Unter Dark Tourism versteht man den Besuch von morbiden Orten, sogenannten Lost Places. Es sind verfallene und verfallende Orte, die oftmals mit gruseligen Begebenheiten in Verbindung gebracht werden und die gerade deshalb auf immer mehr Menschen eine besondere Faszination ausüben. Immerhin nahmen die Suchanfragen bei Google nach dem Begriff "lost places" im Zeitraum von 2017 bis 2022 um 400 Prozent zu, wie der Reiseveranstalter Tui herausgefunden hat.

Wir stellen hier zehn Lost Places in Deutschland vor – Betreten auf eigene Gefahr!

Lopau, Niedersachsen

Nur die leerstehenden Wohnhäuser, die alte Dorfschule und ein verlassener Bauernhof weisen darauf hin, dass Lopau nicht immer so verlassen war. Mitte der 1970er-Jahre zählte die Ortschaft in Niedersachsen nur noch 62 Einwohner, denn die unmittelbare Nähe zum größten Truppenübungsplatz Europas wurde dem kleinen Dorf zum Verhängnis: 1980 mussten die verbliebenen Anwohner umgesiedelt werden, da die durchgeführten Übungen der Truppen auf dem angrenzenden Truppenübungsplatz Munster Nord und das damit verbundene Risiko von Fehlschüssen viel zu hoch war.

Es bestand Lebensgefahr und das endgültige Schicksal von Lopau war besiegelt. Auch wenn das verfallene Dorf durchaus den Reiz besitzt, besucht und besichtigt zu werden, kann das Betreten noch lebensgefährlich sein. Denn auch noch heute führt das Militär auf diesem Gelände Schießübungen durch.

Mausoleum des Baron von Schröder, Hamburg

Das für den aus Hamburg stammenden Baron von Schröder errichtete Mausoleum auf dem Ohlsdorfer Friedhof beeindruckt mit seiner imposanten Größe, insgesamt umfasst das Mausoleum eine Fläche von 222 Quadratmetern.

Seit Jahrzehnten ist das größte Mausoleum im Norden der Witterung ausgesetzt, der abgeblätterte Putz und die eingeschlagenen Scheiben zeugen vom stetigen Verfall des denkmalgeschützten Gebäudes. Wenn der Baron von Schröder von dem heutigen Zustand wüsste, würde er sich vermutlich im Grabe umdrehen.

Bunker am Bremer Hauptbahnhof, Bremen

Ganz unscheinbar und nicht auf den ersten Blick erkennbar, befindet sich ein Lost Place der besonderen Art in der unmittelbaren Nähe des Bremer Hauptbahnhofs. Direkt unter dem Bahnhofsvorplatz versteckt sich ein Bunker, der bis zu 900 Menschen Schutz vor den Angriffen während des Zweiten Weltkrieges bieten konnte. Bis in die 1970er-Jahre bot er auch Obdach für männliche Wohnungslose, die nach dem Krieg ihr Zuhause verloren hatten. Der Bunker kann heute im Rahmen von Führungen besucht werden.

Halbinsel Wustrow, Mecklenburg-Vorpommern

Die idyllisch anmutende Halbinsel Wustrow in der Ostsee wirkt auf den ersten Blick überhaupt nicht wie ein Lost Place oder gar ein gruseliger Ort. Lediglich die Information, dass die Halbinsel unter keinen Umständen betreten werden darf, macht neugierig. Was ist passiert?

Im Jahr 1933 wurde die Halbinsel von der deutschen Wehrmacht gekauft und für die größte Flakartillerieschule Deutschlands genutzt. Im Laufe der Zeit entstanden dorfähnliche Strukturen, die Kasernenanlagen wurden ausgebaut und ein Hafen sowie ein Flugplatz errichtet. Neben den vielen Wohnhäusern, in denen die zivile Bevölkerung untergebracht wurde. Es gab ein Schwimmbad, ein Kino und eine Kegelbahn.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sprengte die sowjetische Armee alle militärischen Anlagen der Wehrmacht, errichtete Sperranlagen und postierte Wachen. 1993 verließen die letzten russischen Soldaten die Halbinsel. Aufgrund der verbliebenen militärischen Altlasten ist seit dem Jahr 2004 das Betreten des Geisterdorfes Wustrow für die Öffentlichkeit verboten.

Heilstätte Grabowsee, Brandenburg

Die Heilstätte Grabowsee kann auf eine weitreichende Geschichte zurückblicken. Diese beginnt bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt stiegen die Tuberkulose-Erkrankungen im Land sprunghaft an, allerdings mangelte es an Behandlungsmöglichkeiten.

