Thomas Schmid will Kronzeuge werden und habe laut Antrag dafür "seiner Selbstvernichtung" zugestimmt.

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Er habe "sehenden Auges seiner beruflichen und wirtschaftlichen Selbstvernichtung zugestimmt", als er gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) umfassend die Wahrheit aufgedeckt habe: Das schreibt Thomas Schmid, einst Generalsekretär im Finanzministerium und Chef der Staatsholding Öbag, in seinem Antrag auf Kronzeugenstatus. Sein Verteidiger Roland Kier hat den Antrag am 28. November offiziell eingebracht; zuvor war Schmid über den Sommer hinweg viele Tage lang von der WKStA einvernommen worden.

Damals habe er den Ermittlern Tatsachen offenbart, die denen bislang nicht bekannt waren, heißt es in dem Antrag: etwa Bestechungsvorwürfe gegen Unternehmer René Benko rund um Einflussnahme auf dessen Steuerverfahren; die widerrechtliche Verwendung von Geldern des Finanzministeriums für ÖVP-Workshops, mehrere Fälle von Geheimnisverrat sowie "weitere bislang noch von der Akteneinsicht ausgenommene Straftaten". Vor allem Letzteres dürfte nun wieder für blühende Spekulationen sorgen. Schon bislang war klar, dass die WKStA zumindest einen von Schmid offenbarten Sachverhalt nur verdeckt ermittelt, waren ja sieben Seiten in dessen Sachverhaltsdarstellungen nur geschwärzt in den Akt gelangt. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Schmid, die "Flagge"

Außerdem wird in dem Schriftsatz angedeutet, dass es noch weitere potenzielle Kronzeugen gebe. So hätten Schmids Verteidiger Kier mehrere andere Anwälte im persönlichen Gespräch mitgeteilt, "dass sich bei ihnen aufgrund der momentanen Berichterstattung mehrere potenzielle Kronzeugen gemeldet hätten, die ihr eigenes weiteres Vorgehen von der Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden in der Causa Schmid abhängig machen". Für Kier wäre Schmid die "Flagge" des Instruments Kronzeugenregelung, "die aber nur dann wehen kann, wenn er als einziger bisheriger Kronzeuge im Bereich der Spitzenpolitik" diesen Status auch anerkannt bekäme.

"Der Rechtsstaat kann aber in derart hochbrisanten Angelegenheiten nicht am Kronzeugen vorbei, will er das Funktionieren des demokratischen Rechtsstaats in Fällen politischer Korruption auch faktisch gewährleisten", schreibt Kier weiter. Juristisch argumentiert er, dass Schmid "freiwillig" an die Strafbehörden herangetreten sei; neue Tatsachen offenbart habe, die bereits zu Ermittlungsschritten wie Hausdurchsuchungen geführt haben, sowie umfassend auf Fragen der Staatsanwälte geantwortet habe.

Der Ball liegt nun zuerst bei der WKStA, ihre Entscheidung muss dann in weiterer Folge von Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) abgesegnet werden. Dass Schmid im U-Ausschuss geschwiegen hat, dürfe da keine Rolle spielen, schreibt Kier: Der sei für das Strafverfahren nicht relevant. (Renate Graber, Fabian Schmid, 6.12.2022)