Bundesquartiere wie das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen sind völlig überfüllt – die Überstellung in Länderquartiere läuft nur schleppend.

Regine Hendrich

Egal ob in Traiskirchen oder in den "Wartezonen" wie etwa in Spielfeld: Die Situation von Menschen, die um Asyl ansuchen, ist seit Wochen prekär – und das trotz eines winterbedingt mittlerweile starken Rückgangs an Asylanträgen. Darauf haben am Dienstag mehrere im Bereich aktive Hilfsorganisationen, die sich zur Bundesarbeitsgemeinsachaft Freie Wohlfahrt zusammengeschlossen haben, bei einer Pressekonferenz aufmerksam gemacht.

Die dringlichste Forderung von Caritas, Rotem Kreuz, Diakonie und Volkshilfe: einen Teuerungsausgleich für Flüchtlingsquartiere, die von den NGOs im Auftrag der Länder betrieben werden. Ohne zusätzliche Mittel stehe sogar die Schließung von Quartieren im Raum, sagte Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger.

Caritas: Obdachlosigkeit "traurige Realität"

Ausgangspunkt ist der Hickhack zwischen Bund und Ländern. Seit Monaten nehmen die Länder nicht ausreichend Asylwerber in die Länderquartiere auf. Viele sitzen daher viel zu lang in den Bundesquartieren fest, wo es an Platz mangelt. Sogar zu Obdachlosigkeit würde das mittlerweile führen, "das ist die traurige Realität", sagte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr. Etwa hundert Menschen kämen pro Tag in die Einrichtungen der Caritas.

Mit einer Flüchtlingskrise habe all das aber nichts zu tun, betonte die Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt einmal mehr. Es handle sich um eine Unterbringungskrise. Was darauf hindeute? In der Grundversorgung befinde sich nur ein Viertel an Asylwerbern im Vergleich zum Jahr 2015, sagte Diakonie-Direktorin Katharina Maria Moser. Dass die Quartiere voll seien, hänge vielmehr damit zusammen, dass die vertriebenen Ukrainerinnen in der Grundversorgung statt in der Sozialhilfe landeten. Dort gehörten sie aber eigentlich gar nicht hin, sagten alle unisono.

Bestehende Quartiere in (Geld-)Not

Die Verantwortung für die Misere sehen die Organisationen bei Bund und Ländern. In der Debatte forderte Peter Kaiser, stellvertretender Generalsekretär des Roten Kreuzes, von beiden "mehr Pragmatismus und weniger Provinz-Chauvinismus" ein. Für die organisierten Quartiere brauche es jedenfalls dringend Sofortmaßnahmen – da auch hier die Teuerung um sich greift.

Leistbar sei der Quartiersbetrieb nämlich nicht mehr: In den meisten Bundesländern liegt der Tagsatz immer noch bei 21 Euro – nur in Wien und in Tirol derzeit bei 25. "Dieser müsste dringend auf 35 Euro angehoben werden", sagte dazu Fenninger von der Diakonie. Ohne zusätzliche Mittel sei es nicht möglich, Quartiere aufrechtzuerhalten, geschweige denn neue Quartiersplätze zu schaffen.

Letztlich gehe es um "heiße 4.000 bis 5.000 Plätze", betonte Moser. Bewältigbar wäre die Aufgabe bei gutem Willen also jedenfalls, meinen die NGOs.

Arbeitsmarktzugang und schnellere Asylverfahren

Dass eine menschenwürdige Unterbringung einen "Pull-Faktor" für Menschen darstellen könnte, stellte die Diakonie-Direktorin in Abrede. Es gebe keine Studien, die einen solchen nachweisen. Generell sprechen sich die Beteiligten für einen schnelleren Arbeitsmarktzugang, wie zuletzt vom Wiener Bürgermeister Michael Ludwig gefordert, für Asylwerber aus.

Und auch bei den Asylverfahren generell gehöre nachgebessert: Parr von der Caritas fordert schnellere Verfahren von Asylwerbern mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit. Immerhin würden die Verfahren bei Personen mit wenig Aussichten auch schneller durchgeführt. (Elisa Tomaselli, 6.12.2022)