Damit auf dem ÖBB-Netz Züge fahren, braucht die ÖBB-Infrastruktur pro Jahr 1,42 Milliarden Euro an Zuschuss für Erhaltung und Betrieb des Netzes. Tendenz steigend.

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Wien – Klotzen statt kleckern, lautet die Devise im Verkehrskapitel des Bundeshaushalts. Allein für den Bahnausbau durch die ÖBB-Infrastruktur mit seinen Kernstücken Semmering-, Koralm- und Brennerbasistunnel hat der Nationalrat auf Vorschlag der Regierung für die nächsten Jahrzehnte Vorbelastungen im Volumen von bis zu 56,7 Milliarden Euro beschlossen.

Schlagend werden diese monetären Verpflichtungen nicht sofort, sondern verteilt über 30 bis 50 Jahre. Aktuell belaufen sich die Tilgungsfristen bis 2077 – im Schuldendienst wird in Generationen gedacht. Der Bund zahlt die für die Bedienung der Anleihen durch die ÖBB notwendigen Annuitätenzuschüsse. Dies übrigens meist mit Verspätung, wie der Rechnungshof kritisch anmerkte.

Auch der Budgetdienst des Nationalrats weist in seiner Analyse zum "Vorbelastungsgesetz zum ÖBB-Rahmenplan 2023–2028" darauf hin, dass der Bund die Zuschüsse im laufenden Budgetvollzug 2022 auf Basis der Zuschussverträge zum Rahmenplan 2018–2023 leistet. In dem Zahlenwerk den Überblick zu bewahren ist deshalb schwierig, zumal die Zuschüsse bisweilen höher sind als der tatsächliche Bedarf und sich so "Abrechnungsreste" bildeten, die sich 2021 auf 1,1 Milliarden Euro beliefen. Das sind Forderungen des Bundes an die ÖBB.

Wiewohl die Daten im Budgetvollzug mit jenen der Voranschläge nicht immer korrelieren: Immerhin eine Annäherung an die komplexe Finanzierungsstruktur des öffentlichen Verkehrs und den jährlichen Aufwand der öffentlichen Hand erlaubt das Zahlenwerk. Der Bund wird heuer voraussichtlich 2,591 Milliarden Euro an Zuschüssen für die ÖBB-Infrastruktur lockermachen. Darin enthalten sind 1,42 Milliarden Euro für Betrieb und Instandhaltung (809 plus 615 Millionen Euro gemäß §42 (1) und (2) Bundesbahngesetz), also die notwendigen Mittel, die das System Schiene am Laufen halten, sowie Erneuerungsinvestitionen.

Auf Pump

Weitere 1,167 Milliarden Euro sind Zuschüsse für den Bahnbau auf Pump. Diese Annuitätenzuschüsse bestimmen sich aus der Summe der seit 2007 getätigten Investitionen. Jedes Jahr kommt obendrauf die anteilige Zahlung für laufende Investitionen, weshalb die Zuschüsse pro Jahr im Schnitt um 7,3 Prozent steigen und 2028 rund 1,8 Milliarden Euro ausmachen werden.

In Summe werden sich die ÖBB-Zuschüsse im Jahr 2028 bereits auf 3,44 Milliarden Euro belaufen, erst danach werde der Anstieg gebremst, rechnet der Budgetdienst vor. Diese Aussichten sind relativ. Denn das Verkehrsministerium arbeitet bereits am ÖBB-Zielnetz 2040+, und man darf davon ausgehen, dass es an neuen Milliardenprojekten nicht mangeln wird. Nach oben offen ist investitionsbedingt die Skala der Finanzverbindlichkeiten der ÖBB-Infrastruktur, sie steigen bis 2028 von 29,7 auf 39 Milliarden Euro.

Stückwerk Öffi-Verkehr

Damit pro Tag tausende Nah-, Regional- und Fernzüge für Fahrgäste auf Schiene sind, braucht es freilich mehr als den Bahnbau. Eine Gesamtübersicht der Ausgaben für den Öffi-Verkehr liefert der Bundesvoranschlag nicht. Die Subventionen für Schüler- und Lehrlingsfreifahrten beispielsweise sind nicht im Verkehrskapitel aufgeschlüsselt. Sie steigen heuer von 488 auf 533 Millionen Euro und sind nächstes Jahr mit 553 Millionen Euro veranschlagt. Sie fließen vom Familienlastenausgleichsfonds an die Bundesländer beziehungsweise deren Verkehrsverbünde und landen letztlich zu einem großen Teil beim ÖBB-Personenverkehr, bei dem Bahn und Bus im Wege der Verkehrsdiensteverträge (VDV) bestellt werden.

