Mitte Dezember wird Peter Weinzierl noch einmal von einem Londoner Gericht angehört, dann wird über seine Auslieferung in erster Instanz entschieden.

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Mitte Dezember gibt es noch einmal eine gerichtliche Anhörung – und dann, in den Monaten darauf, wird es für Ex-Meinl-Bank-Chef Peter Weinzierl ernst. Da wird das Gericht in London entscheiden, ob Großbritannien den heute 57-Jährigen an die USA ausliefert. Die haben rund um die Bestechungscausa Odebrecht eine Art Anklage gegen Weinzierl und einen zweiten Ex-Manager der Meinl Bank, die 2021 als Anglo American Bank nach Lizenzentzug in Konkurs gegangen ist, eingebracht. Sie ermitteln auch gegen den früheren indirekten Eigentümer Julius Meinl V.

Sie werfen Weinzierl und Co quasi vor, mit dem brasilianischen Baukonzern Odebrecht gemeinsame Sache gemacht zu haben, über die Meinl Bank Antigua, die der Meinl Bank AG einst gehört hatte. So sollen sie geholfen haben, Bestechungsgelder in der Höhe von rund 170 Millionen Dollar von New Yorker auf Konten von Offshore-Briefkastenfirmen zu transferieren. Von 2006 bis 2016 hätten dazu Scheintransaktionen mit Odebrecht-Firmen stattgefunden, die Bank habe damit auch mehrere Millionen Dollar an Gebühren kassiert. Die Ex-Banker bestreiten all das, es gilt die Unschuldsvermutung.

Nach London gelockt?

Weinzierl war im Mai 2021 auf Basis eines US-Haftbefehls verhaftet worden, als er am Steuer eines Privatfliegers auf dem Londoner Privatflughafen Biggin Hill landete. Er sagt dazu, er sei von einem Geheimdienstagenten in die Falle gelockt worden, der habe ihm vorgespiegelt, er wolle ihn für einen Business-Lunch in der britischen Hauptstadt treffen. Inzwischen ist Weinzierl wieder auf freiem Fuß, allerdings unter schweren Auflagen.

Das Thema Geheimdienstagent kam auch bei den beiden jüngsten Anhörungsterminen Mitte November wieder aufs Tapet. Da sagte ein Ex-Meinl-Banker laut Nachrichtenagentur Bloomberg aus, der US-Agent habe Weinzierl zwingen wollen, Informationen über Personen vor allem aus Russland und der Ukraine preiszugeben. Und der Ex-Banker erklärte als Zeuge, dieser angebliche Agent habe erklärt, für Nachrichtendienste der USA zu arbeiten. Letztlich habe er Weinzierl nach London gelockt, bestätigte der einstige Mitarbeiter der Meinl Bank.

Die Vertreterin der US-Behörden hielt sich vor Gericht bedeckt, ob der Mann nun ein US-Agent ist oder nicht: Dazu sagte sie gar nichts. Sie erklärte allerdings sinngemäß, die US-Behörden hätten bestätigt, dass das Ansuchen auf vorläufige Festnahme Weinzierls auf rechtlich validen Grundlagen basiere.

Ein großer Geldwäschefall?

Am zweiten Tag der Anhörung wurde bis 17 Uhr verhandelt, unter anderem ging es um wichtige rechtliche Fragen wie jene, ob die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit gemäß angloamerikanischem Strafrecht gegeben sind und ein US-Konnex vorliegt. Die Vertreterin der englischen Strafverfolgungsbehörde Crown Prosecution Service (CPS) vertrat laut Informationen des STANDARD die Ansicht, dass man die Weinzierl vorgeworfenen Taten als einen einzigen Geldwäsche-Fall zwischen 2006 und 2016 sehen könne. Das sehen Weinzierls Anwälte als rechtlich nicht haltbar.

Und, so die Vertreterin der Strafverfolgungsbehörde, die konkrete Angelegenheit solle in einer Verhandlung in den USA erörtert werden. Das wollen Weinzierls Anwälte natürlich nicht, sie argumentierten, das britische Gericht habe gar nicht genug detaillierte Informationen vom CPS bekommen, um eine Entscheidung zu treffen.

Für Weinzierl geht es um sehr, sehr viel: Im Fall einer Auslieferung und Verurteilung drohen ihm in den USA bis zu 70 Jahre Haft.

Thema US-Gefängnis

Würde er ausgeliefert, würde er in einer Haftanstalt in Newark landen, in der Essex County Correctional Facility. Die war auch in der jüngsten Anhörung Thema: Eine Gutachterin schilderte die Zustände in der Haftanstalt – und die sollen schlecht sein. Das erschloss sich aus den Schilderungen der Zeugin, die von allen Seiten befragt wurde.

Weiter geht die Anhörung im Londoner Westminster Magistrates' Court Mitte Dezember, danach ist das Gericht am Zug. Weder der Wiener Anwalt Weinzierls noch jener von Julius Meinl V. waren für den STANDARD erreichbar.

Gegen sie und zwei weitere Ex-Manager der früheren Privatbank wird in der Causa Odebrecht auch in Österreich ermittelt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wartet immer noch auf die Beantwortung von Rechtshilfeersuchen an Antigua, Barbuda und an die USA. Die Sache wird also noch länger dauern. (Renate Graber, 6.12.2022)