Nur langsam werden Asylwerber aus den Zelten in Spielfeld (Bild) in die Bundeseinrichtungen überstellt.

Foto: Kranzlbinder

Seit einem Monat sind immer wieder hunderte Menschen in einer sogenannten Wartezone im steirischen Spielfeld gestrandet. Über 200 Asylsuchende waren es mit Stand Montag. Sie leben bei winterlichen Temperaturen in zwei Großraumzelten, die mit einer Gebläseheizung mehr schlecht als recht beheizt werden können – "weil diese Zelte nicht dicht sind", berichtet die Juristin und Gründerin der 2015 entstandenen Hilfsinitiative Border Crossing Spielfeld, Petra Leschanz, dem STANDARD.

Engagierte Polizei überfordert

Es gebe vor Ort keine Dolmetscher. Die teils sehr jungen, bemühten, aber ihrer Meinung nach "ziemlich alleingelassenen" Polizistinnen und Polizisten würden das Gebläse jetzt immer stärker aufdrehen, "sodass es jetzt in den Zelten schon nach Diesel riecht". Als Leschanz vor genau einem Monat mit anderen Helferinnen und Helfern, die Essen kochen und verteilen sowie gespendete Kleidung austeilen, in die sogenannte Wartezone an der slowenischen Grenze kam, hungerten die Menschen dort. 500 waren es damals.

"Sie haben gehungert, sind weinend zu Häusern betteln gegangen. Wasser, vier Scheiben Toast mit Belag morgens und abends und ein Kebab zu Mittag: Das war alles, was die Behörden austeilten", sagt Leschanz. Wenn man wisse, dass Leute vor der eigenen Haustür hungern, "kann man nicht anders als helfen", sagt sie. Ein Netzwerk von rund 50 Menschen aus der Gegend hilft mittlerweile täglich.

Drexler: Verantwortung beim Ministerium

Die Caritas sei erst zweimal hier gewesen – einmal direkt nachdem Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) am 17. November vor Ort waren. Seitdem sei wieder die Zivilgesellschaft für die tägliche Versorgung zuständig gewesen. Drexler verweist auf Anfrage des STANDARD am Montag auf die Verantwortung des Innenministeriums.

Neben Border Crossing Spielfeld helfen das Pavelhaus und der Migrant:innenbeirat der Stadt Graz. Dessen Vorsitzende, die Musikerin Irina Karamarković, schlug in der Grazer Kulturszene Alarm. So kam es am Samstag in Spielfeld zu einer Kundgebung. Auch Max Zirngast, Gemeinderat der KPÖ, die Geld für den Kauf von Schuhen spendete, war vor Ort. Die muslimischen Communitys Graz und Gleisdorf brachten Kleidung.

"Diese Aufmerksamkeit tut den Menschen hier sehr gut", sagt Leschanz. Und sie zeigte auch Wirkung: Am Montag wurde erstmals auch im Zelt warm gekocht. Ein Bus brachte 28 Personen in feste Quartiere, einige von ihnen waren zuvor 17 Tage in den Zelten. Viele von ihnen hätten schwere Verletzungen durch Bisse von Polizeihunden aus Bulgarien.

Stau bei Bundesquartieren

Eigentlich wären diese Wartezonen, von denen es derzeit vier in Österreich gibt, nur zur Überbrückung gedacht. Weil die Bundesländer aber seit Monaten keine Asylwerber aufnehmen – Stichwort Quote –, staut es sich in den Bundesquartieren. Diese wären der nächste Stopp für die Menschen in den Wartezonen. "Sobald ein Bett bei uns frei ist, holen wir die Leute zu uns", sagt Thomas Fussenegger, Sprecher der Bundesbetreuungsagentur (BBU), dem STANDARD. Aber auch hier gibt es das bekannte Problem: Immer noch gebe es in Österreich 5.000 Menschen, die in der Landesbetreuung sein müssten. "Wenn die Bundesländer ausreichend Platz schaffen würden, dann wäre Traiskirchen die Wartezone."

Weder das Land noch der Bund scheinen hier also die Verantwortung bei sich zu sehen. Aus dem Büro von Landesrätin Kampus heißt es jedenfalls, dass seit 1. Oktober 46 Quartiere mit 368 Plätzen geschaffen wurden – über 180 neue werde derzeit verhandelt.

Tirol wendet sich an Kirche

Das Land Tirol hat sich unterdessen auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für geflüchtete Menschen an die Kirche gewandt. Am Montag habe man Möglichkeiten besprochen, ließen Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) und sein Stellvertreter Georg Dornauer (SPÖ) am Abend in einer Aussendung wissen. Laut Diözese seien aber zwei Drittel der Pfarrhäuser ausgelastet, ein Drittel steht leer und sei aufgrund des "Bestands oder der Örtlichkeit nicht nutzbar", hieß es.

Einige Unterkünfte wurden aber nach einem Aufruf von Bischof Hermann Glettler an das Land gemeldet, nun soll deren Nutzung erneut geprüft werden. Dazu zählen auch das Franziskanerkloster in Reutte sowie das Kloster Thurnfeld in Hall. "Wir werden das mit Nachdruck verfolgen und etwaige bürokratische Hürden prüfen", sagte Dornauer. "Als Diözese ist es uns wichtig, auch weiterhin bei der Beschaffung von Quartieren mitzuhelfen und die solidarischen Netzwerke vor Ort zu stärken", sagte Glettler. Er unterstütze kleinere Strukturen, da hier "mehr menschliche Nähe und eine unmittelbare Integration möglich" sei. (Colette M. Schmidt, Elisa Tomaselli, APA, 5.12.2022)