Für diese VDV mit ÖBB-Personenverkehr und Privatbahnen hat Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) heuer 1,02 Milliarden Euro budgetiert, nächstes Jahr 1,033 Milliarden. Dass diese Erhöhung um 1,3 Prozent reicht, darf bezweifelt werden. Denn Inflation und Personalkostensteigerungen werden mit Sicherheit mehr als 13 Milliarden Euro ausmachen, hinzu kommen deutlich höhere Kosten für Traktionsenergie und Diesel, die abzugelten sind.

Blackbox Klimaticket

Nicht zu vergessen: das Klimaticket. Das Klimaticket Österreich (KTÖ) schlägt mit 309 Millionen Euro zu Buche, das sind um 17 Millionen mehr, als 2022 im Bundesvoranschlag geplant war. Hinzu kommen die regionalen Klimatickets der Bundesländer, die der Bund mit 197 Millionen Euro stützt, ein Plus von 15 Millionen Euro gegenüber Voranschlag 2022. Hier wird es kompliziert, denn Ticketerlöse sind gegenzurechnen. Das wären heuer 133 und nächstes Jahr 139 Millionen Euro.

Mit dem laufenden Budgetvollzug korrespondieren diese Zahlen allerdings nur bedingt Veranschlagt waren im Budget 2022 unter dem Titel Klimaticket 474,9 Millionen Euro, im kommenden Jahr sind 505,9 Millionen Euro vorgesehen. Bis Oktober 2022 wurden vom Bund 190 Millionen Euro ausbezahlt, im Gesamtjahr rechnet man laut parlamentarischer Anfragebeantwortung an die Neos mit Kosten von 213 Millionen Euro.

Mit oder ohne Regionaltickets?

Für die Differenz gibt es zwei Möglichkeiten der Erklärung: Entweder die Kosten für die regionalen Klimatickets sind im Voranschlag inkludiert, aber nicht extra ausgewiesen – oder die budgetierten 500 Millionen Euro sind völlig überzogen. Die Experten von Neos-Lab halten diese Praxis für eine Zumutung. Denn die Regierung lasse sich öffentlich für große Budgets mit Schwerpunktsetzung Klima feiern, in der Praxis käme aber weit weniger in die Umsetzung, kritisiert Günther Oswald von Neos Lab.

Thermische Sanierung

Ähnlich sei es bei Umweltförderungen. Für thermische Sanierung etwa wurden gemäß Budgetvollzug des Finanzministeriums heuer bis Oktober 175 Millionen Euro abgerufen. Für das Gesamtjahr ist allerdings die oben genannte halbe Milliarde Euro budgetiert. Der vielerorts beklagte Fachkräftemangel in Kombination mit Lieferproblemen scheine dazu zu führen, dass Fördermittel nicht ansatzweise ausgeschöpft werde, kritisiert der Experte von Neos Lab.

Kaum aufschlussreicher ist der alternative Erklärungsversuch, wonach nicht verwendetes Steuergeld in Rücklagen gebunkert wird. Tatsächlich stiegen die Rücklagen im Klima-, Umwelt- und Energiebudget (UG43) von 662 Millionen Euro im Jahr 2019 auf 1,004 Milliarden Ende September 2022. Das sei intransparent und die (erhoffte) Wirkung der Maßnahmen bleibe auch aus, bemängelt Oswald.

Im Ministerium erklärt man die Differenz zwischen Vollzug und Budget so: Im Prinzip sei beides richtig, denn die Abrechnung von Verkehrsdiensteverträgen oder Förderungen erfolge oft im Nachhinein, bis dahin gehe das Geld zweckgebunden in die Rücklage.

Güterverkehrsförderung

Zurück zu den Staatsausgaben des Bundes für Verkehr. Sie sind mit dem Klimaticket noch nicht vollständig. Denn es kommen noch Schienengüterverkehrsförderungen hinzu, etwa für Einzelwagenverkehr oder Gefahrenguttransporte, die heuer von 140 auf 162 Millionen Euro erhöht wurden und 2023 auf 173 Millionen steigen werden. Das kommt nicht allein, aber überwiegend der ÖBB-Güterbahn Rail Cargo Austria zugute, die den Großteil dieser Verkehre abwickelt.

Energiekosten

Weitere 50 Millionen Euro sind im kommenden Jahr für Stadt- und Regionalbahnen reserviert – um 40 Millionen mehr als heuer. Nicht zu vergessen der Energiekostenausgleich Schienenverkehr, der mit 100 Millionen Euro zu Buche schlägt, um die Eisenbahnverkehrsunternehmen bei den massiv gestiegenen Kosten für Bahnstrom zu entlasten. (Luise Ungerboeck, 6.12.2022)