Die idyllische Postkartenansicht darf nicht darüber hinwegtäuschen: die hohen Wohnkosten machen für viele ein Leben in der Stadt Salzburg unfinanzierbar.

Foto: Thomas Neuhold

Es klingt auf den ersten Blick wie eine bestenfalls für Statistik-Aficionados interessante Zahlenspielerei: Wie die Landesstatistik nach Auswertung aller verfügbaren Daten bekanntgegeben hat, ist erstmals in der Geschichte des Bundeslands Salzburg die Landeshauptstadt nicht mehr der größte politische Bezirk. Mit Stichtag 1. Jänner 2022 lebten im Flachgau (Bezirk Salzburg-Umgebung) um 362 Menschen mehr als in der Stadt. Insgesamt lebten im Bundesland zu dem Stichtag 562.606 Menschen.

In absoluten Zahlen heißt das: "155.331 Personen leben in der Landeshauptstadt und 155.693 Personen im Bezirk Flachgau", sagt der Leiter der Landesstatistik, Gernot Filipp. Das heißt freilich nicht, dass die Landeshauptstadt Bevölkerung verliert, aber "vor 20 Jahren, also im Jahr 2002, wohnten in der Stadt Salzburg noch um rund 7900 Personen mehr als im Flachgau. Der Flachgau verzeichnete in den vergangenen 30 Jahren ein 3,5-mal so hohes Bevölkerungswachstum wie die Stadt", hat Filipp ausgerechnet.

Diese Entwicklung hatten Raumplanungsexpertinnen und -experten schon vor 30 Jahren vorausgesagt. Und sie wird weitergehen: In fünf Jahren wird der Bezirk Salzburg-Umgebung bereits um über 2000 Menschen mehr zählen als die Stadt.

Speckgürtel und Landflucht

Verantwortlich für diese Entwicklung ist vor allem der starke Zuzug in den Planungsregionen Flachgau-Nord, Salzburger Seengebiet und Osterhorngruppe sowie südlich der Landeshauptstadt im Planungsgebiet Salzach-Tennengau. Im Klartext bedeutet das aus Sicht der Raumplanung: Die Schlafgemeinden rund um die Stadt boomen.

Die Folgen sind täglich auf den Einfallstraßen der Stadt sichtbar: Die Anzahl der Einpendler und Einpendlerinnen steigt. Dazu kommen Zersiedelung, Flächenverbrauch und Bodenversiegelung.

Umgekehrt schrumpft die Bevölkerung in den strukturschwachen Regionen. Und das nicht nur in Relation zu den Boomgemeinden; im Lungau – dem südlichsten Bezirk des Landes – sogar absolut. In dem etwa 20.000 Einwohner zählenden Bezirk lebten Anfang 2022 um beinahe 600 Menschen weniger als noch vor zehn Jahren.

Ertragsanteile

Die Stadtpolitik hat die Verschiebung der Gewichte zugunsten der Umlandgemeinden nicht weiter kommentiert. Nur der KPÖ-Gemeinderat Kay-Michael Dankl monierte, das Abrutschen der Landeshauptstadt auf Platz zwei sei eine Folge der gescheiterten Wohnungspolitik. "Die teuren Wohnkosten vertreiben die Menschen aus der Stadt. Sogar Familien mit durchschnittlichen Einkommen finden kaum noch leistbaren Wohnungen", kritisierte Dankl.

In der Folge drohten auch Verluste bei den Ertragsanteilen, da die Gemeinden diese Anteile aus den Einnahmen des Bundes abhängig von der Anzahl ihrer Bewohner mit Hauptwohnsitz bekämen. "Die Abwanderung kostet die Stadt viel Geld. Ziehen rund fünfhundert Personen weg, fehlen der Stadtkasse schon um die hunderttausend Euro jährlich", so Dankl. (Thomas Neuhold, 6.12.2022)