In Wien gehen am Dienstag wieder Universitätsangehörige auf die Straße. Diesmal geht es allerdings nicht primär um die finanziellen Lücken im Hochschulbudget, sondern um den Start der Kollektivvertragsverhandlungen. Besonders die jungen Wissenschafterinnen und Forscher haben Anliegen: Die Angehörigen des sogenannten Mittelbaus fordern unter dem Titel "Uni ohne Ketten – Wissenschaft retten" nicht nur einen Gehaltsabschluss, der zumindest die Teuerung ausgleicht, sondern besonders auch die Abschaffung der Kettenvertragsregelung. Die Demonstration startet um 8.30 Uhr bei der GÖD-Zentrale in der Teinfaltstraße und zieht zum Hauptgebäude der Uni Wien am Ring.

Von der GÖD-Zentrale zieht am Dienstag die Demo zum Uni-Hauptgebäude.

Die diesjährige Verhandlungsrunde fände "unter düsteren Vorzeichen statt", heißt es in dem Demoaufruf der Gruppe "Unterbau Uni Wien". Gemeint ist damit: Da das dreijährige Unibudget für die Jahre 2021 bis 2024 bereits Ende 2021 – noch vor der starken Teuerung infolge des Ukraine-Krieges – erstellt wurde, klafft eine Lücke in den Finanzen der Hochschulen. Die Universitätenkonferenz, der Zusammenschluss der 22 öffentlichen Universitäten, hatte diese mit 1,2 Milliarden Euro in den kommenden zwei Jahren beziffert. 400 Millionen Euro zusätzlich wurden vom Bildungsministerium bereits für 2023 zugesagt, der Rest muss gespart werden beziehungsweise von den Unis aus den Rücklagen finanziert werden.

"Damoklesschwert" über Verhandlungen

"Wenn bei den Energiekosten und Mieten an die Bundesimmobiliengesellschaft nicht gespart werden kann, so bleibt zu erwarten, dass die Gehaltsverhandlungen unter dem Damoklesschwert dieser Budgetknappheit geführt werden", kritisieren die Demo-Organisatoren. Sie fürchten, dass "dem Universitätspersonal eine inflationsdeckende Erhöhung verwehrt bleibt".

Dabei sei für "einen Großteil des wissenschaftlichen Personals" der Verbleib beim Dienstgeber Universität ohnehin nicht gesichert. Sie fallen unter die Kettenvertragsregel des Universitätsgesetzes von 2002 (UG02). Mit der Reform des Gesetzes im Herbst 2021 ist auch der neu formulierte §109 zur Dauer von Arbeitsverträgen in Kraft getreten. Er begrenzt die maximale Befristungsdauer wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einer Universität nach ihrem Doktoratsstudium auf acht Jahre nach maximal zweimaliger Verlängerung. Doch anstatt dann eine Fixanstellung zu erhalten, ist es danach für viele Forschende an der Uni vorbei, lautet die Kritik der Demo-Organisatorinnen und Protestierenden. Das könne dann das Ende der wissenschaftlichen Karriere bedeuten.

"Der personale Mittelbau an den Universitäten wurde seit 2002 systematisch ausgedünnt und besteht heute großteils aus einem 'Unterbau' aus prekär beschäftigten Forschenden und Lehrenden", wird in dem Demoaufruf kritisiert. Die Protestierenden fordern neben einem die Teuerung abdeckenden KV-Abschluss "sofort mehr unbefristete Stellen an den Universitäten" sowie die Abschaffung der Kettenvertragsregel.

Unzufriedene Wissenschaft

Die Unzufriedenheit in der Wissenschaft zeigt sich auch in einer im November veröffentlichten Studie der Wiener Arbeiterkammer. Demnach zeige sich in den Jahren 2010 bis 2021 "ein deutlicher Einbruch" von einem Drittel in der generellen Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz an Universitäten. Vor allem zwei Punkte würden die Wissenschafterinnen unzufrieden machen: die Beschäftigungsdauer und die Karrieremöglichkeiten.

Die Studie zeigt, dass Forschende mit befristeter Beschäftigungsdauer zu einem höheren Anteil angeben, unzufrieden zu sein (38 Prozent), als jene mit unbefristeten Verträgen (13 Prozent). Der Anteil an befristet Beschäftigten ist an öffentlichen Universitäten mit 63 Prozent mehr als doppelt so hoch wie an pädagogischen Hochschulen (24 Prozent) oder Privatuniversitäten (30 Prozent). Besonders stark ausgeprägt sind Befristungen im Nachwuchs. Da liegt der Anteil an Befristungen bei 70 Prozent.

Unterstützung durch Professorinnen

Und auch diejenigen, die bereits eine Anstellung an der Uni haben, zeigen sich solidarisch. "Kettenvertragsregelungen verhindern wissenschaftliche Exzellenz in Forschung und Lehre", heißt es in einem offenen Brief von Professorinnen und Professoren zur Kettenvertragsregelung an das Rektorat der Uni Wien. Und weiter: "Wir Professorinnen und Professoren der Universität Wien unterstützen die aktuellen Bestrebungen nach einer Veränderung der Kettenvertragsregelungen an Universitäten." (Oona Kroisleitner, 6.12.2022)