Die Heilstätte Grabowsee war zunächst ein Versuchsobjekt: So sollte in der in Brandenburg gelegenen Heilstätte herausgefunden werden, ob auch im Flachland Tuberkulose-Erkrankungen durch das Deutsche Rote Kreuz erfolgreich behandelt werden könnten. Im Ersten Weltkrieg wurde Grabowsee noch als Kurstätte für lungenkranke Soldaten genutzt und im weiteren Verlauf der Jahre immer weiter ausgebaut.

Noch 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Lazarett durch die Sowjetunion genutzt, danach stand die Heilstätte leer. In den folgenden Jahren diente sie hin und wieder als Schauplatz für Filme, so wurde beispielsweise der Hollywoodfilm "The Monuments Men" unter anderem in Grabowsee gedreht.

Selbstmörderfriedhof Grunewald, Berlin

Zu den unbekannteren Lost Places, die die deutsche Hauptstadt zu bieten hat, gehört der sogenannte Selbstmörderfriedhof im Grunewald. Bevor es diesen Friedhof im Grunewald-Forst gab, wurden Selbstmörder nicht auf dem regulären Friedhof bestattet, da Suizid als eine der Todsünden galt, weshalb ein extra Waldfriedhof errichtet wurde. Dieser Waldfriedhof befindet sich direkt an der Havel, die durch den Grunewald führt, sodass viele Wasserleichen an dieser Biegung angeschwemmt wurden.

Villa Kolbe in Radebeul, Sachsen

Der auch noch heute beeindruckende Bau, der an ein Renaissanceschloss erinnert und in einem riesigen Anwesen liegt, wurde 1891 für den Generaldirektor der chemischen Fabrik von Heyden Carl Kolbe gebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er als Klinik genutzt und 1972 als Außenstelle des ortsansässigen Krankenhauses verwendet. Bis 1995 fand sich in der sogenannten Villa Kolbe eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung, seitdem steht das Gebäude leer. Der Verfall hat auch vor diesem imposanten Bau nicht haltgemacht, mittlerweile ist der Komplex komplett verwahrlost und das Grundstück verwildert.

Sophienheilstätte in Bad Berka, Thüringen

Die Sophienheilstätte wurde 1898 in München, einem heutigen Stadtteil Bad Berkas, als Heilstätte für Lungenkranke erbaut. Zunächst konnten bis zu 80 Patienten aufgenommen werden, die Auslastung war jedoch schnell erreicht, sodass ein Ausbau und eine Aufstockung der Bettenzahl vorgenommen werden mussten.

1924 erfolgte die Umwandlung in eine klinische Heilstätte, um auch operative Eingriffe vornehmen zu können. Ebenfalls wurde nach dem drastischen Anstieg der Tuberkulose-Erkrankungen vermehrt direkt vor Ort behandelt. 1993 wurde der Gebäudekomplex geräumt und ist seitdem verlassen. Deutliche Spuren kennzeichnen den andauernden Verfall.

Verlassene Arztvilla, Hessen

Der wohl bekannteste Lost Place in Deutschland befindet sich in Nordhessen. Die verlassene Arztvilla wurde vom Besitzer und seiner Familie sowohl als Wohnhaus als auch als Praxis benutzt. Im Keller des Hauses befand sich viele Jahre eine urologische Facharztpraxis. Seit dem Tod des Ärzteehepaars steht die Villa leer. Vor allem die fast vollständig eingerichtete Villa sowie die Praxis sind ein Magnet für alle, die sich gern mit Lost Places beschäftigen.

Leider ist die Villa nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zustand, da sie sehr von Zerstörung und Vandalismus betroffen ist. Dadurch hat sie viel von ihrem einzigartigen und gleichzeitig schaurigen Charme verloren.

Heilstätte Charlottenhöhe, Baden-Württemberg

Die Heilstätte Charlottenhöhe wurde 1907 errichtet und wie damals häufig üblich zur Behandlung von Tuberkulose-Erkrankungen genutzt. 13 Jahre später erfolgte ein Ausbau zur Heilstätte für Arbeitstherapien für Langzeiterkrankte, die im Anschluss an ihre Behandlung wieder in der Lage sein sollten, leichte Arbeiten durchzuführen.

Ab dem Jahr 1973 bestand kein Bedarf mehr, die Heilstätte weiterzuführen, sodass sie geschlossen wurde. Knapp 20 Jahre wurde sie danach noch als Zentrum für Umschulungslehrgänge verwendet und befand sich von da an in immer wieder wechselnder Hand von privaten Investoren. Mittlerweile erinnert nicht mehr viel an die einst so angesehene Heilstätte Charlottenhöhe, deren Gebäude stark vom Verfall gekennzeichnet sind. (red, 5.12.2022)