Wer Impfungen skeptisch sieht, ist häufiger von Nebenwirkungen betroffen.

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Ob es Übelkeitsattacken sind, Bauchschmerzen oder Herzklopfen: Nebenwirkungen des Covid-Boosterstichs sind zum Teil psychosomatisch. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie aus Israel. Demnach sind jene Menschen, die einer Impfung gegenüber skeptisch oder ängstlich eingestellt sind, häufiger von Nebenwirkungen betroffen als Personen, die der Impfung unbefangen gegenüberstehen. Man spricht in solchen Fällen von einem Nocebo-Effekt – also einem umgedrehten Placebo-Effekt.

Die Studienautoren betonen, dass sich ihre Forschung nicht mit eingefleischten Impfgegnern beschäftigt, sondern mit Personen, die sich zwar impfen lassen, dies aber mit einer gewissen Skepsis tun. Im Studiensetting wurde einer Hälfte der rund 700 Teilnehmenden ein Placebo verabreicht, die andere Hälfte wurden mit dem Booster geimpft. Es zeigte sich, dass auch die ungeimpften Teilnehmenden häufiger Nebenwirkungen spürten, wenn sie von vornherein eine skeptische Haltung zur Impfung hatten.

Pessimisten häufiger betroffen

Der Nocebo-Effekt tritt bei allgemein pessimistischen Menschen häufiger auf. Den größten Einfluss haben laut der Studie aber ganz spezifische, auf die Impfung bezogene Ängste. Wer beispielsweise viel mit Medienberichten, Erzählungen oder Postings zu negativen Impfwirkungen konfrontiert war, zeigte häufiger einen Nocebo-Effekt als andere.

Für Betroffene, die unter Impfängsten leiden, könnte die Studie beruhigend wirken, sagen die Studienautoren. Zu wissen, dass Nebenwirkungen nicht nur eine Folge der Spritze selbst, sondern auch Resultat von Ängsten sein können, mag manchen ein Gefühl der Sicherheit geben – und letztlich den Nocebo-Effekt und die daraus entstehenden Nebenwirkungen verringern. Aufklärungskampagnen sollten sich laut den Studienautoren daher nicht nur an Ungeimpfte wenden, sondern auch an Geimpfte: Es könnte ihre Nebenwirkungen bei der nächsten Spritze lindern, wenn sie über das nötige Wissen verfügen.

Positive Botschaften

Die Studie könnte wichtige Inputs für die Gesundheitspolitik und für die medizinische Praxis bringen. Laut den Studienautoren, einem Verbund aus Sozialwissenschaftern und Medizinern, war in der Impfaufklärung oft die Rede davon, dass ernste Nebenwirkungen der Impfung sehr selten auftreten. Das sei faktisch zwar korrekt, für Personen mit Impfangst aber nicht gerade beruhigend. Besser wäre es, so die Studienautoren, die Fakten mit positiven Botschaften zu veranschaulichen. So sei es zum Beispiel erwiesen, dass die überwiegende Mehrheit der Geimpften nach der Spritze nicht einmal moderate Nebenwirkungen spürt.

Für Mediziner in der Praxis könnte es bedeuten, dass sie sensibler für Ängste werden, die sich nicht auf das Stechen selbst beziehen, sondern auf befürchtete Nebenwirkungen. Manchen Betroffenen könnte es beispielsweise helfen, wenn man darüber spricht, um wie viel besser sie nach der Impfung gegen einen ernsten Krankheitsverlauf geschützt seien.

Die Studie wurde von drei israelischen Universitäten und der Warwick University in Großbritannien unter Federführung der Universität Bar Ilan in Tel Aviv durchgeführt und diese Woche im Journal "Scientific Reports" publiziert. (Maria Sterkl aus Jerusalem, 6.12.2022)