ein paarmal ohne dieses Auffangnetz, und stets macht sich die schiere Masse des iX1 bemerkbar: Mit 2085 kg ist das eben kein Leichtgewicht, 1730 wären es beim vorhin besprochenen xDrive23i. Effekt: Besonders bei Bergabfahrt schiebt der iX1 schon mächtig nach vorn und zur Seite. Da ist der Benziner deutlich leichter und sicherer zu handhaben.

Andererseits, auf dem Slalomkurs, wiederum ohne Regelsysteme im Sport-Plus-Modus: Da lässt sich mit dem Elektrischen lustig driften. Schon kommt der Popsch raus, man fängt ihn ab und nimmt den Schwung in die Gegenrichtung mit, das geht so mit dem Benziner nicht.

Den iX1 mit reinem Elektroantrieb gibt es ab Ende November zu haben.
Foto: BMW

Beim Plug-in-Hybrid wiederum fällt besonders auf, wie harmonisch Verbrenner vorn und E-Motor hinten aufeinander abgestimmt sind, und der Diesel bleibt halt einfach die sparsamste Alternative.

Neu im X1 ist auch ein integriertes Bremssystem, das den Zielkonflikt zwischen Reibbremse und Rekuperation bewundernswert souverän löst. BMW hatte zwei Versuchsfahrzeuge mit Messgeräten an Bord mitgebracht, die das genauer aufzeigten. Ziel ist dabei ja, möglichst viel Bremsenergie wieder in den Akku einzuspeisen. So ungeheuer komplex die Regeltechnik dahinter, so simpel der Effekt: Man merkt nix davon, das bremst sich ganz normal.

Abschließend noch kurz zur Frontantriebsplattform, auf der alle Minis und kompakten BMWs basieren. Laut Entwicklungschef Stefan Flöck macht deren Anteil 35 Prozent des Konzerngesamtabsatzes aus, Tendenz weiter steigend, anders als Mercedes bleibt BMW konsequent am Ball. Und die Prognose für den iX1: 31 Prozent aller X1 weltweit. (Andreas Stockinger, 6.2.2022)