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Der Sportlehrer soll über 15 Jahre hinweg zumindest 40 unmündige Buben auch unter Einsatz von K.-o.-Tropfen missbraucht und fotografiert beziehungsweise gefilmt haben.

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Im großen Missbrauchskomplex rund um einen Wiener Lehrer und Feriencamp-Betreuer ist bereits im Jahr 2013 eine erste Anzeige wegen eines sexuellen Übergriffs eingereicht worden. Diese Anzeige, die einen Vorfall im Rahmen eines Sommer-Feriencamps im Salzkammergut betrifft, dürfte aber "versandet" sein: Trotz einer Beschuldigteneinvernahme, die die Landespolizeidirektion Niederösterreich durchgeführt hatte, gab es 2013 kein Ermittlungsverfahren. Im elektronischen System scheint bis heute aus diesem Jahr kein entsprechender Eintrag auf. Konkret soll der Übergriff bereits im Jahr 2006 im Zuge einer Massage im Sommercamp passiert sein, der Betroffene war damals 13 Jahre alt.

Die Missbrauch-Causa wurde erst nach einer zweiten Anzeige 2019 aufgedeckt: Dem vorläufigen Endbericht einer Untersuchungskommission zufolge, der am Montag von Wiens Bildungsdirektor Heinrich Himmer präsentiert worden ist, gibt es mindestens 40 Opfer. Der Sportlehrer beging nach einer Hausdurchsuchung und kurz vor seiner geplanten Einvernahme im Mai 2019 Suizid.

Anwältin Herta Bauer, die unter anderem das Opfer des sexuellen Übergriffs mit der Anzeige aus 2013 vertritt, richtete Mitte November 2022 einen mehrseitigen Brief an Justizministerin Alma Zadić (Grüne). In diesem bezeichnete sie unter anderem die verschwundene Anzeige als "Justizskandal".

Das Justizministerium hat nun im Wege der Fachaufsicht einen Informationsbericht der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt angefordert. Hintergrund ist, dass dort seit kurzem im Zusammenhang mit der Missbrauchsanzeige aus dem Jahr 2013 ermittelt wird, die damals kein Verfahren auslöste. Ermittelt wird wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Erich Habitzl, dem STANDARD bestätigte. Eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung gegen unbekannte Täter hatte zuvor Opferanwältin Bauer eingebracht.

Derzeit keine weiteren Ermittlungen

Weitere Ermittlungen im Missbrauchskomplex um den Pädagogen gibt es derzeit nicht – weder bei der Staatsanwaltschaft in Wiener Neustadt noch bei jener in Wien. Am Montag gab die Bildungsdirektion bekannt, dass insgesamt sieben Anzeigen eingereicht wurden: Diese betrafen unter anderem den Verdacht auf mögliche Mittäter. Angezeigt wurden auch der ehemalige und aktuelle Direktor der Schule. Die Staatsanwaltschaft Wien sah in allen sieben Fällen keinen ausreichenden Anfangsverdacht für Ermittlungen. (David Krutzler, 6.12.2022)