Die Gasspeicher in Österreich sind voll, aber der nächste Winter kommt bestimmt. In den nächsten Wochen sollen die Weichen für eine sichere Gasversorgung neu gestellt werden.

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Die teilstaatliche OMV macht Riesengewinne bei der Produktion von Öl und Gas sowie in der Petrochemie, aber hohe Verluste im Handel mit Gas. Allein von Jänner bis September hat der unter dem Namen Gas Marketing Westeuropa geführte Bereich einen operativen Verlust vor Sondereffekten von 223 Millionen Euro verursacht. Gas musste zu hohen Preisen zugekauft werden, um die Speicher zu füllen.

Inzwischen ist der Gaspreis gesunken, was zusätzliche Verluste – vorerst auf dem Papier – für die OMV bedeutet. In diesem Licht ist der am Montag erfolgte Vorstoß von OMV-Chef Alfred Stern zu sehen, die Verstaatlichung der Gashandelstochter OMV Gas Marketing & Trading (OGMT) vorzuschlagen.

"Die OMV kann nicht ganz Österreich abdecken und hat keinen Versorgungsauftrag", sagte Stern dem "Kurier". Dafür brauche es eine nationale Gashandelsfirma, die alle Marktaktivitäten bündelt. Die OMV-Gashandelstochter mit rund 200 Beschäftigten sei eine gute Basis dafür. Über die OGMT laufen auch die Langfristverträge für den Gasbezug aus Russland, die mit Gazprom Export erst vor wenigen Jahren bis 2040 verlängert worden sind.

Verpflichtung aller Versorger

Sterns Vorstoß, der Beobachtern zufolge nicht zufällig vor Veröffentlichung einer Studie über die Umstrukturierung der Energieversorgung durch die staatliche Beteiligungsholding Öbag und die Unternehmensberatung McKinsey erfolgt, stößt allenthalben auf Skepsis. "Aus Wettbewerbsgründen wäre eine Verstaatlichung schlecht," sagt beispielsweise die Leiterin der Abteilung Gas in der Regulierungsbehörde E-Control, Carola Millgramm. Man könne auch auf anderem Weg die Versorgungssicherheit in Österreich garantieren, ohne Verstaatlichung. Wie? "Indem man auch anderen Gasversorgern rechtliche Pflichten auferlegt, wie wir das etwa im Zusammenhang mit den Versorgungsstandards gemacht haben," sagt Millgramm im STANDARD-Gespräch. Mit einer Verstaatlichung gehe man "in die Zeit vor der Liberalisierung zurück".

Kosten ersetzen

Als "absoluten Unfug" bezeichnet ein Insider, der namentlich nicht genannt werden will, eine Verstaatlichung der OMV-Gashandelstochter. Dass die OMV für die Versorgungssicherheit in ganz Österreich sorgt und Gas auch für Nicht-OMV-Kunden liefert, ließe sich einfacher und günstiger lösen: indem der Staat der OMV einen Versorgungsauftrag gibt und ihr daraus entstehende Mehrkosten ersetzt. Wenn der OMV dann auch noch eine Marge eingeräumt werde, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der OMV-Aufsichtsrat nichts dagegen haben, meint der Insider. Österreich habe schließlich schmerzhafte Erfahrungen mit seiner verstaatlichten Industrie gemacht. Das sollte man nicht wiederholen.

Öbag-Studie in wenigen Wochen

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte am Dienstag, dass er sich in operative Angelegenheiten nicht einmische, das sei Aufgabe der Öbag. Die Beteiligungsholding ist mit 31,5 Prozent an der OMV beteiligt, ihre Anteile sind mit den 24,9 Prozent des zweitgrößten OMV-Aktionärs Mubadala syndiziert. Auf Brunners Anregung hin arbeitet die Öbag gemeinsam mit McKinsey an einem Papier, wie die Energieversorgung in den nächsten Jahren bestmöglich gewährleistet werden kann. Die Ergebnisse sollen in einigen Wochen vorliegen. "Eine Übernahme der Verantwortung durch die Republik ist dabei auch eine der theoretischen Möglichkeiten, die analysiert wird", heißt es bei der Öbag. (Günther Strobl, 6.12.2022)